… und die Krankenkassen auch. Zumindest davor, ex post in ihren eigenen Versorgungswerken zusätzlichen Belastungen ausgesetzt zu werden. Denn einem der berüchtigtsten Intensivtäter der deutschen bAV wird von der Rechtsprechung systematisch das Handwerk gelegt. Jedenfalls hindert das höchste deutsche Arbeitsgericht den 15er-Zuschuss Schritt für Schritt daran, sowohl rückwirkend als auch für die Geltungsdauer der Tarifverträge sein Unwesen zu treiben. Anja Sprick erläutert zwei frische Urteile des Dritten Senats.

Wie alles begann: Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 17. August 2017 hat der Gesetzgeber erstmals eine Zuschusspflicht des Arbeitgebers eingeführt: Falls er durch Beiträge des Arbeitnehmers im Zuge einer Entgeltumwandlung zu versicherungsförmigen Durchführungswegen Sozialversicherungsbeiträge einspart, muss er diese Einsparung weitergeben. Ab dem 1. Januar 2019 bestand die Verpflichtung zunächst für neu abzuschließende Entgeltumwandlungen, ab dem 1. Januar 2022 auch für „Altverträge“.
Seither war umstritten, ob auch in der Versicherungswirtschaft und in vielen anderen Tarifverträgen der Arbeitgeberzuschuss zu bezahlen ist oder ob es sich beim Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung in der Versicherungswirtschaft (TV-Entgeltumwandlung) und den anderen Tarifverträgen um eine abweichende Regelung im Sinne des § 19 BetrAVG handelt, welche die Zuschusspflicht abbedingt. Denn die Tarifverträge sehen überwiegend keinen expliziten Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung vor. Es wird aber in der Regel ein eigener arbeitgeberfinanzierter Beitrag in den betrieblichen Regelungen gewährt.
Kontinuität in der Rechtsprechung
Im Jahr 2024 hatte das BAG erstmals geurteilt, dass von den gesetzlichen Regelungen zur Entgeltumwandlung (§ 1a BetrAVG), einschließlich des Anspruchs auf einen Arbeitgeberzuschuss (§ 1a Abs. 1a BetrAVG) gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG, auch in Tarifverträgen abgewichen werden kann, die bereits vor Inkrafttreten des ersten BRSG am 1. Januar 2018 geschlossen wurden (vgl. BAG vom 20. August 2025 – 3 AZR 286/23). Hinsichtlich der Begründung ist das BAG sehr ausführlich auf die Gesetzesmaterialien, insb. die Begründung des damaligen Gesetzentwurfes, eingegangen.
Diese Rechtsprechung wurde dann im Frühjahr 2025 in einer weiteren Entscheidung bestätigt und fortentwickelt (vgl. BAG vom 11. März 2025 – 3 AZR 53/24). So hat das BAG auch betont, dass der gesetzliche Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss in Tarifverträgen auch komplett abbedungen werden kann, es also auf eine Kompensation nicht ankommt.
Versicherungswirtschaft und DAK Gesundheit kein Sonderfall
In seinen neuesten Entscheidungen vom 26. August – 3 AZR 298/24 und 3 AZR 31/25 – hat das BAG nun auch konkret über den TV-Entgeltumwandlung in der Versicherungswirtschaft sowie den Tarifvertrag der DAK-Gesundheit (vom 6. Dezember 2013 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 1-2022 vom 28. Februar 2022) geurteilt – und seine bisherige Rechtsprechung weiter fortgeführt. Auch diese Tarifverträge sind nach Auffassung des Senats so auszulegen, dass der gesetzlich in § 1a BetrAVG verankerte Arbeitgeberzuschuss abbedungen wurde.
„Es reicht, wenn die Tarifparteien in Kenntnis der Problematik eine eigene, detaillierte, tariflich vom Gesetz abweichende Regelung schaffen.“
Unerheblich war in diesem Zusammenhang, dass es die Zuschusspflicht bei der Entstehung des Tarifvertrages noch nicht gab und dass der jeweilige Tarifvertrag auch keinen eigenen Zuschuss vorsieht.
Vielmehr reicht es aus, wenn die Tarifparteien in Kenntnis der Problematik „Sozialversicherungsersparnis“ eine eigene, detaillierte, tariflich vom Gesetz abweichende Regelung schaffen. Das war hier nach Ansicht des Gerichts der Fall. Es ergibt sich nach der Auslegung des Gerichts in beiden Fällen eine eigenständige Regelung des Tarifvertrages, der in zahlreichen Punkten von der gesetzlichen Regelung abweicht.
Tarifvertragliche vor gesetzlicher Regelung

Nach Ansicht des Senats spricht hier gerade die Detailliertheit der getroffenen Bestimmungen dagegen, dass daneben noch die gesetzliche Regelung Anwendung finden soll. Zudem werden im TV-Entgeltumwandlung ausdrücklich gesetzliche Regelungen aus dem BetrAVG genannt, die unberührt bleiben sollen. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn das BetrAVG insgesamt neben den tariflichen Bestimmungen ergänzend zur Anwendung hätte kommen sollen.
„Der Kernbereich der Tarifautonomie muss den Tarifparteien überlassen bleiben.“
Schlussendlich dürfen Gerichte zwar Tarifverträge prüfen. Sie sind dabei jedoch auf eine Willkürkontrolle beschränkt. Das heißt: Sie dürfen nur eingreifen, wenn eine Regelung offensichtlich willkürlich ist oder gegen andere Grundrechte verstößt. Der Kernbereich der Tarifautonomie, nämlich die Gestaltung der Arbeitsbedingungen, muss den Tarifparteien überlassen bleiben (Tarifautonomie in Art. 9 Abs. 3 GG).
Fazit
Aufgrund der in den letzten Jahren ergangenen Urteile herrscht jetzt Klarheit zur Geltung von verschiedenen Tarifverträgen und ihrer darin geregelten Abbedingung des gesetzlichen Arbeitgeberzuschusses.
Die beiden hier und heute in Rede stehen Urteile des Dritten Senats findem sich hier und hier.
Anja Sprick ist Justiziarin Recht und Steuern der Longial in Düsseldorf.
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