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Kleine Anfrage der Grünen – die Antwort des BMF (I):

Will die Bundesregierung 6 Prozent auf den Prüfstand stellen?

 

Das Bundesministerium der Finanzen wird nicht nur – wie von den Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD gefordert – den bei Pensionsrückstellungen für Direktzusagen gemäß HGB zu bildenden Durchschnittszinssatz überprüfen, sondern wohl auch den bilanzsteuerlichen Abzinsungssatz von derzeit sechs Prozent. Dies geht aus der Antwort des BMF auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen hervor. Die Antwort liegt Leiter-bAV vor.

 

 

Michael Meister, StS im BMF. Foto: BMF.
Michael Meister, StS im BMF.
Foto: BMF.

Der Parlamentarische Staatssekretär im BMF, Michael Meister (CDU), schrieb als Antwort auf die vom grünen Finanzexperten Gerhard Schick gestellten 38 Fragen, die Bundesregierung werde wie von den Koalitionsfraktionen angeregt, kurzfristig die Dauer des Bezugszeitraums (derzeit sieben Jahre) für den Diskontierungszinssatz gemäß § 253 Absatz 2 Satz 1 HGB überprüfen. Ins Gespräch gebracht worden ist die Verlängerung des Glättungszeitraumes auf zwölf Jahre. Bei dieser Überprüfung seien insbesondere die Auswirkungen des aktuellen Zinsumfelds und die Belastungen für die Unternehmen sowie die Auswirkungen möglicher Änderungen auf die Funktion des Jahresabschlusses, ein möglichst zutreffendes Bild von der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln, abzuwägen“, schreibt Meister, der auf eine ganze Reihe der gestellten Fragen teils wegen fehlenden Datenmaterials nicht näher einging.

 

Zugleich kündigte das Ministerium aber auch an, den bilanzsteuerlichen Abzinsungssatz des Paragrafen 6 Absatz 1 Nummer 3a Buchstabe e EStG angesichts des aktuellen Niedrigzinsumfelds überprüfen zu wollen. Dieser liegt derzeit bei festgeschriebenen sehr hohen sechs Prozent (respektive 5,5 Prozent, s.u. Anmerkung der Redaktion).

 

 

Die 7-Jahres-Talfahrt: Von 4,53 auf 2,42 Prozent

 

Nach Angaben des BMF lag der HGB-Rechnungszins Ende 2014 bei 4,53 Prozent. Würde das derzeitige Zinsniveau bis zum Jahr 2021 konstant bleiben, dann fiele dieser Satz auf 2,42 Prozent. Entsprechend würden die handelsbilanziellen Rückstellungen zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2021 gegenüber Ende 2014 um 26 Prozent angehoben werden müssen, rechnete das Ministerium auf eine entsprechende Frage vor.

 

 

aba begrüßt Ankündigung des Finanzministeriums

 

Die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) erklärte gegenüber Leiter-bAV.de, dass angesichts der Niedrigzinsphase jetzt auch die Bundesregierung Handlungsbedarf im Bereich des Rechts der Handels- und Steuerbilanzierung siehe. „Die aba mahnt dies bereits seit geraumer Zeit an. Hinsichtlich des schon lange nicht mehr zeitgemäßen Diskontierungssatzes von sechs Prozent im Steuerrecht fordern wir dies schon seit mehr als einem Jahrzehnt,“ erinnerte aba-Geschäftsführer Klaus Stiefermann.

 

Zur Anpassung des Rechts der Handelsbilanz hat die aba jüngst bereits Vorschläge gemacht. Wir haben stets darauf hingewiesen, dass es höchst unbefriedigend ist, dass Handels- und Steuerbilanz aufgrund ihrer unterschiedlichen Zinsannahmen dazu angelegt sind, auseinander zu driften“, so Stiefermann weiter. Angesichts der Niedrigzinsphase geschehe dies in rasantem Tempo. Hier gelte es schnell gegenzusteuern. Ziel sollte es daher sein, nicht nur den Glättungszeitraum auszuweiten, sondern auch die nach dem HGB zu bildenden Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen in vollem Umfang steuerlich anzuerkennen: „Einmal mehr zeigt sich, welch enorme Lenkungswirkung das Steuer- und Bilanzrecht auf Entscheidungen des Arbeitgebers in Sachen bAV hat.“

 

Die Problematik der steigenden Pensionsverpflichtungen infolge der Niedrigzinsphase gewinnt seit Monaten ständig an Brisanz. Auch in der letzten LbAV-Presseschau wurde über einen größeren Beitrag auf ard.de berichtet, in dem unter Hinzuziehung mehrerer Pensionsberater die Gefahr einer Pleitewelle thematisiert wurde, die gar in einer mögliche Instabilität des PSV münden könnte.

 

In besagter Presseschau kommentierte Leiter-bAV.de erneut, dass die Bundesregierung – sei es der 17b des BMAS oder die kommende BMF-Studie zur bAV – sich schon in Kürze möglicherweise wird notfallmäßig mit anderen, drängenderen Fragen beschäftigen müssen als mit der Verbreitung der bAV – nämlich mit der Anpassung der Bilanzierungsvorschriften für Pensionsverbindlichkeiten und möglicherweise sogar mit der Liberalisierung von Rentenkürzungen, vielleicht sogar bei schon laufenden Versorgungen.

 

Zuletzt hatte auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) eine Angleichung von Handels- und Steuerrecht gefordert. Nach einer Auswertung von über 9.000 Unternehmensbefragungen erklärte der DIHK, es könne nicht sein, dass Pensionsrückstellungen wie Erträge versteuert werden müssten, obwohl gar kein Gewinn angefallen sei.

 

Anmerkung der Redaktion:

Die Antwort des BMF auf die Kleine Anfrage der Grünen ist derzeit noch nicht online verfügbar. Weitere Details zu der Antwort des BMF folgen auf Leiter-bAV.de. Dann wird auch geklärt sein, warum Fragesteller und Antwortgeber sich auf den Paragrafen 6 Absatz 1 Nummer 3a Buchstabe e EStG beziehen und nicht auf den Paragrafen 6a EStG, obwohl zumindest der Fragesteller wohl diesen gemeint haben dürfte.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

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