Unregelmäßig freitags bringt PENSIONS●INDUSTRIES eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Neues von den Berliner Zahnärzten, neuer Name für die Frühstartrente, Bas hat die Lacher auf ihrer Seite, schützen Sie Ihre biometrischen Daten – und wer jetzt für immer das Etikett Windbeutel führen darf.
Versicherungsbote (26. November): „Feigenblatt Frühstartrente?“
Die Frühstartrente – immer noch weit entfernt von jeder Realitätswerdung – ist ohnehin ein Tropfen auf den heißen Renten-Stein. Nun gibt hier ein Kommentator ein Update, und offenbar soll es zu weiteren Kürzungen bei dem Mini-Projekt kommen.
Dabei ist das Projekt – ungeachtet seiner Winzigkeit und der Tatsache, dass es Jahrzehnte zu spät kommt – für Deutschland als hier zurückgebliebene Nation wenigstens ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, vorsorgepolitisch (Stichwort Real Asset-Vorsorge), aber auch industriepolitisch (Stichwort Asset Ownership).
Nochmal: Eigentlich sollte jeder Bürger dieses Landes mit der Geburt automatisch und von Rechts wegen ein 401(k)-Depot erhalten. Und mit dem ersten Job auto enrolled eine garantiefreie DC-pure-bAV. Investmenteigentum muss in diesem Land so selbstverständlich werden wie Kindergarten, Einschulung und Führerschein.
Nur: Bei der Frühstartrente muss dringend ein anderer Name gefunden werden. Notfalls darf man auch keine Berührungsängste mit Anglizismen haben, so ist diese Welt nunmal, also bspw. etwas gestalten aus Termini wie FlexStart, MyFirst, PensionUp, FirstBoost, Jump, MyFreedom, NextGen, FutureWallet, MyWay, SafeStart, GenZ, StartNow … ggf. auch Akronyme wie MamPe (Me and my Pension).
„Komme keiner am Ende mit „Merz-Rente“!
Man kann junge Menschen NICHT mit etwas konfrontieren, das allen ernstes „Frühstartrente“ heißt. Und komme keiner am Ende mit „Merz-Rente“! Dann ist wirklich alles aus. Jeder, der den Terminus „Merz-Rente“ ins Spiel bringt, soll für immer in der Pensionshölle schmoren!

Am Rande: Für das weiland geplante Altersvorsorgedepot hatte Kassandra bekanntlich einen guten, aber leider un-erhörten Vorschlag gemacht.
Der Tagesspiegel (25. November): „‘Das ist nicht lustig’: Bas löst mit Satz zur Renten-Haltelinie Gelächter aus.“
Doch. Ist lustig. Und erinnert in seiner Komik an den längst vergessenen Francois-„das-kostet-nichts,-das-zahlt-der-Staat“-Hollande.

Jedoch: Bei aller Lächerlichkeit der Aussage hat Bas rein technisch nicht mal unrecht. Eine Torheit ist die Aussage gleichwohl: Erstens ist die Schnittmenge zwischen Beitragszahlern (AN und AG) und Steuerzahlern groß, und zweitens geht es natürlich völlig an der Sache vorbei, mitten in einer heißen Diskussion um die Nachhaltigkeit (eher: Nicht-Nachhaltigkeit) der GRV auf höhere Steuerzuschüsse zu verweisen. Insofern erinnert der Bas’sche Fehltritt an Robert Habecks unvergessenes Gerede über Bäcker und ihre Nicht-Insolvenzen: technisch nicht falsch, aber politisch und fachlich völlig abseitig.
Die Welt (27. November): „‘Dieses Geld ist weg’ – So verzockte das Versorgungswerk die Altersvorsorge der Zahnärzte.“
Die Welt bleibt weiter dran bei dem Drama um das Versorgungswerk der Berliner Zahnärzte (Kassandra hatte das Thema in ihrem Kielwasser aufgegriffen und sich prompt als neue Aufsicht für die Berliner Versorgungswerk in Spiel gebracht – bisher übrigens unerhört).

Hier gestern in der Welt jetzt jedenfalls neue Daten und Fakten: Mittlerweile ist von einem Schaden von 500 Mio. Euro die Rede, perspektivisch könnten es 1 Mrd. werden, laut Welt wäre dann die Hälfte des Kampfgewichtes des Versorgungswerkes perdu. Noch mal zur Erinnerung: Es handelt sich um eine Pflichtversicherung.
In den Leser-Kommentaren spekuliert ein User übrigens darüber, dass der Schaden am Ende beim Steuerzahler hängen bleiben könnte (Klage wegen mangelnder Aufsicht, außerdem Freiberufler-Solidarität zwischen Richtern und Zahnärzten). Auch eine wunderbare Perspektive.
Die ganze Entwicklung ist umso bedauerlicher, als dass die bVW zu dem kleinen Ausschnitt im System der deutschen Altersvorsorge gehören, die eine echte Kapitaldeckung haben – die damit diskreditiert wird. Und das nicht, weil es hier Verluste bis zur Schieflage gibt (denn so etwas hat auch mit 10 Jahren politisch induziertem Niedrigzins zu tun). Sondern weil man in Berlin offenbar trotz der großen Summen besonders stümperhaft vorgegangen ist.
Die Welt (26. November): „Italien: Sohn verkleidet sich als seine 85-jährige Mutter, um weiter ihre Rente zu kassieren.“
Möglicherweise eine Strategie auch in Deutschland, um den Flaschenpfand zu entgehen? Im ernst, solche Fälle gibt es auch in hierzulande immer wieder, und das nicht zu knapp, wie der Stern hier berichtet, landestypisch offenbar auch noch garniert mit erklecklichen Gesetzeslücken. Auch EbAV könnten hier zu den Opfern gehören: Wer die gesetzliche Rente unrechtmäßig weiter kassiert, macht dies zweifelsohne bei eventuell vorhandenen Zusatzrenten aller Art gleich mit.
Wie dem auch sei, einen interessanten Beitrag zu dem Welt-Beitrag liefert ein Leserkommentar:
„Solche Fälle sind gar nicht so selten, gerade in wirtschaftlich schwachen Regionen. Man hat das schon als einen Grund dafür ausgemacht, warum ausgerechnet in manch abgehängter mediterraner Region besonders viele Hundertjährige leben.“
Heißt das, die mediterrane Küche ist gar nicht lebensverlängernd?
Die Welt (25. November): „Mitten im Rentenstreit wird der ‚engagierte Ruhestand‘ verlängert.“
Beamte des Postnachfolgebereichs können nun bis Ende 2026 weiterhin auf Antrag mit 55 abschlagsfrei in den Ruhestand gehen. Die Regelung gibt es seit 2006, war mehrmals befristet und immer wieder verlängert worden. Einzig: Die glücklichen Beamten müssen innerhalb von drei Jahren nach Eintritt in den Ruhestand 1.000 Stunden ehrenamtliches Engagement leisten.
Auch das passt wunderbar zur gegenwärtigen Rentendiskussion – aber die Koalition kann aufatmen: Praktisch nur die Welt hat über diesen Handstreich des Gesetzgebers berichtet.
BMF (im Januar 2025): „Wie Alterseinkünfte besteuert werden.“
Das BMF hat eine Broschüre veröffentlicht, um den Menschen im Lande darzulegen, wie Alterseinkünfte besteuert werden. Wer nun glaubt, dass er dort gemäß dem Titel irgendetwas findet, was die Grenze des Debilen substantiell überschreitet, wird allerdings enttäuscht.
Gut, nicht jeder alte Mensch ist ein Steuerexperte, aber es sind längst auch nicht alle senil und dumm, im Gegenteil. Doch das, was diese Broschüre hier liefert, wäre geeignet, als Inhaltsverzeichnis einer entsprechenden Broschüre, die eine solchen Titel führt, zu dienen – aber nicht als Content. BMF, setzten 6!
OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN
FAZ (24. November): „Windbeutel Weimer.“
Ist das nicht lustig? Am vergangenen Montag früh schrieb die hellseherische Kassandra, dass Kulturstaatsminister Weimer nicht nur wie seit jeher im linken Lager, sondern mittlerweile auch im konservativen Lager – durch seine Anbiederei bei den Linken als auch durch sein Geschäftsgebaren – völlig erledigt ist. Und wie tituliert ihn ausgerechnet die FAZ, nach wie vor eines der Leib- und Magenblätter des konservativen Lagers in Deutschland, nur wenige Stunden später: als Windbeutel! Mehr geht kaum noch, und dieser Spottname wird an ihm haften bleiben – für immer. Den Windbeutel wird er nicht mehr los.
Gleichwohl: Stand heute ist Weimer immer noch im Amt, das mediale Interesse ist bereits abgeflaut – allerdings weiß man nie, welche Medien noch welche Trümpfe im Ärmel haben. Normalerweise spielen Medien ihre Informationen immer erst sukzessive aus.
Jedenfalls: Auch wenn Bayern-MP Söder gestern nochmal nachgelegt hat, kann Weimer sich Stand heute ein wenig in Sicherheit wähnen. Aber wofür denn noch? Er ist und bleibt in beiden Lagern und damit in der deutschen Öffentlichkeit erledigt. Kassandras Rat sei wiederholt: zurücktreten, aus der Öffentlichkeit zurückziehen, hoffen, dass es keine weitere Enthüllungen oder gar Ermittlungen (auch betreffend der an diesem Treffen teilnehmenden Politikern und deren eventueller Vergütungen/KickBacks) gibt und mit seinem Geld versuchen, ein paar gute Jahre zu haben.
Der Spiegel (13. August): „Ausweisdaten Zehntausender Reisender in Italien gestohlen.“
Eine Meldung, die wenig aufregt. Daten gestohlen? Kommt doch alle Tage irgendwo vor, oder? Das ist doch nichts besonderes, oder? Nein, aber prekär ist das durchaus. Warum?
Wir in der bAV kennen ausufernde Regulatorik, Bürokratie, Kontroll- und Dokumentationspflichten nur zu gut – und ebenso die Mahnungen der Aufsicht, doch bei der IT Sicherheit bitte immer schön auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Letzteres ist, wenn man nicht gerade ein TechUnternehmen ist, nahezu unmöglich.
Hier ein Beispiel aus einer anderen Branche, das Hotelwesen: Zehntausende hochauflösende Scans der Ausweispapiere von Gästen sind gehackt und entwendet worden und stehen nun im Internet zum Kauf. Man kann sich leicht vorstellen, welche Folgen ein Missbrauch der Papiere durch Kriminelle für die einzelnen Betroffenen haben kann; und das sind keineswegs nur finanzielle. Stellen Sie sich kurz vor, ihre Ausweisdaten werden im Darknet in Zusammenhang mit illegalen Waffen-, Pornographie-, Drogengeschäften oder sonst was benutzt. Spätestens bei der nächsten US-Einreise werden Sie die Folgen zu spüren bekommen.
„Die sichersten Daten sind die, die gar nicht erst erhoben und gespeichert werden.“
Hintergrund hier in der Italien-Sache ist aber nicht, dass die Gäste zum Spaß ihre Ausweise scannen lassen und die Hotels das zum Spaß tun – sondern ein Gesetz. Doch auch Hotels oder ganze Hotelketten dürften, wenn sie an professionelle Hacker geraten, einen Diebstahl kaum verhindern können.
Ein wichtiger, vielleicht der zentrale Baustein jeder IT-Sicherheit sollte auch in den Ministerien dieser Welt endlich mal verstanden werden: Je weniger Daten erhoben werden, desto weniger Daten können entwendet und missbraucht werden. Die sichersten Daten sind die, die gar nicht erst erhoben und gespeichert werden. Fazit zur Lage in der EU: Kontrolle ist befohlen, obwohl niemand die Kontrolle unter Kontrolle haben kann.
Aber, ach vergebens. Das ganze hier erinnert ein bisschen an den größten lebenden deutschen Philosophen, Dieter Bohlen, der weiland sinngemäß die große Kernaufgabe der Moderne adressiert haben soll: „Erkläre mal einem Dummen, dass er dumm ist.“ So ähnlich verhält es sich hier: „Erkläre mal einem Regulator, dass weniger Dokumentation mehr ist.“
Noch am Rande: Hier ging es nur um Personalausweise. Ärgerlich genug, aber die kann man als ungültig registrieren lassen und mit neuer Nummer neu ausstellen. Genauso kann man gestohlene Passwörter sperren und ändern. Noch mal witziger wird das Ganze aber, wenn nicht Papiere und Passwörter, sondern biometrische Daten im Spiel sind. Wenn bspw. Ihr Fingerabdruck oder Ihre Face-ID irgendwo gespeichert wird und diese Daten dann gehackt und im Darknet gehandelt und für alles mögliche verwendet werden, dann herzlichen Glückwunsch. Das wird Sie Ihr ganzes Leben lang verfolgen, denn dort ändern Sie nichts mehr. Also immer Augen auf, wo Sie ihre biometrischen Daten hinterlassen. Am besten gar nicht.
Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.


























