Jeden Freitag bringt Leiter-bAV.de eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Die Lufthansa macht bAV-Schlagzeilen, die Allianz fordert das Opting-out, und die FTT hängt in Brüssel.
Zunächst in eigener Sache: Die Sommerpause von Leiter-bAV.de – in der dieser nur fallweise erschien – nähert sich dem Ende. Ab der kommenden Woche wird Leiter-bAV.de – „If There Are News That's Fit To Print“ (frei nach NYT) – wieder im gewohnten Rhythmus drei bis fünf Mal pro Woche erscheinen.
Und nun zur Presseschau:
Der Spiegel: (1. September): „Lufthansa will Betriebsrenten kürzen.“
Zitat: „Neue Vorschriften zur Rechnungslegung und die anhaltende Niedrigzins-Politik der Europäischen Zentralbank hatten dazu geführt, dass die Lufthansa ihre Pensionsrückstellungen in der Bilanz kräftig aufstocken musste.“ Nun, der Niedrigzins ist auch außerhalb des Parketts ohnehin in aller Munde. Doch in unserer Branche dürfte der Vorfall die Diskussion um Sinn und Unsinn der IAS-19-Rechnungslegung und des Festhaltens des IASB am AA-Universum erneut befeuern. Lösungsmöglichkeiten gibt es hier.
Passend dazu auch die nächste Meldung, doch sei zuvor noch erwähnt: Immer wieder interessant, welches Medienecho – die Spiegel-Meldung wird von fast allen relevanten Medien aufgegriffen – die bAV, sonst zumeist von der Öffentlichkeit unbeachtet, schlagartig entfacht, sobald es um Kürzungen oder Einschränkungen geht.
FAZ (5. September): „Niedrige Zinsen – Unternehmen kommen bei Betriebsrenten in Schwierigkeiten.“
Zitat: „Die Pensionsverpflichtungen des Mittelstands belaufen sich laut DIHK auf insgesamt 24 Milliarden Euro, die eigentlich durch Kapitalanlagen abgesichert sein sollten.“ Sollten Sie das wirklich? Da kann man angesichts teuren Eigenkapitals geteilter Meinung sein. Renten lassen sich schließlich auch aus dem laufenden Cash Flow bezahlen. Und wer glaubt, mit Kapitalanlagen eine höhere Rendite zu erzielen als mit dem eigenen operativen Geschäft, müsste konsequenterweise das Unternehmen liquidieren und den Erlös an den Märkten investieren. Am Rande: Weniger Probleme mit Betriebsrenten scheint es in dieser Sphäre zu geben.
Die Welt (1. September): „Allianz-Manager fordert Betriebsrente für alle.“
Ein Opting-out wäre nicht mehr als nur ein taktisches Element in jeder politischen Strategie zur Altersversorgung im Allgemeinen und der betrieblichen im Speziellen. Ein Opting-out kann die Symptome lindern, aber keines der Grundprobleme der Altersversorgung lösen, unter denen auch die bAV leidet (so zum Beispiel hier, und das ist auch noch politisch hausgemacht).
Ansonsten wäre ein Opting-out aber natürlich ein schöner Vertriebs-Booster nicht zuletzt für die Versicherer, möglicherweise auch für Berater. Doch die Industrie sollte nicht vergessen, dass hier wieder eine neue Regulierungs- und Bürokratie-Baustelle aufgemacht würde.
FAZ (4. September): „Staatsausgaben – Wie die Rente den Bundeshaushalt eroberte.“
Soviel zur Nachhaltigkeit der Kombination aus Umlagesystem und politischer Einflussnahme.
Stuttgarter Zeitung (3. September): „FTT – Die Finanzsteuer hängt in Brüssel fest.“
Das ist ja entsetzlich! Die Völker Europas raufen sich die Haare vor Verzweiflung! Drohen EU-Projekte nun zunehmend öfter an ihrer eigenen Bürokratie zu ersticken? Nun, vielleicht wird auch die FTT ja den Weg von Solvency II gehen … von ersten Ideen bis zum (möglichen) Inkrafttreten 30 Jahre … na, Sie wissen schon…
OFF TOPIC. TO WHOM IT MAY CONCERN:
FAZ (5. September): „Notenbanken schlagen Syrien.“
Ich bleibe dabei: Die Notenbanken können aus der selbstgestellten Falle kaum noch heraus. Beispiel FED: Wer denkt denn ernsthaft, man könne Monat für Monat 85 Milliarden Dollar in Märkte und Wirtschaft pumpen und dann irgendwann einfach aussteigen? Wenn überhaupt, dann wird es gesichtswahrende Maßnahmen geben – geht man eben auf 65 Milliarden runter – und ansonsten bleibt die Zahnpasta aus der Tube – auf Dauer! Dass die Kapitalmärkte längst drogenabhängig sind, weiß in unserer Branche jeder. Doch gleiches gilt für die Realwirtschaft, denn wer über Geldschwemme und Niedrigszins die Krise verhindert, verhindert die Heilung von Fehlallokationen. Das lässt sich an den Mini-Zinsen auch für Corporates ablesen, mit denen sich überall im Westen marode Unternehmen, die unter normalen Umständen schon längst die Grätsche gemacht hätten, seit Jahren günstig über Wasser halten. Die Fallhöhe steigt damit auch realwirtschaftlich weiter. Ob sie sich beizeiten realisiert: siehe nächste Meldung.
SPON (2. September): „Aktienmärkte in den USA – An der Börse riecht es nach 1987.“
Besonders der Zinsanstieg wird als Parallele zu dem Crash 1987 angeführt. Einen Unterschied gibt es allerdings, und der kann leider nicht beruhigen: Die damaligen Staatshaushalte konnten den Zinsanstieg verkraften, die von heute werden das sehr schnell nicht mehr können, sollte der Anstieg sich fortsetzen. Und man kann es nicht oft genug wiederholen: Wenn es den Notenbanken trotz steigender Geldmengen nicht mehr gelingt, die Zinsen niedrig zu halten, dann wird die Krise mit ganz neuer Dynamik an ganz neuer Fahrt gewinnen.
Die Welt (30. August): „Weidmann fordert Vertragsänderung für europäische Bankenunion.“
Könnte sein Motiv eher sein, über die Forderung nach einer Änderung der europäischen Verträge Zeit zu gewinnen oder sogar die Chance, dass diese Vertragsänderung und damit die Bankenunion am Ende scheitert? However, meinen Segen hat er jedenfalls.