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PSV-Mitgliederversammlung 2023:

Zwei offene Baustellen …

zwei Mal Regulierung bitte: Die Insolvenzsicherung der deutschen bAV gibt sich auch zur Jahresmitte weiterhin unspektakulär, der Ausblick auf den Beitragssatz 2023 Stand heute auch. Alles in Butter also am Rhein? Nein. Denn es gibt zwei Themen abseits des akuten Insolvenzgeschehens, die den Verein durchaus pressieren.

Liebe Leserschaft, zumindest wenn es nach den Daten des Pension-Sicherungs-Vereins aG und seiner Perspektive geht, ist die Lage in Deutschland alles andere als so prekär, wie Ihnen eine gewisse Kassandra regelmäßig freitags an dieser Stelle Glauben machen will.

Jedenfalls konnten die Vereinsvorstände auf ihrer Mitgliederversammlung am Montag in Köln unter Leitung des Aufsichtsratsvorsitzenden Ingo Kramer angesichts der Lage bemerkenswerte Zahlen vermelden:

Da ist zum einen das milde Insolvenzgeschehen 2022 (das gegenüber der Öffentlichkeit schon im April kommuniziert worden war, als der Verein seinen Geschäftsbericht 2022 für sein 48. Geschäftsjahr veröffentlicht hatte).

Zum anderen der Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr, und auch hier bestätigt sich bis dato der vorsichtige Optimismus des Vereins vom April weiter:

Marko Brambach, Vorstand PSV.

Zwar hat sich laut PSV im HJ. I 2023 das Schadenvolumen im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöht. Doch ungeachtet dieses Anstiegs registriert man in Köln bislang kein schadenreiches, sondern – relativ zu den letzten Jahrzehnten – ein Jahr mit einem durchschnittlichen Schadenvolumen. Für die Kapitalanlagen sieht man dabei das Marktumfeld weiter herausfordernd.

Für die wirtschaftliche Entwicklung im zweiten Halbjahr wollen die qua Amt stets vorsichtigen Vorstände insb. angesichts von Krieg in der Ukraine, der immer noch hohen, wenn auch rückläufigen Inflation und der Anzeichen einer Rezession keine verlässlichen Prognosen abgeben. Jedoch schreiben sie:

Nach aktuellem Kenntnisstand wird der im November festzusetzende Beitragssatz für 2023 voraussichtlich im Bereich des Mittelwertes der letzten zehn Jahre (2,0 Promille) liegen.“

Übrigens vermeldet der Verein Anzeichen, dass noch nicht alle Trägerunternehmen von Pensionskassen ihrer Meldepflicht beim PSV nachgekommen sind. Aktuell stehe man im Austausch mit den Kassen, um diese Träger zu ermitteln und rückwirkend in die Melde- und Beitragspflicht einzubeziehen, so die Kölner. Frühe Erfahrungen in der Praxis mit der noch jungen Insolvenzsicherungspflicht der PK-Zusagen sind jüngst vom Verein erst auf LEITERbAV dokumentiert worden.

Das alles heißt nicht, dass die deutsche Pensions-Insolvenzsicherung nicht vor Herausforderungen stünde, im Gegenteil. Nicht nur, dass die Rezession doch noch jederzeit z.B. mit plötzlichen Großschäden zuschlagen könnte. Nicht minder prekär regulatorische Defizite – aber ohne, dass es hier zu gegenwärtigen Verwerfungen gekommen wäre:

Derzeit kaum Unternehmenssanierung auf Kosten des PSV

Überraschende Verbesserung gibt es auf einem an sich prekären Feld: Der PSV hatte in den vergangenen Mitgliederversammlungen immer wieder auf Fälle hingewiesen, bei denen angesichts einer unternehmerischen Schieflage versucht wurde, sich der bAV auf Kosten der Mitglieder des PSV zu entledigen und entgegen der gesetzlichen Systematik (Besserungsklausel) auch bei einer nachhaltigen Besserung der Verhältnisse die bAV nicht wieder zu übernehmen.

Das Problem scheint zumindest derzeit nicht virulent: Der PSV musste 2022 ein solches Vorgehen kaum mehr beobachten. In 21 Fällen wurden Lösungen zur vollständigen Rücknahme der Verpflichtungen aus der bAV gefunden. Jedoch fordern die Vorstände trotz dieser Entwicklung den Gesetzgeber weiter auf, „die bisher unzureichende insolvenzrechtliche Verankerung und Justiziabilität der Besserungsklausel weiter zu verfolgen und das Erfordernis klarer im Gesetz zu verankern.“

Deshalb hat der PSV nun im Zuge des BMAS-Fachdialogs einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, um prozessualen Rechtsschutz für den Fall zu ermöglichen, dass ein Insolvenzplan keine Besserungsklausel vorsieht.

Rentnergesellschaften: unsymmetrische Risiko-Chancen-Verteilung

Benedikt Köster, PSV.

Außerdem richtet der Verein sein Augenmerk im Zuge seiner Mitgliederversammlung auf das Thema Rentnergesellschaft samt anschließendem Verkauf an einen kommerziellen Anbieter.

Der PSV ist nicht unmittelbar von solchen Unternehmenstransaktionen betroffen. Allerdings sieht man natürlich die Veränderung der Risiken, die der PSV absichert, durch die Bildung und Übernahme von Rentnergesellschaften.

Für problematisch hält man in Köln eine unsymmetrische Risiko-Chancen-Verteilung zwischen dem Übernehmer und dem PSV. Dies gelte insb., wenn Überrenditen im Fokus des Anbieters stehen. Der Verein schreibt:

Der PSVaG trägt letztlich die wesentlichen Risiken der Kapitalanlage, während die Kapitalanlagegesellschaft (der Anbieter) von den Chancen profitiert. Daher setzt sich der PSVaG für eine Etablierung wirtschaftlich nachhaltiger Standards bei diesen Unternehmenstransaktionen ein. Sollte sich herausstellen, dass der PSVaG einseitig mit Risiken belastet wird, ist eine stärkere Regulierung solcher Unternehmenstransaktionen durch den Gesetzgeber erforderlich.“

Bisschen Bewegung

Ein bisschen gab es in Köln auch Parkett in Bewegung: Mit Ablauf der Mitgliederversammlung sind Janina Kugel und Richard Nicka aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden.

Neu in den Aufsichtsrat gewählt wurden Susanna Adelhardt, Total Rewards – Head of Benefits, HR Business Management der Evonik Industries AG, und Claus-Christian Gleimann, Senior Vice President Group HR/Executive HR der E.ON SE.

Und schließlich etwas Komfort: Mitte August startet das neue PSV-Mitgliederportal auf der Homepage desVereins. Das Portal soll den Mitgliedern als sicherer Kommunikationsweg dienen und stellt im ersten Schritt die bekannten Online-Formulare, Merkblätter sowie einen Newsticker zur Verfügung. In weiteren Ausbaustufen werden Funktionen in den Bereichen Auskunft und Self-Service folgen, verspricht der PSV.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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