Es war eine erste Beteiligung geplant und ausgehandelt, eine spätere Komplettübernahme avisiert – und dann war nach der Schockmeldung zu Jahresbeginn offenbar alles erstmal auf Hold! Doch jetzt macht der zentrale Akteur von damals gleich Nägel mit Köpfen.
Als im vergangenen August der Frankfurter Berater Lurse AG bekannt gab, bei dem Düsseldorfer bAV-Administrator Deutsche Pensions Group einzusteigen, hatte LEITERbAV diese Entwicklung begrüßt – weil sich im maßgeblich von großen US-Playern dominierten Markt der Pension Consultants zwei deutsche inhabergeführte Akteure gegenseitig verstärkten.
Doch dann kam der Januar 2019, und mit ihm die Meldung, dass die geschäftsführenden Gesellschafter der DPG tief in den Cum-Ex-Skandal verwickelt sein sollen. Die pensionsfernen Medien, die dies veröffentlichten, vorneweg der NDR und die Zeit, lehnten sich dabei weit aus dem Fenster und erwähnten die ihnen bis dato sicher völlig unbekannten GGF der DPG, Ulrich Mix und Detlev Haselmann, namentlich – was dafür spricht, dass sie sich ihrer Sache sehr sicher sein dürften. Aber: Weitere Berichterstattung zu dem Thema blieb bis dato augenscheinlich aus, so dass der Stand der Dinge in dieser Sache (zumindest der LbAV-Redaktion) unklar ist.
Nicht beirren lässt sich von alldem offenkundig die Lurse AG. Die hat nämlich zwischenzeitlich Nägel mit Köpfen gemacht und hat laut heutiger Bekanntgabe die DPG nun gleich komplett übernommen.
Mit breiter Brust
Das strategische Motiv der Lurse AG ist in Zeiten, in denen sich Niedrigzins, Kostendruck, Digitalisierung und ausufernde Regulierung v.a. im Bereich Informationspflichten paaren, unschwer zu erkennen: als HR-Strategieberatung mit Fokus auf Compensation, Pensions, Talent und Benefits mit der DPG einen Spezialisten für die digitale Verwaltung von Pensionszusagen, Versicherungsmathematik sowie Asset-Consulting zu übernehmen, dessen Fokus auf digitaler und hoch-automatisierter Infrastruktur liegt. Die Lurse AG formuliert dies gestern selbst folgendermaßen und nicht umambitioniert:
„Mit der Übernahme erschließt sich Lurse eine neue, führende Marktposition als ganzheitlicher Total-Compensation-Anbieter, der das gesamte Spektrum der Vergütungsberatung beherrscht, inklusive Digitalisierung und Berücksichtigung der kommunikativen Kundenanforderungen. Aus der Kombination HR-Strategieberatung, Pensionsverwaltung und deren Digitalisierung erlangt Lurse ein Alleinstellungsmerkmal im deutschen Markt, das selbst die großen internationalen Wettbewerber nicht beherrschen.“
Durch das Portfolio der DPG ergänze Lurse das Angebot vor allem in der digitalen bAV-Administration, so die Mitteilung weiter. Über 120 Mitarbeiter böten ab sofort eine umfassende, ganzheitliche Beratung und Dienstleistung in der bAV an. Um den nahtlosen Übergang von Consulting und Software in die Lurse AG zu gewährleisten, würden zwei ausgewiesene Fachleute der DPG, Otmar Stüpp und Stephan Döll, künftig als Partner für das kombinierte Unternehmen tätig sein und gemeinsam mit Matthias Edelmann, Managing Partner der Lurse AG, und Jürgen Neumann die Geschäftsführung übernehmen. All diese Namen finden sich bereits jetzt im Impressum der DPG, die von Mix und Haselmann dagegen nicht mehr. Auch die Mitteilung der Lurse AG erwähnt sie mit keinem Wort, und auch auf Nachfrage sind zu den beiden nicht mehr Informationen zu erhalten. Fest scheint nur zu stehen: Bei der DPG sind sie raus.
„Wir bieten nun ein umfassendes Beratungsangebot entlang der gesamten HR-Wertschöpfungskette und jetzt auch das modernste Angebot zur Digitalisierung der bAV. Unsere Kunden profitieren fortan von der Technologieführerschaft der DPG“, erklärt ein selbstbewusster Edelmann auch mit Blick auf die Internationalität des neuen Akteurs: „Die Administration von Kompensations- und Pensionsplänen macht vor nationalen Grenzen nicht Halt: Die DPG betreut anspruchsberechtigte Rentner in elf Sprachen und versendet Abrechnungen in 47 Länder.“ Gerade im Hinblick auf Großkonzerne mit hohem Anteil ausländischer Arbeitskräfte sei der länderübergreifende Ansatz im Kompensationsmanagement existenziell, so der Lurse-Chef weiter, und damit eröffneten sich auch neue Perspektiven für eine auf einem soliden Fundament basierte Expansion ins Ausland.
Zu dem Kaufpreis machten die beteiligten Akteure keine Angaben. Über die weitere Markenführung soll im Laufe der nächsten Monate entschieden werden.
Zu den beteiligten Unternehmen
Die Lurse AG mit Hauptsitz in Frankfurt ist eine HR-Strategieberatung mit Fokus auf Compensation, Pensions und Talents. Das knapp 30 Jahre alte Unternehmen beschäftigt heute an sechs Standorten in Deutschland und der Schweiz insgesamt über 70 Mitarbeiter.
Die Deutsche Pensions Group GmbH, Düsseldorf, hat ihren Schwerpunkt im Gegensatz zur Lurse in der digitalen bAV-Administration. Mit ihren fünf Tochtergesellschaften und selbst entwickelter Software bietet die DPG eine weitestgehend systemgestützte Administration betrieblicher Versorgungszusagen aller Art. Das beinhaltet auch die Bereiche Versicherungsmathematik, Abrechnungsservice, Finanz- und Risikomanagement und CTA-Treuhandmanagement und reicht von modularen Aufgaben bis zum vollständigen Outsourcing.