Eigentlich liegt der Ball in Sachen BRSG bei den Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD im Bundestag; formal leisten die Fachministerien nur noch über sogenannte Formulierungshilfen Zuarbeit, um die Änderungsanträge der Koalition vorbereiten zu helfen. Doch mit einer Antwort des BMAS auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen hat die Bundesregierung die Eckpunkte nochmals festgezurrt. Bis auf einen. LbAV-Autor Manfred Brüss berichtet.
In ihrer vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausgearbeiteten Antwort betont die Bundesregierung, man wolle allen Unternehmen unabhängig von der Betriebsgröße die Möglichkeit eröffnen, „Betriebsrenten ohne Garantieleistungen zu organisieren. Zugleich wird auf Rahmenbedingungen verwiesen, die die Zielrente auch ohne Garantien absichern sollen.
So würden per Rechtsverordnung Detailvorgaben für die Einrichtungen der bAV bezüglich „Kapitalanlage, Risikomanagement und Transparenz“ gemacht. Zudem sollten sich die Tarifpartner darauf verständigen, dass die (von der Haftung freigestellten) Arbeitgeber einen Sicherungsbeitrag leisten, um Kapitalmarktschwankungen abfangen zu können. Außerdem könnten die Tarifpartner weitere Sicherungsmaßnahmen vorsehen, wie etwa eine konservative Anlagepolitik. Auch würden finanzaufsichtsrechtliche Vorschriften im VAG für eine „geordnete und sachgerechte Durchführung“ sorgen.
Closed-Shop-Politik nicht im Interesse der Tarifpartner
Das BMAS vertraut darauf, dass die Tarifpartner auf freiwilliger Basis den Ball aufgreifen werden und auch nicht-tarifgebundenen Arbeitgebern den Zugang zu ihren neuen EbAV öffnen. „Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Tarifparteien grundsätzlich kein Interesse daran haben, Dritten den Zugang zu den von ihnen gesteuerten Versorgungseinrichtungen zu verwehren und damit mögliche Skaleneffekte zu verbauen“, schreibt das BMAS.
Gegen solche Befürchtungen spreche auch, dass bereits heute viele Versorgungswerke keine „Closed-Shop-Politik“ betrieben. Das Ministerium verwies hier auf die MetallRente. In diesem Versorgungswerk seien 37.000 Unternehmen eingebunden, obwohl von diesen nur zehn Prozent tarifgebunden seien.
Freiwilligkeit vor Zwang
Eine höhere bAV-Verbreitung wäre zwar mit Obligatorien oder einem alle Arbeitgeber verpflichtenden Opting-Out erreichbar. Doch ginge, so die Bundesregierung, dies mit einer „größeren Eingriffsintensität“ einher und wäre je nach Ausgestaltung mit mehr oder weniger großen Nachteilen verbunden. Hier nennt die Antwort beispielhaft Akzeptanzprobleme bei den Beschäftigten oder zusätzliche Kostenbelastung bei den Arbeitgebern: „Diese Nachteile lassen solche Systeme als unverhältnismäßig erscheinen, wenn nicht zuvor alle Möglichkeiten für den weiteren freiwilligen Ausbau der bAV ausgeschöpft worden sind.“
Bei AVE bleibt alles, wie es ist
An eine weitere Vereinfachung der Allgemeinverbindlicherklärungen von Tarifverträgen denke man derzeit nicht, so die Antwort weiter. Auch gebe es von Seiten der Bundesregierung keine Prognose, wie stark das Tarifpartnermodell in kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) und unter Geringverdienern wirken werde. Künftig werde aber im Rahmen des Alterssicherungsberichts dargestellt, inwieweit diese Zielgruppen die neuen Instrumente in der bAV nutzen. Zudem werde das BMF bis zum 31. Dezember 2023 gegenüber dem Deutschen Bundestag Bericht erstatten, in welchem Umfang Arbeitgeber die neue staatliche Förderung von Geringverdienern in Anspruch genommen haben.
Kein Race to the Bottom
Die Bundesregierung sieht keine Gefahr, dass bestehende Betriebsrentensysteme durch die Einführung der Zielrente beschädigt werden könnten, denn „zum einen ist die reine Beitragszusage nur auf tariflicher Grundlage möglich“; und die Bundesregierung gehe nicht davon aus, dass die Gewerkschaften Tarifverträge zum Nachteil ihrer Mitglieder abschließen werden. „Zum anderen sind die mit der reinen Beitragszusage verbundenen Zielrentensysteme keineswegs automatisch weniger vorteilhaft als Betriebsrentenzusagen mit Mindestleistungsversprechen“. Im Übrigen seien bereits in der Vergangenheit auf der Basis des geltenden Rechts viele Betriebsrentensysteme mit Leistungszusagen geschlossen worden, unter anderem weil sie aus Sicht der Arbeitgeber mit unkalkulierbar gewordenen Kostenrisiken verbunden waren bzw. sind.
Nicht zuletzt stehe es, so die Antwort, Arbeitgebern auch in Zukunft offen, Leistungen in der bestehenden Form zuzusagen. Die bisherigen Gründe für solche Zusagen, beispielsweise personalwirtschaftliche Überlegungen oder der wichtige Aspekt der Innenfinanzierung von Unternehmen im Rahmen von Direktzusagen, würden durch die neue Betriebsrente nicht berührt.
Doppelverbeitragung bleibt
Bei der Riester-Rente gibt es keine Doppelverbeitragung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), das soll künftig auch für Riester-Sparer in der bAV gelten. Eine darüber hinaus gehende Lockerung bei der Doppelverbeitragung von Betriebsrenten lehnt die Bundesregierung nach wie vor ab, man plane „keine weiteren Änderungen in Bezug auf die Krankenversicherungsbeiträge von Versorgungsbezugsempfängern aus bAV.“ Die Verbeitragung sei „unverzichtbarer Bestandsteil“ der solidarischen Finanzierung der GKV. Die derzeitigen Beitragseinnahmen der GKV aus den Versorgungsbezügen beliefen sich auf 5,3 Milliarden Euro, heißt es in der Antwort. Änderungen würden im Ergebnis nur zu deutlichen Erhöhungen bei den GKV-Zusatzbeträgen führen.
Der Kardinalfrage ausweichen
Nach der aktuellen Position der Bundesregierung bezüglich der Kardinalfrage des zwingenden Garantieverbotes respektive dessen Aufweichung hat die Kleine Anfrage der Grünen nicht explizit gefragt – außer wie berichtet in Zusammenhang mit der Einbindung ausländischer Anbieter. Entsprechend geht die Antwort darauf auch nicht ein; die Prüfung, wie man ausländische Vorsorgeanbieter rechtssicher in das neue System der reinen Beitragszusage ohne Garantien einbinden kann, sei noch nicht abgeschlossen, schreibt das Ministerium ausweichend.
Einerseits hat die Bundesregierung in der Vergangenheit gegenüberLEITERbAV ausdrücklich erklärt, an dem zwingenden Charakter des Verbots festzuhalten, andererseits gibt es derzeit Gerüchte, wonach nicht nur die Linkspartei, sondern auch die CSU gegen das Verbot sei.
Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage findet sich als Bundestagsdrucksache hier.
Es handelt sich nicht um die erste Kleine Anfrage der Opposition im Bundestag zur bAV-Reform; vor allem zu Beginn der politischen Diskussion gab man sich neugierig. Die LbAV-Berichterstattung zu früheren Anfragen findet sich hier:
Entgeltumwandlung, 17b und die Rolle der bAV
30. März 2015.
„Keine Veranlassung, gesetzgeberisch einzugreifen“
22. April 2015.
„Politische Festlegungen noch nicht erfolgt“
27. April 2015.
22. Juli 2015.
19. August 2015.
14. Oktober 2015.
29. Oktober 2015.
24. April 2017
2. Mai 2017