Unregelmäßig freitags bringt PENSIONS●INDUSTRIES eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Gesamtmetall-Chef mit kassandrischen Worten, Deutschland tief im Anachronismus, der Krieg hat viele Väter, der Frieden nur einen. Wer der letzte Bremser im Osten ist, wer Momentum hat wie Gold, wer Richtung mangelnde strategische Tiefe taumelt, aber trotzdem alles unter Kontrolle bringt – und: Ist dem Krug zu wohl, geht der Brunnen aufs Eis, bis der Esel bricht.
Gesamtmetall (14. Oktober): „Rücktritt: „Jeden Monat gehen 10.000 Industriearbeitsplätze flöten’.“
Stefan Wolf als Gesamtmetall-Präsident ist allen ein Begriff, die irgendwie mit der bAV in der deutschen Metallindustrie zu tun haben, besonders rund um die MetallRente. Nun tritt er zurück und betätigt sich zum Abschied als eine wahre Kassandra.
Es muss auch wirklich frustrierend sein, sich über zwei Jahrzehnte für dieses Land und seine Industrie – und damit seine Menschen – eingesetzt zu haben und dann abzutreten in einer Phase, in der (um im Duktus Wolfs zu bleiben) alles den Bach runtergeht.

Apropos Kassandra – angesichts des Abbaus und Abgangs bei der deutschen Industrie der Kröte wichtiges industriepolitisches Axiom nie vergessen: Was hier einmal weg ist, kommt nicht wieder.
Die Welt (16. Oktober): ‚„In der Industrie gehen seit Jahren Monat für Monat über 10.000 Jobs verloren’.“
Dies hier nur zu Bestätigung, dass Wolf mit der Schätzung seiner Größenordnung nicht allein ist. Dazu passt das Folgende:
Günzburger Zeitung (3. September): „Termin für Sprengung steht: Am 25. Oktober werden die AKW-Kühltürme Geschichte werden.“
Erst vor einer Woche war an dieser Stelle vom „industriellen Selbstmord“ die Rede, getriggert u.a. von den Folgen der Energiewende. Und in der Sache geht Kassandra der Stoff nicht aus:

Das Land, dessen Strompreise zu den höchsten der Welt zählen, das an einer massiven De-Industrialisierung, gepaart mit einer Multikrise, leidet, zelebriert regelrecht, dass seine Atomkraftwerke nicht stillgelegt, sondern restlos zerstört werden. Auch zu diesem Spirit kann man nur gratulieren. Nicht minder erheiternd das hier:
Handelsblatt (12. Oktober): „Zukunftsentscheid – Volksentscheid erzwingt strengere Klimaziele für Hamburg.“
In ihren „Abrechnung in zehn Akten“ mit der deutschen, steuergeld-finanzierten Infrastrukturoffensive hatte Kassandra neben der hausgemachten deutschen Energiekrise u.a. bemängelt, dass man als Investor hierzulande mit mangelnder Rechtssicherheit konfrontiert ist, da der Klimaschutz frisch ins Grundgesetz aufgenommen worden ist und genügend (fürstlich staatsfinanzierte) NGOs bereit stehen, jedes größere Infrastrukturprojekt mit Klagen durch alle Instanzen zu blockieren.
Mit der neulichen Neubesetzung des BVerfG hat die Problematik weiter Fahrt aufgenommen, und in Hamburg – einer der bedeutendsten Industriestandorte Deutschlands – meinte das Wohlvolk nun, noch einen obendrauf setzen zu müssen. Für deutsche Pensionsinvestoren kann immer wieder nur betont werden: dreimal überlegen, wo man illiquide investiert, und der anhaltende Anti Home Bias kommt nicht von ungefähr.
Wie sagt man so schön auf deutsch? Ist dem Krug zu wohl, geht der Brunnen aufs Eis, bis der Esel bricht. Und die Krokodile heulen dazu.
Aber immerhin: Es beweist einmal mehr, dass die Demokratie funktioniert und dass Wahlen und Abstimmungen echte Konsequenzen haben. Und auch, wenn es manche angesichts der geringen Wahlbeteiligung offenbar nicht begreifen wollen: dass auch Nichtwählen Wählen ist. Man kann in der Demokratie nicht nicht wählen. Das hat Hamburg deutlich gezeigt. Dort kratzen sich ein paar Hunderttausend Nichtwähler nun am Kopf ob dessen, was nun dort entschieden worden ist.
Und für alle, die sich fragen, was das Vorgenannte überhaupt mit der bAV zu tun hat, so dass es hier nicht unter OFF TOPIC steht, sei wiederholt:
Es wird keinem (!) Industrieland auf den Planeten gelingen (von den anderen ganz zu schweigen), unter dem fast überall auf der Welt herrschenden demographischen Druck sein Altersvorsorgesystem nachhaltig aufzustellen, wenn es nicht währenddessen wirtschaftlich prosperiert. Eine wachsende, gut aufgestellte, florierende Volkswirtschaft ist essenziell für ein nachhaltiges Altersvorsorgesystem. Es gilt umgekehrt: kein ökonomischer Erfolg = keine sorglose Altersvorsorge. So und nicht anders lautet die einfache Basisgleichung.
OFF TOPIC – TO WHOM IT MAY CONCERN
Heise.de (18. September): „Kulturstaatsminister Weimer: Google sollte zerschlagen werden.“
Stern (14. Oktober): „Weimer kündigt ‚digitalem Kolonialismus‘ den Kampf an.“
Ein Mann von gestern aus einem Land von gestern mit dem Spirit von vorgestern. Zugegeben: Einen passenderen als Weimer hätte man für diesen Posten gar nicht finden können.
MAZ (1. Oktober): „Nach ihrem Aus als Bauministerin: Neuer Top-Job für Klara Geywitz in Sicht.“
Programmatisch ist die SPD am Ende, und Arbeiterpartei ist sie schon lange nicht mehr. Aber Kassandra hat die SPD schon vielfach für ihre Durchsetzungsfähigkeit gegenüber der einfältigen Union, gelobt aber auch dafür, wie es ihr auch heute noch als Partei auf dem Weg stramm in die Einstelligkeit (in vielen Bundesländern ist sie schon auf dem Weg in die völlige Bedeutungslosigkeit oder gleich raus aus dem Parlamenten weit gekommen) gelingt, diesen Staat zu kontrollieren, sei es in der Politik (Stichwort die drei großen Geldtöpfe BMAS, BMVg, BMF) als auch außerhalb (ÖRR und zahlreiche ihr gehörende Medien, DGB, Bundesbank, Deutsche Bank, DFB, IG BCE, ver.di, Sozialverband VdK, Arbeiter Samariter Bund, Kinderhilfswerk, Atlantik-Brücke, Agentur für Arbeit, GIZ usw. usf.).
Und als sei das nicht schon bemerkenswert genug, ist Klingbeil nun ein neuer Handstreich gelungen: mit der Teil-Besetzung der Spitze des Bundesrechnungshofes bringt er eine Behörde in SPD-Hand, die seit Jahrzehnten durch Unbotmäßigkeit und Unabhängigkeit aufgefallen ist und seit jeher auch durch ihre Medienwirkung für die Politik unangenehm war, legte sie doch stets unbestechlich den Finger in viele Wunden des deutschen Polit-Missmanagements. Dieses Problem für die Politik dürfte die SPD nun abgestellt haben. Herzlichen Glückwunsch.

Übrigens: Bei den ständig schwindenden Größenordnungen, in denen die SPD treibt, stellt sich für die alte Tante langsam, aber sicher (und erst recht angesichts der Tatsache, dass bis zur nächsten BTW 3 Mio. ältere Wähler versterben werden) die Frage der von Kassandra gern so genannten „mangelnden strategischen Tiefe“ – nämlich dass die Wähler angesichts einer sich nähernden 5%-Hürde ihre Stimme nicht verschenkt sehen wollen, daher lieber anders wählen (hier v.a. Linkspartei statt SPD) und sich so eine Spirale nach unten entwickelt. In Sachsen-Anhalt wird sich das bereits manifestieren. Achtung: Auch in BW ist man hiervon nicht mehr weit entfernt.
Noch weit davon entfernt dagegen ist Kassandra, auch der SPD das Schicksal der u.a. an dieser fehlenden Tiefe verstorbenen FDP zu prognostizieren. Aber: Man bedenke immer das Schicksal der einst legendären Democrazia Cristiana, immerhin (die Älteren werden sich erinnern) die Partei Aldo Moros. 1993 hörte sie auf zu existieren. Will sagen: In Demokratien gibt es für Parteien keine Ewigkeitsgarantie, auch nicht für verdiente. Und alle Trends laufen gegen die alte Tante.
Die Welt (12. August): „AfD erreicht in Umfrage Rekordwert – Schwarz-Rot auf neuem Tiefpunkt.“
n-tv (25. September): „Umfrage ein Jahr vor der Wahl – AfD in MV stärker als Schwesigs gesamte Koalition.“
Bild (16. Oktober): „14 Punkte vor der CDU – Umfragerekord für AfD in Sachsen-Anhalt.“
Handelsblatt (30. September): „AfD liegt laut Umfrage nun drei Punkte vor der Union.“
Die Welt (16. Oktober): „CDU-Vorsprung in Baden-Württemberg schmilzt rapide – AfD zieht erstmals an Grünen vorbei.“
Falls Sie nur flüchtig gelesen haben, Rekorde und so: Nein, hier geht es nicht um den Goldpreis. Aber ebenso um Eigendynamik, Momentum und um einen Trend, der den Trend ernährt. Warum wird das hier dargelegt? Wenn eben von der SPD die Rede war, dann wird klar: Klingbeils Handlungsbedarf in Sachen AfD-Verbot – für die SPD die Frage von Sein oder nicht Sein – nimmt zu, und zwar rasend schnell. Wie gesagt: Mal sehen, ob er die Nerven behält.

Währenddessen gedeihen die Blauen hinter semipermeablen Brandmauer (absolut dicht in Richtung Union, für die sich die Mauer vom einstigen strategischen Vorteil zur Falle gewandelt hat) munter weiter. Für sie ist aus der Brandmauer ein Gewächshaus geworden. Ein AfD-Verbot wird angesichts solcher Zustimmungswerte jedenfalls zunehmend zum ernsthaft riskanten Husarenstück. Jeden Tag ein bisschen mehr.
Sie ist mittlerweile so stark, dass sie zunehmend infrage stellen kann, ob sie überhaupt noch auf Koalitionen mit der Union setzen muss – oder gleich aufs Ganze gehen soll. Im Osten ist dieser Zustand jedenfalls erreicht.
Die Welt (10. Oktober): „‘Was ich verhandelt habe, steckt da drin’ – Als Baerbock Trumps Friedensplan für sich reklamierte.“
Erstmal ist es wieder eine weitere lachhafte Peinlichkeit, dass die stets unfreiwillig komische Baerbock hier ernsthaft in Anspruch nehmen will, zu diesem Frieden beigetragen zu haben.1)
Außerdem: Unter Fachleuten ist es ein offenes Geheimnis, wer Donald auf diesem Weg zum Frieden geleitet hat. Donald weiss es, die Israelis wissen es, Sie wissen es, wir wissen es – der neue Berater natürlich war es:

Als nächstes wird der Berater sich den Krieg im Osten vornehmen. Denn selbst wenn man gewisses Verständnis auch für die russische Position bei der Pathogenese dieses Krieges haben sollte: Putin ist mittlerweile der letzte Bremser gegen den Frieden. Er hat von unser aller Donald schon mehr Entgegenkommen erhalten (Stichwort vergoldete Brücken, z.B. Alaska), als ihm zusteht, v.a. die ersehnte Augenhöhe. Jeder weitere Tote, jeder weitere Verstümmelte geht seit Alaska ganz allein auf sein Konto. Nun lässt sich Trump in Budapest offenbar nochmals dazu herab, ihm die Augenhöhe zu gewähren. Mehr wird der Russe nicht bekommen. Er muss wissen, wann Schluss ist, will er nicht zuletzt auch sein Land trotz dessen großer Leidensfähigkeit vollständig ruinieren. Denn, Herr Putin, one Day this War’s gonna end.

1) Genau die Baerbock übrigens, die dem neuen Islamisten-Regime in Damaskus im Frühling als eine ihrer letzten Amtshandlungen aus der hohlen Hand heraus 300 Mio. Euro deutschen Steuergeldes freundlich zugesagt hat, und das dann wenig überraschend erstmal Massaker an Drusen, Alawiten und Christen zu verantworten hat, und das ist wirklich gar nicht mehr lachhaft, Frau Baerbock!
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