Bei steuerlich relevanten Verträgen innerhalb von Familien sieht das Finanzamt bekanntlich stets genau hin – bAV und Wertguthaben machen da keine Ausnahme. Im Zuge einer Revision, in der er die Vorinstanz korrigierte, hat der BFH nun klargestellt, dass der Begriff des Fremdvergleichs breit anzuwenden ist. Michael Gerhard berichtet.
Für Arbeitnehmer-Ehegatten kann ein Wertguthabenkonto mit steuerlicher Wirkung eingerichtet werden, wenn die gewählte Gestaltung unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs „üblich“ ist. Dieses Kriterium ist nach Einschätzung des Bundesfinanzhofs ggf. dann verletzt, wenn durch die zugrundeliegende Vereinbarung die Risiken des gewählten Modells einseitig zu Lasten des Arbeitgebers gehen. Das hat der BFH mit Urteil vom 28. Oktober 2020 – X R 1/19 – entschieden.
Das Wertguthabenkonto mit Arbeitnehmer-freundlicher Flexibilität…
Der BFH befasste sich mit folgendem Fall: Mit dem im Betrieb des Ehepartners als Bürokraft halbtags tätigen Mitarbeiter (Arbeitnehmer-Ehegatte) wurde eine Vereinbarung zur Einrichtung eines Wertguthabenkontos geschlossen (vgl. § 7b SGB IV).
Demnach konnte der Arbeitnehmer-Ehegatte in einem von ihm festgelegten Umfang Gehaltsbestandteile zugunsten eines Arbeitszeitkontos verwenden.
Hiervon machte der Arbeitnehmer-Ehegatte ab Beginn seines Dienstverhältnisses Gebrauch: Er zahlte dort monatlich einen Betrag in Höhe von 1.000 Euro ein. Sein Monatsgehalt belief sich auf 1.410 Euro.
Dem Arbeitnehmer-Ehegatten stand es frei, die eingezahlten Mittel – nach einer Ankündigungsfrist von drei Monaten – wahlweise für verschiedene Zwecke zu verwenden: vorzeitiger Ruhestand, Teilzeit, Freistellung, betriebliche Altersversorgung. Im Falle der Freistellung bestand für den Arbeitgeber einmalig die Möglichkeit, die Entscheidung des Arbeitnehmer-Ehegatten abzulehnen. Im Übrigen traf der Arbeitgeber im Rahmen einer Verpfändungs- und Treuhandvereinbarung Vorkehrungen zur Sicherung der auf das Wertguthabenkonto eingezahlten Mittel.
… hielt steuerlich dem Fremdvergleich nicht stand
Die Einzahlungen auf das Wertguthabenkonto führte die Firma einer Rückstellung zu; die betreffenden Zuführungen wollte es steuerlich geltend machen. Die Finanzverwaltung lehnte dies aus Gründen des Fremdvergleichs ab. Dabei argumentierte sie in erster Linie mit dem ungewöhnlich hohen Gehaltsanteil, der hier für die Finanzierung des Wertguthabens verwendet wurde.
Die Finanzverwaltung konnte sich mit seiner Auffassung jedoch nicht in der Vorinstanz durchsetzen. In der Revision beurteilte der BFH den Sachverhalt nun anders. Er lehnte eine steuerliche Anerkennung der Zuführungen zum Wertguthabenkonto ab. Für war ihn war dabei weniger die Finanzierung durch einen hohen Gehaltsanteil, sondern mehr der Umstand ausschlaggebend, dass die hohe Flexibilität des Modells die mit ihm verbundenen Chancen und Risiken ungleich auf den Betrieb und den Arbeitnehmer-Ehegatte verteilt.
Die Einschätzung des BFH im Einzelnen
Für die Beurteilung der Frage, inwieweit eine Gestaltung betrieblich oder privat veranlasst ist, ist nach Auffassung des BFH grundsätzlich die Gesamtheit aller objektiven Gegebenheiten maßgebend.Hierbei sind die Kriterien des Fremdvergleichs einzeln zu würdigen.
Ein Anhaltspunkt dafür, dass die Fremdüblichkeit bei einer Gestaltung nicht gegeben ist, kann nach Ansicht des BFH insbesondere dann vorliegen, wenn die weitaus meisten Chancen nur auf der Seite des Arbeitnehmer-Ehegatten liegen. Dies sei hier der Fall. Denn der Arbeitnehmer-Ehegatte könne – nahezu unbegrenzt – sein Wertguthabenkonto finanzieren, um dann – ständig wiederkehrend – Freistellungen in sein Arbeitsleben zu integrieren. Dies habe er nicht langfristig anzukündigen. Der Arbeitgeber könne diesbezüglich auch nur einmal widersprechen. Dass eine solche Flexibilität die betrieblichen Abläufe im Zweifel nicht wesentlich stören würde, ist nach Auffassung des BFH unwahrscheinlich.
Im Übrigen war ein entsprechendes Wertguthabenmodell nicht anderen Arbeitnehmern im Betrieb angeboten worden. Auch war nach Auffassung des BFH im Laufe des Verfahrens nicht vorgetragen worden, dass sich die Aufgaben des Arbeitnehmer-Ehegatten im Betrieb so wesentlich von den Tätigkeiten anderer Arbeitnehmer unterscheiden, dass eine Besserstellung womöglich zu rechtfertigen sei. Aber selbst für diesen Fall sei es die Aufgabe der Vorinstanz gewesen, der Frage nachzugehen, in welchem Umfang derart flexible Vereinbarungen in der Praxis überhaupt vorkommen. Dies sei jedoch unterblieben. Im Zweifel müsse das Finanzgericht also entsprechendes statistisches Material erst noch erheben. Das Verfahren wurde entsprechend zurückverwiesen.
Fazit
Vereinbarungen mit einem Arbeitnehmer-Ehegatten, welche diesem (allein) Chancen einräumen, während der Betrieb Risiken zu tragen hat, sind aus steuerlicher Sicht risikobehaftet. Dies gilt auch dann, wenn die betreffende Vereinbarung – wie im vorliegenden Fall die Wertguthabenvereinbarung – auf einem steuerlich anzuerkennenden Arbeitsvertrag aufbaut. Sie ist einem gesonderten Fremdvergleich zu unterziehen.
Dabei verwendet der BFH den Begriff des Fremdvergleichs nicht nur im Sinne einer Gleichbehandlung innerhalb des Betriebs, sondern – ähnlich wie bei den Kriterien für die steuerliche Anerkennung einer GGF-Versorgung – auch darüber hinaus.
Regelungen zur Vergütung und Versorgung eines Arbeitnehmer-Ehegatten unterliegen aus steuerlicher Sicht einem Fremdvergleich. Wer vermeiden möchte, dass entsprechende Verträge im Nachhinein beanstandet werden, sollte Bestimmungen vermeiden, die dem Arbeitnehmer-Ehegatten einseitig unübliche Vorteile einräumen. Im Zweifel sollten entsprechende Vereinbarungen vor Abschluss einer entsprechenden Prüfung unterzogen bzw. nach ihrem Inkrafttreten – soweit erforderlich – angepasst werden.
Vorinstanz war das FG Baden-Württemberg mit Urteil 5 K 2061/16 vom 23. Oktober 2018. Dorthin hat der BFH die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das Urteil des BFH findet sich hier.
Der Autor ist Aktuar (DAV) und im Bereich Versorgungsträger-Management bei Longial tätig.
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