… zwischen dem „ob“ und dem „wie“: Ziel der Mitbestimmung ist, dass die bAV nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale und versorgungstechnische Belange der Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt. Darüber kann sich durch gemeinsame Entscheidungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ein entsprechendes Vertrauensverhältnis entwickeln. Anja Sprick beleuchtet die rechtlichen Voraussetzungen sowie die formalen Aspekte.
Rechtliche Grundlagen

Die bAV gehört zu den sozialen Angelegenheiten eines Betriebes. Gesetzliche Grundlage für die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates ist das Betriebsverfassungsgesetz (§§ 87, 88 BetrVG). Bei den Regelungen des § 87 BetrVG handelt es sich um die sogenannten erzwingbaren Mitbestimmungsrechte. Aus dem Katalog des § 87 BetrVG kommen für die bAV, die auch Entgeltcharakter hat, die Nr. 8 (Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen) und die Nr. 10 (Fragen der betrieblichen Lohngestaltung) in Betracht.
Gegenstand der Mitbestimmung
Doch nicht alle bei einer bAV bedeutsamen Aspekte unterliegen der Mitbestimmung. Nach der BAG-Rechtsprechung sind insb. folgende Bereiche mitbestimmungsfrei:
• Entscheidung über die Einführung und Schließung eines Versorgungswerkes mit arbeitgeberfinanzierter Versorgung.
• Erstmalige Festlegung des Dotierungsrahmens.
• Wahl des Durchführungsweges (bei einer arbeitgeberfinanzierten Versorgung).
• Abgrenzung des Kreises der Begünstigten.
Als Faustformel kann man festhalten, dass das „ob“ und die damit zusammenhängenden Fragen zur bAV mitbestimmungsfrei sind. Dagegen unterliegt das „wie”, also die inhaltliche Ausgestaltung der Versorgungsordnung in der Regel der erzwingbaren Mitbestimmung.
Einschränkung der Mitbestimmung durch Gesetz/Tarifvertrag
Ferner regelt das BetrVG aber auch, dass die erzwingbaren Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nur insoweit durchgesetzt werden können, als dass keine gesetzlichen oder tariflichen Regelungen bestehen, die die Sache schon regeln (§ 87 Abs. 1 S. 1 BetrVG).
„Die erzwingbaren Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates sind daher insoweit begrenzt, als Tarifverträge schon umfassend die bAV regeln.“
Im Bereich der bAV gibt es das Betriebsrentengesetz, welches die Arbeitnehmer schützt. Zudem gibt es viele tarifvertragliche Regelungen, die die bAV regeln, so bspw. in der Metall- und Elektroindustrie, in der Chemieindustrie, im öffentlichen Dienst etc.. Die erzwingbaren Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates sind daher insoweit begrenzt, als Tarifverträge schon umfassend die bAV regeln.
Öffnungsklauseln und freiwillige Betriebsvereinbarungen
Viele Tarifverträge, auch die beispielhaft zuvor Genannten, regeln nicht alle Detailfragen der bAV. Sie enthalten vielmehr Öffnungsklauseln, die es den Betrieben ermöglichen, von den tariflichen Regelungen abzuweichen, diese zu ergänzen oder auszufüllen und eigene Betriebsvereinbarungen zu treffen. Diese Klauseln sind oft dazu gedacht, den spezifischen Bedürfnissen und Gegebenheiten eines Unternehmens Rechnung zu tragen, während gleichzeitig die grundlegenden Standards des Tarifvertrags gewahrt bleiben.
In diesem Zusammenhang kommt den freiwilligen Betriebsvereinbarungen eine große Bedeutung in der bAV zu (§ 88 Abs. 2 BetrVG).
Die Abweichungen von den tariflichen Vorgaben können in folgenden Bereichen erfolgen:
• Inhaltliche Anpassungen: Betriebe dürfen spezifische Regelungen zur bAV treffen, indem sie bspw. die Versorgungsform, die Höhe der Beiträge oder die Ausgestaltung der Leistungen wählen können.
• Finanzierung: Es kann von den in den Tarifverträgen festgelegten Beitragssätzen abgewichen werden, um eine flexiblere Finanzierung der bAV zu ermöglichen. Dies könnte bspw. eine Anpassung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge beinhalten.
• Modularität: Unternehmen dürfen flexible und modulare Systeme zur bAV entwickeln, die den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen verschiedene Optionen und Wahlmöglichkeiten bieten, solange sie innerhalb der durch die Öffnungsklausel gesetzten Grenzen bleiben. So können die MA oft aus verschiedenen Anlagestrategien oder -fonds wählen, um ihre bAV nach ihren individuellen Risikopräferenzen und Renditeerwartungen zu gestalten.
• Anpassung an betriebliche Gegebenheiten: Die Abweichungen können auch darauf abzielen, auf besondere betriebliche oder wirtschaftliche Gegebenheiten zu reagieren, um die Attraktivität der bAV für die MA zu erhöhen.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Abweichungen nicht willkürlich sind und im Rahmen der tariflichen Vorgaben bleiben müssen. Durch entsprechende Betriebsvereinbarungen wird so sichergestellt, dass die Interessen der MA gewahrt bleiben. Die genauen Möglichkeiten und Grenzen variieren je nach Tarifvertrag und müssen im Einzelfall geprüft werden. Betriebsräte können zusammen mit den Unternehmen prüfen, welche Möglichkeiten und Grenzen sich aus den jeweiligen Tarifverträgen und den Öffnungsklauseln ergeben.
Zudem gibt es auch zahlreiche Betriebe, die keiner tarifvertraglichen Regelung unterliegen. Auch hier spielen die freiwilligen Betriebsvereinbarungen eine große Rolle. Sowohl Arbeitgeber als auch Betriebsräte können hier zusammen gestaltend tätig werden. Das erhöht letztendlich die Akzeptanz in der Belegschaft und schafft mehr Vertrauen in die Regelungen.
Das Informationsrecht und das Initiativrecht des Betriebsrates
Im Übrigen darf ein Arbeitgeber bei mitbestimmungspflichtigen Sachverhalten den Betriebsrat ohnehin nicht im Unklaren lassen. Vielmehr hat er den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über die Einführung oder beabsichtigte Änderungen an einer bAV zu informieren (vgl. § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG).
Ferner ist zu berücksichtigen, dass im Bereich der bAV dem Betriebsrat bei der Änderung bestehender Versorgungsregelungen ein sogenanntes Initiativrecht zusteht, soweit erzwingbare Mitbestimmungsrechte betroffen sind. Er kann also selbst Vorschläge unterbreiten und versuchen, diese im Zweifel mit Hilfe der Einigungsstelle herbeizuführen (§ 87 Abs. 2 BetrVG). Auch vor diesem Hintergrund dürfte es aus Sicht der Arbeitgeber ratsam sein, nach einem gemeinschaftlichen Handeln der Betriebsparteien zu streben.
Fazit
In der bAV sind die erzwingbaren Mitbestimmungsrechte durch bereits bestehende Arbeitnehmerschutzgesetze wie das Betriebsrentengesetz oder auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und tarifliche Regelungen stark eingeschränkt.
Allerdings lassen viele Tarifverträge Spielraum für ergänzende oder abweichende betriebliche Regelungen. Hier kommt den freiwilligen Betriebsvereinbarungen eine bedeutende Rolle zu. Der Betriebsrat kann dabei aktiv an der Gestaltung der bAV mitwirken. Dies kann unter anderem die Auswahl der Versorgungsmodelle, die Höhe der Beiträge und die Bedingungen für den Bezug der Versorgungsleistungen betreffen.
Durch die Mitbestimmung können Arbeitgeber und Betriebsrat sicherstellen, dass die Interessen der Arbeitnehmer bei der Planung und Umsetzung der Altersversorgung umfassend berücksichtigt werden. Dies kann dazu beitragen, dass die Altersversorgung fair und angemessen gestaltet ist. Indem der Betriebsrat Informationen über die bAV an die MA weitergeben und sie beraten kann, fördert dies ebenfalls die Transparenz und ermöglicht es den MA, informierte Entscheidungen über ihre Altersvorsorge zu treffen.
Die Autorin ist Justiziarin Recht und Steuern der Longial in Düsseldorf.
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