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Drei aktuelle Studien

Büros beyond bAV

Die bAV zeigt sich in den großen und mittleren Unternehmen robust, bekommt aber zunehmend Konkurrenz, denn Arbeitnehmer setzten auch auf andere Zusatzleistungen. Details neuer Studienzeigen, dass sich Arbeitgeber zur Mitarbeiterbindung inzwischen breiter aufstellen und weitere Formen der Wertschätzung anwenden. Doch dabei gibt es eine Zwickmühle, berichtet LbAV-Autor Detlef Pohl.

Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Das gilt auch für kreative Benefits. Deren Umfang gewinnt für die Fachkräftebindung weiter an Gewicht und reicht zum Teil bis hin zu einer neuen Wertschätzung von Büroarbeitsplätzen. Denn: Büroimmobilien üben nach Ansicht von Büroangestellten offenbar einen starken Einfluss auf ihr Arbeitsleben, ihre Umwelt und Lebensqualität sowie zuweilen gar auf ihre persönlichen Finanzen aus, zeigt eine Studie von Swiss Life Asset Managers in Deutschland und der Technischen Universität Darmstadt, für die Ende 2022 rund 1.000 Büronutzer in ganz Deutschland befragt wurden.

Der Einfluss auf das Arbeitsleben sei besonders stark, sagen 75% der Nutzer. Eine wichtige Rolle für die Umwelt und Lebensqualität attestieren 38% der Angestellten mit Blick auf die Immobilie. Für die persönlichen Finanzen wird der Einfluss hingegen gering wahrgenommen, erreicht mit 19% aber auch einen erwähnenswerten Wert.Quelle: SLAM. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Holger Matheis, Swiss Life Asset Managers.

„Über das Büro der Zukunft wird in Fachkreisen viel und oft gesprochen, jedoch kommen die Endnutzer, die tatsächlich auf den Flächen arbeiten, nur selten zu Wort, daher schließt unsere Studie genau diese Lücke“, sagt Holger Matheis, CEO von Swiss Life Asset Managers in Deutschland. „Die Ansprüche an Büroimmobilien bewegen sich zunehmend im Interessenkonflikt zwischen drei Perspektiven: der Ankerfunktion für die Volkswirtschaft und ihre Rolle für die Vermögensbildung privater Haushalte, dem Erreichen der Klimaschutzziele sowie der Rolle als attraktiver Arbeitsort, wo einen Großteil der Lebenszeit verbracht wird“, fasst Prof. Andreas Pfnür von der TU Darmstadt zusammen.

Büroimmobilie als Arbeitsplatz: einer unter vielen

Zwar äußerten sich 73% der Befragten positiv über den Arbeitsplatz in ihrem Unternehmen – doch setzen die mit den Lockdowns massenhaft gemachten Erfahrungen durch das Homeoffice neue Maßstäbe an die Qualität.

 

 

Niemand kehrt nach der Pandemie

zurück in schlechte Büros.“

 

 

So geben 54% an, dass das Büro für sie nur noch ein Arbeitsplatz unter vielen ist. Wenn sie Zeit im Büro verbringen, dann erwarten Büroangestellte, dass der Arbeitsplatz maximalen Nutzen bietet (88%). „Niemand kehrt nach der Pandemie zurück in schlechte Büros“, sagt Martin Höcker, der Studienleiter der TU Darmstadt. Im Homeoffice arbeiten die Befragten lieber (43%) als im Büro (37%), fühlen sich insgesamt etwas zufriedener mit ihrem Arbeitsplatz (41% zu 39%) und sich wohler als im Büro (47% zu 33%).

Auch nach Coworking-Flächen wurde gefragt: 16% schätzen ihre Produktivität dort größer ein als im klassischen Büro. Ein derart großer Bedarf an Coworking-Flächen kann vom aktuellen Angebot nicht abgedeckt werden. „Daher sollten Immobilienunternehmen und Büromieter entsprechende Flächen auch in ihre herkömmlichen Büros integrieren“, rät Pfnür. Es müssten nicht weniger, sondern bessere Büroflächen angeboten werden.

Wirkung auf die Altersvorsorge

All das hat (un-)mittelbar auch Einfluss auf die Altersvorsorge, denn 2022 belief sich der Gesamtwert aller Büroimmobilien in Deutschland gemäß Berechnung der TU Darmstadt auf etwa 1,3 Bio. Euro.

„Privatanleger sind dort über offene Immobilienfonds, Versicherungen und Pensionskassen umfangreich investiert. „Wenn sich politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen positiv oder negativ auf Büroimmobilien auswirken, betrifft das viele Menschen in Deutschland auch finanziell äußerst konkret“, sagt Pfnür.

bAV und alle Benefits eint das Ziel …

Wenn Arbeitgeber mit angenehmen Arbeitsplätzen ihrem Personal etwas bieten wollen, dann hier der Brückenschlag zu Zusatzleistungen insgesamt:

Nicoletta Blaschke, WTW.

Bei jeglichen Benefits steht für 85% der Unternehmen die Gewinnung und Bindung von Fachkräften im Fokus. Neben dem „War of Talents“ würden Benefits auch von flexiblen Arbeitsregelungen (56%) und steigendem Kostendruck (35%) getrieben. Das zeigt die Benefits-Trends-Studie des HR- und Risikoberaters WTW, der im März über 5.200 Unternehmen in 95 Ländern zu ihrer Benefits-Strategie befragt hat (Status-quo, Effizienz, Ausrichtung und Planung für die kommenden zwei Jahre), darunter 100 Unternehmen mit insgesamt rund einer Millionen Mitarbeitern in Deutschland.

doch scheint die Wirkung überschaubar

Die angespannte Wirtschaftslage bringt Unternehmen laut WTW in eine schwierige Position. Einerseits müssten sie Kosten sparen, andererseits möchten sie ihr Benefits-Angebot weiterentwickeln, um Talente zu gewinnen und zu halten.

Casimir v. Moltke, WTW.

Doch diese Zwickmühle ist das eine. Der Nutzen das andere: Immerhin 58% der international befragten Firmen sehen eine nur geringe Effektivität ihre aktuellen Benefits-Strategie.

Bei der Optimierung des Benefits-Angebots setzen Unternehmen vor allem auf Programme, die flexible Arbeitsregelungen (66%) sowie die Entwicklung und Karriere (46%) ihrer Mitarbeiter fördern. Für 38% der international befragten Arbeitgeber sei auch die Altersvorsorge ein wichtiger Aspekt. Über die Hälfte (53%) will flexiblere Arbeitsregelungen als die Konkurrenz bieten.

Ein deutsches Beispiel von vielen hier auf LbAV im Laufe der Jahre vorgestellten: Der Düsseldorfer Henkel-Konzern führte für seine tariflich Beschäftigten 2021 ein modernes, flexibles und voll digitales Benefits-System ein.

Deutsche Arbeitgeber beweglich …

Einen fokussierteren Blick auf Deutschland gibt die Studie Benchmark „Benefits und Employer Branding“ der HR-Strategieberatung Lurse, zuletzt im Dezember 2022 erschienen. Sie wird alle drei Jahre herausgegeben (s. 2019/2020 hier).

Elke Tausch, Lurse.

Darin gibt es eine Übersicht der gefragtesten Zusatzleistungen von 59 deutschen Unternehmen aller Größenklassen, auch solche nicht-monetärer Art. „Unternehmen werden zunehmend kreativ, wenn es um Benefits für ihre Mitarbeiter geht“, hat Studienautorin Elke Tausch, Senior Consultant bei Lurse, seinerzeit beobachtet. Das reiche vom Ladeplatz fürs Elektroauto über ein Netflix- oder ein Spotify-Abo und Bezahlung eines Personal-Trainers bis zur Möglichkeit, im Auslands-Homeoffice zu arbeiten.

In Zeiten des Fachkräftemangels sind diversifizierte Formen der Wertschätzung besonders gefragt. Auch für Deutschland bestätigt sich: Nahezu alle befragten Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern flexible Arbeitszeitmodelle an. Dabei gehören Teilzeitarbeit (100% für Angestellte) sowie Homeoffice (100%) zum Standard. In 54% der Firmen können Angestellte anteilig, also mit einer festdefinierten Anzahl maximaler Tage, von zu Hause arbeiten. Die Benefits zu Urlaub/Arbeitszeitmodellen wurden im Vergleich zu anderen Bereichen in den letzten zwei Jahren am häufigsten ausgebaut, sagt Tausch.

und der bAV zugeneigt

Das heißt aber nicht, dass sie bislang Basics bei den Benefits vernachlässigen wollten. So wird 100% der Angestellten eine Betriebsrente angeboten, aber erst 96% aller Mitglieder der Geschäftsführung (2019: 88%).

Konkret zur bAV weist die Studie aus, dass 54% der Unternehmen eine Kombination von zwei Finanzierungsquellen bevorzugen (2019: 50%), etwa AG- und AN-Finanzierung oder AN-Finanzierung und Matching-Plan. Eine finanzielle AG-Beteiligung an der bAV bieten 63% für Angestellte und 67% für die Geschäftsführung. In Großunternehmen finden sich häufiger Matching-Pläne, in kleineren Firmen sind AN-finanzierte Modelle stärker vertreten.Quelle: Lurse. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Eine wichtige Zusatzleistung ist auch die Gehaltsfortzahlung bei Krankheit über die gesetzliche Sechs-Wochen-Frist hinaus. Da differenziert knapp ein Drittel der Unternehmen grundsätzlichen zwischen den Mitarbeitergruppen; bei Angestellten nach Dauer der Gehaltsfortzahlung (46%; 2019: 30%), zudem nach Dauer nach der Betriebszugehörigkeit (24%; 2019: 20%). Bei den Benefits zur Absicherung der Mitarbeiter ist neben bAV und Gehaltsfortzahlung auch die Unfallversicherung weit verbreitet (58% für alle Mitarbeiter). Rund 25% haben weitere Versicherungsangebote eingeführt (z.B. Pflege, BU, Krankenzusatz).

Aus Sicht der Unternehmen werden die Leistungen Homeoffice/Mobiles Arbeiten, bAV und Bike-Leasing als Top-Benefits angesehenen. In den Bereichen Mobilität, Urlaub/Arbeitszeitmodelle, Gesundheit und Absicherung ist laut Studie am meisten Bewegung hinsichtlich der Neueinführung oder Überarbeitung des Angebotes.

Zahlreich sind auch Rabatte für alle Mitarbeiter der Firma, allerdings konstatiert Lurse für den Bereich „Vergünstigungen“, dass Leistungen aus anderen Bereichen häufig als relevanter für die Belegschaft bzw. von der Belegschaft wahrgenommen werden.

Die Studie von Swiss Life Asset Managers und TU Darmstadt findet sich hier.

Die Studie von WTW kann hier angefordert werden.

Die Studie von Lurse kann hier angefordert werden.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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