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Thank God it's Friday

Die kommentierte Presseschau zur bAV

Jeden Freitag bringt Leiter-bAV.de eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: AIFM-Umsetzungsgesetz im Vermittlungsausschuss, Lebensversicherer rufen (doch nicht) Hilfe, wegbrechende EM, und was der Sieg von Rot-Grün-Rot für die bAV bedeutet.

 

Zunächst in eigener Sache: Die Sommerpause von Leiter-bAV.de – in der dieser nur fallweise erschien – nähert sich dem Ende. Ab der zweiten Septemberwoche wird Leiter-bAV.de – „If There Are Enough News That’s Fit To Print“ (frei nach NYT) – wieder im gewohnten Rhythmus drei bis fünf Mal pro Woche erscheinen.

 

Und nun zur Presseschau:

 

 

DIA (27. August): „Auf die lange Bank geschoben.“

 

Das DIA beleuchtet den Status des steuerlichen Begleitgesetzes zum AIFM-Umsetzungsgesetz im Vermittlungsausschuss. Nun, von der BT-Wahl wird das nichts mehr. Und DIA-Sprecher Klaus Morgenstern betont das in Deutschland geltende Prinzip der Diskontinuität: Gesetzesvorhaben, die innerhalb einer Legislaturperiode nicht verabschiedet worden sind, verfallen automatisch und müssten gegebenenfalls danach völlig neu aufgesetzt werden. Damit bleibt die Zukunft des Pension Pooling in deutschen Vehikeln weiter blockiert, während im Ausland die Entwicklung weitergeht.

 

 

Focus (28. August): „Konsumlaune auf Rekordstand – Deutsche kaufen so gerne ein wie lange nicht mehr.“

 

Die Deutschen geben derzeit gerne ihr Geld aus (besonders Schwarzgeld übrigens, wie jeder Handwerker bestätigen kann). Liegt das an der tollen Wirtschaftslage, dem stürmischen Wachstum und den hohen Löhnen? Kaum. Eher lassen Niedrigzins, Inflation und vor allem Angst vor echter Eskalation der Schulden- und Währungskrise bis hin zum Zusammenbruch die Menschen im heute leben statt an das morgen zu denken. So weit, so nachvollziehbar und so schön für Handel und Industrie. Und so katastrophal für die (betriebliche) Altersversorgung. Und übrigens auch ein Indiz, dass die Politik bei der Lösung der Krise auch nach Jahren keinen echten Schritt weitergekommen ist.

 

 

SZ (27. August): „Lebensversicherer rufen Finanzaufsicht um Hilfe an.“

 

Der Artikel aus der SZ ist am Mittwoch von fast allen Medien aufgegriffen worden, wird aber hier vom GDV hart dementiert und muss an dieser Stelle auch nicht weiter kommentiert werden, außer vielleicht, dass abzuwarten bleibt, ob das Dementi ebenso breit von den Medien aufgegriffen wird wie der SZ-Beitrag selbst.. Übrigens verweigerte die BaFin gegenüber Leiter-bAV.de. jede Angabe darüber, ob auch deregulierte Pensionskassen unter denen sind, die beantragt haben sollen (!), die Mindestzuführungsverordnung auszusetzen.

 

 

FAZ (28. August): „Ökotest: Lebensversicherung als Altersvorsorge nicht geeignet.“

 

Ökotest vergleicht die LV mit einem Bundesanleihen-Sparplan. Nun, wo oben im vorigen Beitrag gerade noch von der Mindestzuführungsverordnung die Rede war: Die Praxis, 10 Prozent der Kapitalerträge quasi als Performance-Fee an den Anbieter abzuführen, kennen zwar neben Lebensversicherern vor allem noch eisenharte Hedge-Fonds, der Bundesfinanzminister bei seinen Bundesanleihen aber nicht. Aber wollen wir den hier mal auch nicht auf dumme Gedanken bringen.

 

 

HB (28. August): „Ein Nachruf auf die Lebensversicherung.“

 

Wie dem auch alles sei, zumindest laut Ex-BDV-Chef Axel Kleinlein ist es jedenfalls an der Zeit, das Totenglöckchen zu läuten.

 

 

N-24.de (28. August): „Angela Merkel mit Schwarz-Gelb vorn – Grüne fallen in Umfragen auf Jahrestief.“

 

Zitat: Wenige Wochen vor der Bundestagswahl am 22. September verlieren die Grünen in Umfragen an Zustimmung. Gewinner ist die Linke, Union und FDP könnten aber trotzdem weiterregieren.“

 

Union und FDP könnten weiterregieren? Unisono, landauf landab scheint für alle Medien in Deutschland festzustehen, dass Schwarz-Gelb mit sattem Vorsprung die BT-Wahl gewinnen wird, Peer Steinbrück gilt schon längst als ausgemachter Verlierer. Die Koalition kommt in Umfragen wie dieser hier schließlich auf 46, Rot-Grün nur auf 33 Prozent.

 

Doch in den Einheits-Chor mag Leiter-bAV.de irgendwie nicht so recht einstimmen. Denn wenn die FDP sagen wir bei 6 Prozent liegt (hier in dem N-24-Beitrag sogar nur noch bei fünf), dann hat Schwarz-Gelb bei richtiger Rechnung nicht 13 resp. 14, sondern nur einen einzigen kümmerlichen Prozentpunkt Vorsprung.

 

Denn wenn die FDP an der 5-Prozent-Hürde scheitert, werden der Union ihre 41 Prozent nichts nützen.

 

Und Leiter-bAV.de bleibt dabei: Ein Scheitern der FDP ist mehr als nur wahrscheinlich. Leihstimmen von der CDU wird sie nach der für die Union deprimierenden Niedersachsen-Wahl nicht mehr erhalten, und manch Stammwähler wird wohl zur AfD abwandern.

 

Bleibt für die Union als strategische Option die absolute Mehrheit – letztmalig unter dem Kölner Konrad Adenauer errungen und unter der faktisch sozialdemokratischen Ost-Protestantin Angela Merkel nur eine Illusion. Oder eben die Hoffnung, dass ein Einzug wenn nicht der FDP, dann der AfD in den BT der SPD die Mehrheit des NRW-Modells verhagelt und diese so doch noch zur großen Koalition gezwungen wäre.

 

Also: Fliegt die FDP raus und scheitert die AfD, wird am 22. September die ohnehin bemerkenswerte Breite des Steinbrückschen Grinsens Gerhard-Schrödersche Dimensionen erreichen. Für die Union spricht eigentlich nur, dass erstens Merkel bei der Kultivierung ihres Amtsbonus‘ echtes Geschick beweist, und zweitens die Tatsache, dass der Wähler zu machtausgleichendem Wahlverhalten tendiert. Und da Merkel, sonst zuweilen nämlich etwas weniger geschickt, die letzten Landtagswahlen gleich im Dutzend verloren hat (und die CDU übrigens sage und schreibe nur noch vier Großstädte regiert), könnte der Wähler – so er denn die strategischen Konstellationen durchschaut – das bürgerliche Lager vielleicht doch noch entscheidend weiter stärken.

 

Denn in der Machtbalance, da liegt der Hund auch für die bAV im Speziellen und die Finanzdienstleistung im Allgemeinen begraben:

 

Dank der wirklich einzigartigen Serie an Merkelschen Niederlagen bei den Landtagswahlen ist der Bundesrat fest in rot-grüner Hand (die anstehenden Wahlen in Hessen und Bayern können diesen Sachverhalt nur verstärken, nicht lindern), und so würde ein Sieg von Rot-Grün-Rot bei der BT-Wahl den drei Linksparteien auf Jahre hinaus sagenhafte Machtpotenziale einräumen, wie sie in der deutschen Parlamentsgeschichte ihresgleichen suchen. Der dann absehbare Umbau dieses Landes dürfte schnell kommen und kaum einen Lebensbereich auslassen. Im Bereich Altersversorgung und Finanzdienstleistung wäre jedenfalls mit folgenden Entwicklungen zu rechnen:

 

  • Konzentration der Altersvorsorge auf die erste Säule auch zu Lasten der bAV, Ausdehnung der Kompetenzen und Möglichkeiten der gRV (bspw. freiwillige Zusatzbeiträge, zwangsweise Einbeziehung von Selbständigen, Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen).

  • In der bAV selbst Ausbau der Pflichten der Arbeitgeber.

  • Unmittelbare Abschaffung der privaten Krankenversicherung, Übertragung der Altersrückstellungen in die neue Bürgerversicherung, später dann Beitragsbemessung über alle sieben Einkunftsarten.

  • Rasche Aufgabe des Restwiderstandes gegen die Einrichtung einer europäischen Haftungsunion.

Fazit: Das Szenario ist nicht zwingend, aber man sollte es mehr auf der Rechnung haben, als deutsche Medien es begreifen. Und Institutionelle Investoren sollten sich den schweizerischen Wohnimmobilienmarkt ansehen, besonders in der gehobenen Klasse. Denn dort dürften u.U. nach dem 22. September Nachfrage und Preise deutlich anziehen. Und die Nachfrage wird deutsch sprechen.

 

 

OFF TOPIC. TO WHOM IT MAY CONCERN:

 

WiWo (28. August): „Trendwende beim Preis – Gold ist das bessere Geld.“

 

Ausgewogener, kluger Artikel zum Thema Gold. Der wichtigste Satz hat aber nur mittelbar mit Gold zu tun, Zitat: „Spürbar anziehende Realzinsen signalisieren im aktuellen Umfeld einen Kontrollverlust der Notenbanken über die Anleihenmärkte.“

 

Richtig! Man kann es nicht oft genug wiederholen: Die Notenbanken verschaffen den Staaten keine Spielräume für nötige Reformen, sondern kaufen für immer mehr Geld immer weniger Zeit. Was steigt, ist einzig die Fallhöhe. Aber wehe, wenn auch noch die Zinsen ungeplant steigen. Dann wird nämlich abgerechnet.

 

Fälschlich könnte man steigende Zinsen zwar eigentlich als den ersten, lang erhofften Schritt weg vom Krisenmodus und hin zu einer Normalisierung sehen; wichtig nicht zuletzt für IAS-19-Bilanzierer, selbst wenn steigende Zinsen für diese erstmal bilanzielle Verluste bei Langläufern bedeuten. Doch leider ist die Situation vertrackter: Steigende Zinsen sind heute keinesfalls ein Zeichen für Abkehr vom Krisenmodus und Rückkehr in die Normalität, sondern möglicherweise eher Ausfluss der Tatsache, dass die Instrumente der Notenbanken mitten in der Krise zunehmend stumpf werden.

 

Wenn hier Dynamik reinkommt, werden die Notenbanken bald sehr schnell immer größere Summen an frischegedrucktem Geld in die Hand nehmen müssen, wollen sie nicht die Implosion unserer Staatshaushalte riskieren, und je größere Summen sie in die Hand nehmen, desto größer wird die Eigendynamik des Vertrauensverlustes, und so weiter und so fort. Wie immer bleiben die Systeme dann trotzdem überraschend lange stabil, doch wenn er dann fällt, dann fällt der letzte Vorhang schnell. So ist es nun mal, das Gesetz vom Fluch der bösen Tat.

 

 

ZUM SCHLECHTEN SCHLUSS:

 

FAZ (26. August): „Der japanische Keynes.“

 

Was denn, der Mann hat als japanischer Finanzminister keynesianische Abenomics schon in den dreißiger Jahren betrieben? Damit die Aufrüstung der japanischen Armee finanziert, weil das Geld ja irgendwohin musste? Und er ist dann später – als er endlich viel zu spät auf die Bremse treten wollte – von Militärs als Verräter zerhackt worden? Danach fing man dann – was auch sonst tun als Pleitestaat mit all den hübschen mit der Notenpresse finanzierten Schlachtschiffen – den Krieg an, genau wie Pleite-Nazi-Deutschland es tat? Komisch, das Prinzip von billigem Geld, Steigerung der Fallhöhe, Aufrüstung und Krieg sowie der Entwicklung hin zum Gefangenen des eigenen Handelns kommt mir irgendwie bekannt vor. Aber das ist sicher nur ein böser Traum. Geschichte wiederholt sich schließlich nicht. Jedoch: Sie reimt sich manchmal!

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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