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Kassandra – Die kommentierte Presseschau zur bAV:

KAR-Kassandra

Unregelmäßig freitags bringt PENSIONSINDUSTRIES eine kommentierte Presseschau zur bAV, so auch am heutigen Karfreitag. Themen heute: Das kommt ja wie gerufen Teil eins bis vier. Und: PENSIONSINDUSTRIES goes Faktencheck!

n-tv (21. März): „Schleswig-Holstein: Kritik an Koalition wegen Entnahme aus Pensionsfonds.“

Das kommt ja wie gerufen zum ersten: Erst Anfang März, in der Berichterstattung zu Lindners „Generationenkapital“, hatte PENSIONSINDUSTRIES im Fazit erneut die uralte Frage aufgeworfen, ob und inwiefern der Staat auf Dauer widerstehen könne, bei Bedarf in einen solchen Fonds zu greifen (Stichwort „Mops und Wurstvorrat“, Sie wissen schon).

Prompt kommt zwei Wochen später aus Schleswig-Holstein die Meldung, dass man beabsichtige, sich an dem gut 1 Mrd. Euro schweren Pensionsfonds für die Beamten zu bedienen. Dafür Respekt an die Landesregierung, auch für das Fingerspitzengefühl für das perfekte Timing.

BILD (20. März): „Brisantes Lindner-Papier – Deutschland droht riesiges Schulden-Drama!“

Das kommt ja wie gerufen zum zweiten: Bis 2070 könnte die deutsche Staatsverschuldung im günstigen Falle auf 140%, im ungünstigen auf 345% des BIP wachsen, zitiert die BILD aus einem BMF-Papier.

Dieses pessimistische Papier des Ministeriums sieht als Ursache der fiskalischen Misere manche der zentralen Defizite, die auch Kassandra in ihrer jüngsten Presseschau nicht ganz ohne klitzekleine Polemik an der Perlenschnur aufgezählt hatte.

Jedenfalls thematisiert das BMF vor allem, dass der demographische Zusammenbruch (auch wenn man sich etwas diplomatischer ausdrückt als Kassandra), gepaart mit ökonomischer Insuffizienz, zur völligen Überdehnung der Sozialsysteme führen wird.

Und dass der hier oft gesungene demographische Zusammenbruch keine Chimäre ist, zeigt sich auch im nächsten Kommentar, untermauert gleich durch mehrere Meldungen – die wie gerufen zum dritten kommen; und da die Demographie für unser Parkett eine zentrale Größe ist, gehen wir mal durch:

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (20. März): „Geburtenrate fällt auf den tiefsten Stand seit 2009.“

Seit Januar 2022 ist die ohnehin niedrige Geburtenrate in Deutschland regelrecht abgestürzt, von 1,57 Kindern pro Frau auf rund 1,36 im Herbst 2023 – ein Wert, niedrig wie seit über einem Jahrzehnt nicht. Das BIB nennt diesen Rückgang wegen seines Tempos „ungewöhnlich“.

Wie das Institut weiter vermeldet, blieb die Geburtenrate während der ersten Corona-Phase noch stabil, um dann ab 2022 abzuschmieren. Als Grund führt das BIB zunächst den Beginn der Covid-Impfkampagne neun Monate zuvor an – weil viele Frauen angesichts der damals für Schwangere nicht zugelassenen Impfstoffe mglw. den Kinderwunsch aufgeschoben hätten, um sich erst impfen zu lassen. Der verstärkte Geburtenrückgang ab Herbst 2022 gehe dann auf weitere andere Krisen zurück.

Das Thema ist nicht neu. Kassandra hatte es beunkt, als erste ähnliche Meldungen im Zuge der Corona-Krise aus Australien eintrafen. Dort war man früher dran, schon Ende 2021 fiel dort das Phänomen auf. Und schon im Sommer 2023 wurde das Thema mit Blick auf Deutschland auf dieser Plattform diskutiert. Seitdem hat sich die Lage offenbar weiter zugespitzt.

Übrigens steigt in Deutschland auch die Quote der Totgeburten weiter an, wenn auch in sichtlich geringerem Maße; Ende 2022 lag der Wert bei mittlerweile 4,4 nach 4,3 Promille Ende 2021, wie das Statistische Bundesamt Mitte 2023 vermeldet hat (für das vergangene Jahr liegen die Zahlen offenbar noch nicht vor).

Statistisches Bundesamt (25. Juli 23): „Lebenserwartung während der Pandemie um 0,6 Jahre gesunken.“

Statistisches Bundesamt (12. März): „Sterbefallzahlen im Februar 2024 über dem mittleren Wert der Vorjahre.“

Wenn mehr Nicht- bzw. Neugeborene sterben, warum dann nicht auch mehr schon Lebende? Jedenfalls scheinen sich der Rückgang der Lebenserwartung und die höhere Sterblichkeit nach dem Ende von Corona (bzw. eher: nach dem Ende von Corona als politisch begleitetem Ereignis. Denn Corona ist nach wie vor da, nur kümmert sich die Politik – glücklicherweise – nicht mehr darum), weiter zu verfestigen.

Die Welt (26. März): „Das ganze Ausmaß der dauerhaften Abwanderung aus Deutschland.“

Schließlich noch die Abwanderung: Allein seit 2016 sind über 500.000 Deutsche – bevorzugt junge und gut ausgebildete Menschen – mehr ins Ausland verzogen als wieder zurückkehrten. Ein stattlicher Brain Drain für ein Land, das ein attraktiver Standort des 21. Jahrhundert sein will.

Zwischenfazit: In ihrem Pessimismus beruft sich Kassandra gern auf das Zusammenwirken diverser prekärer Entwicklungen, die sich quasi im Gleichschritt verschlechtern und gegenseitig befeuern – das gilt für die Demographie in ihrer Wechselwirkung bspw. mit Sozialsystemen oder Fiskal- und v.a. Industriepolitik. Aber das gilt auch innerhalb der Demographie selbst, wie man deutlich sieht, wenn man die oben verlinkten Beiträge integriert betrachtet: Übersterblichkeit, Geburtenrückgang, Totgeburten, Auswanderung – sie gehen Hand in Hand voran! Muss das Sorgen machen? Nein, denn:

Tagesspiegel (22. März): „‘Deutschland stößt an seine Grenzen’: Zahl der Ukrainer in Deutschland steigt auf 1,65 Millionen.

Wer nach den vorherigen Meldungen Angst – mit Blick auf die Ambivalenz der Asset-Klasse Real Estate (und nur unter diesem Gesichtspunkt interessiert hier die Migration) – vor einer Entvölkerung dieses Landes hat, kann erneut getröstet werden: Keine Panik! Um 2012 hatte Deutschland noch 80,3 Mio. Einwohner, heute rund 85 Mio., und weiter gilt uneingeschränkt Kassandras Axiom, dass Deutschland vor Ende des Jahrzehnts 90 Millionen Einwohner haben wird.

Dass die Zahl der Ukrainer weiter steigt, ist wenig überraschend (sollte Russland beizeiten eine drückende militärische Übermacht gewinnen, vielleicht das Land gar überrennen, dürften noch mehrere Millionen dazu kommen). Allerdings geht die Migration auch ingesamt über alle Kanäle praktisch ungebremst weiter – und ist und bleibt dementsprechend (gegen die Hemmer Baukosten, Zins und erratische Klima-Regulierung) der letzte große Treiber der Asset-Klasse Real-Estate. Das gilt v.a. für Wohnen, könnte aber beizeiten auch die gebeutelten Gewerbe-Immobilien stützen.

Also: An sich stehen alle Zeichen auf Bevölkerungsrückgang – Übersterblichkeit, Geburtenrückgang, Totgeburten, Auswanderung. Doch im Gegensatz dazu wächst die Bevölkerung immer weiter, und das mit Rasanz. Ist aber die Demographie ambivalent, sind es die Real Estate-Märkte auch. Sehen Sie das positiv! Es gilt immer noch das eiserne Göring-Eckardt‘sche Gesetz von 2015:

Dieses Land wird sich drastisch ändern. Und ich sage euch, ich freue mich darauf!“

Um Missverständnisse zu vermeiden: An dem zweiteiligen Satz der Grünen-Politikerin, der meist im Spott zitiert wird, gibt es nicht das Geringste auszusetzen! Der erste Teil ist eine nackte, bis heute (und wie heute hier erneut dargelegt auch perspektivisch) unabweisbare Tatsache, und der zweite ist nur eine subjektive Bewertung. Und die kann man ganz nach eigenem Gusto politisch teilen oder auch nicht.

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

Technische Universität Wien (5. März): „Tag der Mathematik 2024.“

Nach so viel Ambivalenz zum Ende hin ein kleiner Faktencheck: Am 14. März war der sog. PI-Tag (der in Personalunion internationaler Tag der Mathematik ist). Gerüchte besagen, die Bezeichnung habe mit der Kreiszahl Pi 3,14 zu tun. Das ist natürlich blanker Unsinn und reine Fake News.

In Wirklichkeit hat sich die internationale mathematische Fachwelt Anfang des Jahres 2024 darauf geeinigt, dass mit dem PI-Tag am 14. März PENSIONSINDUSTRIES gefeiert wird.

Hurra.
Hurra.
Hurra.

Das folgende dagegen ist keine Fake News, sondern die nackte Wahrheit:

Tagesschau (28. März): „Saudi-Arabien übernimmt UN-Vorsitz zu Frauenförderung.“

Da bleibt nur: Frohe Ostern.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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