Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen


Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Kassandra’s riding Bärbel’s Bull

Unregelmäßig freitags bringt PENSIONSINDUSTRIES eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Deutschland goes Brownout? Eine Ministerin mit Sinn für Alliterationen, Bullshit und höhere BBG. Neuer Cyber Risk Report. Ein kostenloser Alzheimer-Test für die Leserschaft. Spätestens 2027 wird es spannend in Europa. Und: Wird Kommissar Palantir in Kürze Vollzug melden?

Zeitung für kommunale Wirtschaft (4. September): „Amprion-Chef hält hohe Strompreise im Herbst für möglich – Abschaltungen letztes Mittel.“

Supermärkte zu … Industrie mit Unterbrechungen … bis hin zu Krankenhäusern auf Notstrom. Der Chef des Netzbetreibers, der für den Herbst in Deutschland kontrollierte Abschaltungen andenkt, sollte wissen, wovon er redet. Denn sonst steht beizeiten als dummer Panik-Onkel da. Gehen wir also mal davon aus, dass an seinen Worten etwas dran ist. Dann ist erst mal amüsant anzusehen, auf welches Niveau sich die ehemalige Industrienation Deutschland mittlerweile heruntergewirtschaftet hat.

Kassandra macht überall eine gute Figur.

Konkret von Bedeutung ist das aber auch für unser Parkett. Denn natürlich ist Deutschland für Pensionsinvestoren ein wichtiger Investitionsstandort, und bekanntlich will die Bundesregierung ja mit den ganz großen Schuldenpaketen Hand in Hand mit privaten Investoren die große Infrastrukturoffensive in Deutschland anschieben.

Kassandra ist hier bekanntlich ohnehin skeptisch in zehn Akten. Und nach solchen Aussagen zur Stromversorgung muss sich jeder Investor erst recht fragen: Soll man in die Infrastruktur (und in die Industrie i.A.) eines Landes investieren, das on top zu seinen bestehenden fiskal- und industriepolitischen Defiziten nun auch noch künftig mit stundenweisen Stromausfällen glänzen kann? Zur Erinnerung: Wir leben im 21. Jahrhundert. Das KI- und Quantenzeitalter fängt gerade erst an, und entsprechend wird rund um die Welt in Rechenzentren und deren strategische Energieversorgung investiert. Und Deutschland kommt mit Stromausfällen? Ernsthaft? Die unklaren Konsequenzen des frisch im GG verankerten Klimaschutzes und die absehbare fiskalische Überdehnung treten noch hinzu.

Also: Jeder, der für Pensionsgelder und damit für Alterseinkommen Verantwortung trägt, sollte sehr vorsichtig sein, was er mit diesem Geld macht. Besonders mit Blick auf den Investitionsstandort Deutschland. Besonders in den Illiquiden.

Funfact am Rande: Der Manager wird zitiert, wie wichtig es sei, „dass schnell neue Kraftwerke gebaut würden“. Dazu passt Deutschland-typisch das hier.

Aon (2. September): „Navigating threat complexity – Global 2025 Cyber Risk Report.“

Dass die IT Risiken auf dem ganzen Planeten und in jeder Sphäre zunehmen, und damit auch im Pensionswesen, ist nicht neu. Und angesichts der technologischen Entwicklung kann man leider nicht von einer stetigen, gleichförmigen Zunahme ausgehen, sondern eher von einer exponentiellen. Bekanntlich warnt auch die deutsche Aufsicht ständig deutlicher vor den Gefahren – freilich, ohne selber ein Patentrezept zu haben. Denn wer hat das schon?

Aon hat nun seinen aktuellen globalen Cyber Report veröffentlicht (nicht nur auf Pensions fokussiert). Nur ein paar Daten:

2023 weltweit mehr als 420 Mio. Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen – im Schnitt rund 13 Angriffe pro Sekunde, mit unterschiedlichem Schweregrad – Deutschland nach den USA und UK am dritthäufigsten betroffen. Tendenz? Vermutlich schnell steigend.

Tagesschau (6. September): Neue Bemessungsgrenzen – Bas plant höhere Sozialabgaben für Gutverdiener.“

Die geplante Anhebung der BBG durch Bärbel „Bullshit“ Bas hat Wellen geschlagen. Technisch hätte dies auch erhebliche Folgen für die bAV, v.a. im 3.63.

Bärbel Bas, BMAS. Foto: Steffen Kugler.

Und die Union? Die sollte sich mal nicht künstlich aufregen. Schließlich ist das alles nur ein Vorgeschmack.Uralte kassandrische Prognose: Sobald die SPD auch nur ein einziges Mal eine entsprechende R2G-Mehrheit im Bundestag hat, gibt es überhaupt keine BBG mehr. Stattdessen: Abschaffung der PKV, Vergesellschaftung der vorhandenen Kapitaldeckungen in der GKV sowie vollständige Verbeitragung über alle sieben Einkunftsarten ohne jede BBG. Und das ist nur der Anfang, die bAV wäre als Nächstes dran.

Die Welt (7. September): „Bürgergeld, Rente, Krankenkassen – so nah steht der Sozialstaat wirklich am Abgrund.“

Kassandra beunkt schon seit Jahren den im Gleichschritt mit der Demographie bevorstehenden Zusammenbruch der deutschen Sozialsysteme. Schön zu sehen, wie diese Erkenntnis zunehmend auch abseits der Fachöffentlichkeit ankommt. Die Performance der GRV ist jetzt schon erbärmlich, doch es bleibt dabei: Das hier sind die guten Jahre. Die schlechten kommen bekanntlich erst noch.

Wichtig jedoch immer, Sie wissen es längst: Das passiert nicht im luftleeren Raum, sondern integriert in der deutschen (und europäischen) Insuffizienz-Symptomatik auf praktisch allen Politikfeldern, zusammenwirkend und sich gegenseitig verstärkend. Das gilt vor allem für De-Industrialisierung, Über-Bürokratisierung, fiskalische Überdehnung und die oben erwähnten energiepolitischen Vabanque-Spiele. Vielleicht ist das alles aber auch nur Geunke, denn:

Die Welt (2. September): „Nach Bullshit-Aussage – ‚Wir sind ein reiches Land‘ – Bas legt im Streit um Sozialstaat nach.“

Wenn Kassandra künftig mal wieder von dem „Bullshit“ einer vor der Tür stehenden Altersarmut unkt, dann denken Sie einfach an BMAS-Chefin Bärbel Bas: „Wir sind ein reiches Land“. Im übrigen mahnt Kassandra, angesichts der Nutzung angelsächsischer Fäkalausdrücke durch die Ministerin auf die sich manch literarisch Gebildetem in der Leserschaft möglicherweise aufdrängende Alliteration „Bullshit-Bärbel“ zu verzichten, zumindest in der Öffentlichkeit.

BMAS (1. September): „Kommission zur Sozialstaatsreform hat ihre Arbeit aufgenommen.“

Endlich hat Deutschland wieder eine Kommission. Man muss kein chronischer Pessimist sein, um hier wenig Hoffnung auf substanzielle Verbesserungen zu haben. Die SPD, die seit zig Jahren praktisch nur noch die Interessen von Transfer- und Sozialleistungsempfängern bedient und längst am Ende ihres Weges angekommen ist (so sehen ihre Wahlergebnisse auch aus), hat von Bremen-Bovenschulte bis BMAS-Bas (s.o.) schon mehrfach klar gemacht, dass sie diesen Sozialstaat „mit Klauen und Zähnen verteidigen“ wird.

Flossbach von Storch (4. September): „Nicht aus Zucker – Immer wieder brandeten in den vergangenen Monaten Sorgen um die Unabhängigkeit der US-Notenbank auf. Zu Recht? Ein Blick auf die Widerstandsfähigkeit der mächtigsten Zentralbank der Welt.“

Donald Trump beherrscht ohnehin die Schlagzeilen, und das auf vielen Politikfeldern. Eines davon: sein Umgang mit der US Fed. Für europäische Beobachter gilt zuweilen, dass sie zu wenig über die Funktionsweise des US-Systems der Zentralbanken wissen.

Bei genauerem Hinsehen erkennt man jedoch, dass die Väter der US-Gesetzgebung die alte Herausforderung der Demokratie – nämlich die Gefahr ihres Missbrauchs durch die jeweils Mächtigen – gerade im Falle des Fed-Systems geradezu schulbuchmäßig zu verteidigen wussten. Entsprechend ist Trumps Einfluss auf die Fed am Ende des Tages reichlich begrenzt.

Der FvS-Beitrag in dem verlinkten Dokument auf Seite 32 zeigt das gut auf. Nur eine Sache vermisst Kassandra: die Angabe, welches denn diese zwölf föderalen Feds sind, die es dort gibt. Deshalb sei dies hier nachgeholt – und außerdem gleichzeitig ein kostenloser Alzheimer-Test angeboten: Lesen Sie sich zweimal die zwölf Städte durch, und zwar schnell. Und versuchen Sie dann, sie zu rekapitulieren. Mindestens zehn von zwölf sollten Sie schaffen. Here we go:

Boston, New York, Philadelphia, Cleveland, Richmond, Atlanta, Chicago, St. Louis, Minneapolis, Kansas City, Dallas, San Francisco.

OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN

Blick.ch (28. August): Britische Rechtspopulisten wollen Hunderttausende abschieben.“

Im UK gärt es. Noch sichtlich mehr als in Deutschland, und die politische Mentalität der Briten ist – nennen wir es: „robuster“ – als hierzulande.

Die Entwicklung dort bleibt spannend, aber es sei schon jetzt darauf hingewiesen, dass in der parlamentarischen Demokratie Großbritannien das Mehrheitswahlrecht herrscht. Bei allen Vor- und Nachteilen hat es die unübersehbare Eigenschaft, zu erdrutschartigen Wenden zu führen. Wenn es kippt, dann kippt es richtig.

Bekanntlich gärt es in Frankreich nicht minder, und dort tritt die weiter fortgeschrittene fiskalische Komponente hinzu, gepaart mit politischer Ungeschicklichkeit. Auch in der präsidentiellen Demokratie der V. Republik gilt das Mehrheitswahlrecht. Allein der Modus der – alles dominierenden – Präsidentschaftswahl stellt zwangsläufig eine Mehrheitswahl dar (Winner takes all), da es selbstredend nur einen Sieger kennt und damit grundsätzlich erdrutschartig ist.

In Deutschland – wie UK keine präsidentielle, sondern eine parlamentarische Demokratie – dominiert dagegen das Verhältniswahlrecht, zusätzlich gepaart mit einem starken Föderalismus. Damit reagiert das System auf wechselnden Wählerwillen weniger erdrutschartig, sondern schrittweiser und damit – je nach Sichtweise – träger bzw.behutsamer.

Wie dem auch sei: Die (regulären) Wahlen in Großbritannien und Frankreich finden erst im Mai bzw. April 2027 statt. Aber vielleicht ja zeitgleich vorgezogene BTW in Deutschland? Spannend bleibt’s jedenfalls in Europa, Kassandra freut sich schon jetzt.

Bild (7. September): „Macht es die AfD stärker, dass die Grünen sie verbieten wollen?“

Nun, um die Frage zu beantworten, muss man wohl kein Einstein sein. Selbstverständlich, ist das so. Wenn die AfD schlau ist, tut sie gut daran, die Diskussion weiter zu befeuern. Mit Meck-Pomm und Sachsen-Anhalt stehen zwei LTW an, bei denen sie massiv davon profitieren könnte; bei den übermorgen anstehenden Kommunalwahlen in NRW dürfte sich das bereits bemerkbar machen. Kassandra verweist erneut auf eine intellektuell angenehm unaufdringliche Grünen-Politikerin, die unmittelbar vor der neulichen Bundestagswahl von einem solchen Verbot gesprochen hatte. Dass sie dafür Geld von der AfD erhalten habe, ist allerdings nicht überliefert.

Alice Weidel, AfD. Foto: AfD.

Jedenfalls wäre es aus Sicht der Befürworter eines AfD-Verbotes natürlich umso besser, je mehr die Sache im Stillen über die Bühne ginge. Denn je stärker die AfD wird, umso gefährlicher wird das Husarenstück eines Verbotes und umso unkalkulierbarer die politischen Folgewirkungen. Der Ritt auf dem Tiger wird für den bemitleidenswerten Klingbeil jedenfalls ständig schwieriger. Aber nach seinem zumindest bis dato überraschend moderat wirkendem neuen Vorschlag zur Besetzung des BVerfG mit einer echten Profi-Richterin muss man sich fragen, ob Klingbeil Kassandra Lügen strafen will? Schafft er überhaupt die Voraussetzungen für ein politisch motiviertes Verbotsverfahren? Und ein politisches Verfahren mit politischen Richtern braucht er, denn ein echtes juristisches Verfahren würde viel zu lange dauern, Jahre statt nur Monate.

Lars Klingbeil, SPD und BMF. Foto: SPD.

Fest steht: Wenn es nicht vor der kommenden BTW zu dem Verbot kommt, wird Klingbeil als derjenige in den Geschichtsbüchern stehen, der die alte Tante SPD in die Einstelligkeit geführt hat. Mal sehen, ob er die Nerven behält.

ntv (11. September): FBI veröffentlicht Bilder – Ermittler bezeichnen Kirk-Attentäter als Mann im College-Alter.“

Man hat (mglw.) Bilder, man hat Alter, Teint Statur, man hat die Waffe, man weiss, dass der Täter sich in der Gegend auskannte. Kassandra spricht: Kommissar Palantir wird in den nächsten Tagen Vollzug melden.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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