Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Die kommentierte Presseschau zur bAV:

Kassandra

Regelmäßig freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: Zwei gute und eine schlechte Nachricht zugleich. Und einfach mal die…

 

 

Business Insider (6. März): „South Korea has tested 140,000 people for the coronavirus. That could explain why its death rate is just 0.6% — far lower than in China or the US.“

 

Das, was das Magazin hier aus Südkorea schildert, sind zwei gute und eine schlechte Nachricht zugleich:

 

Kassandra hatte ja gerade die Hoffnung geäußert, dass die Zahl der Infizierten in Italien um ein Vielfaches höher sein möge als die der bestätigten Fälle, da der große Teil der Symptomfreien und Symptomarmen gar nicht getestet würde und folglich insofern die Letalität im grippeüblichen Rahmen bleibe.

 

Die Zahlen aus Südkorea zeigen nun laut Business Insider, dass das ostasiatische Land tagaus, tagein 10.000 Tests durchführt und trotzdem erst bei gut 6.000 bestätigten Fällen ist (der Artikel ist allerdings schon ein paar Tage alt, das Land ist jetzt bei ca. 7.800).

 

Gut: Das heißt, dass die Krankheit vielleicht nicht über die Maßen infektiös ist. Schlecht: Das heißt aber leider, dass wir bei der Durchseuchung noch nicht so weit sind, wie man vielleicht hoffen konnte und insofern die Perspektive, dass die Letalität viel geringer ist als zu befürchten, an Plausibilität verliert und außerdem vor uns noch ein weiter Weg liegt, bis die Sache ausgestanden ist.

 

Andererseits macht Hoffnung, dass die recht datenmächtigen Maßnahmen aus Südkorea gleichwohl die Annahme nähren, wonach die Letalität sich auf 0,6 Prozent einpendeln könnte. Nimmt man an, dass sich im Laufe des Jahres die Hälfte aller Bürger infizieren, würde das bspw. für die EU immer noch rund 1,5 Mio. Tote bedeuten, für Deutschland 250.000. Gewaltige Zahlen, und das ist es, womit wir alle zu rechnen haben. Doch immerhin ist das nur eine kleiner Bruchteil dessen, was eine Hochrechnung der gegenwärtigen italienischen Ziffern befürchten ließe.

 

Kein Grund also, die Sache auf die leichte Schulter zu nehmen also (dazu ist die Katastrophe an den Märkten bereits viel zu ernst, und sie wird am heutigen Freitag dem 13. wohl auch nicht besser werden), aber auch kein Grund zur Panik. In Sachen Panik noch der Hinweis, dass in Medien und sozialen Medien zwar ständig von ihr gefaselt und sie den „Deutschen“ vorgeworfen wird (gestern Abend in der ARD zum Beispiel durch den an sich stets wunderbaren Dieter Nuhr in leider viel zu pauschalisierender Form), jedoch ganz im Gegenteil zumindest in der Berliner Realität nicht das geringste davon zu spüren ist – die Supermarktregale sind tagsüber ebenso voll wie abends die Restaurants, die Menschen sind völlig ruhig. Denen, die dauernd die angeblich herrschende Panik in Deutschland beklagen, sei im Nuhrschen Sinne zugerufen, einfach mal die … ach…

 

Soweit zur Perspektive. Eine Randnotiz ist dabei nur, dass Südkorea offenbar aus dem Stegreif 10.000 Tests pro Tag dauerhaft durchführen kann. Man vergleiche das mit den Strukturen in unserem Land. Die alternde Ex-Industrienation Deutschland verfügt ja, wie sich nun nicht überraschend, aber deutlich zeigt, nichtmal mehr über eine minimale Autarkie bei der Produktion einfachster Medikamente. Und das hier, das sind die guten Zeiten. Die schlechten kommen erst noch.

 

 

Die Welt (12. März): „Dax fällt um über zwölf Prozent, Wall Street setzt Handel aus.“

 

Die Welt (12. März): „Mit einem Satz stößt Lagarde die Märkte in eine Krise.“

 

Werte Madame Lagarde, gestern Ihre erste Bewährungsprobe, prompt die schon taumelnden Märkte komplett zerstört. Nach Ihrer Pressekonferenz nahm das Drama erst richtig Fahrt auf. Doch während die Tageszeitung die Welt in dem zweiten oben verlinkten Artikel Ihnen vorhält, zu viel ordnungspolitisch an sich Richtiges ausgesprochen zu haben, glaubt Kassandra eher, dass es die hektische Planlosigkeit Ihres Maßnahmenpaketes war, die den Märkten gestern den Rest gegeben hat.

 

Nun gut, die Liquidität für Banken und KMU kann man machen. Aber die 120 Mrd. Euro QE, die können Sie genausogut in den Mülleimer werfen (oder noch besser: gar nicht erst drucken). Der Effekt ist gleich Null, wie auch die Börsen Ihnen unmissverständlich klar gemacht haben.

 

Frau Lagarde! Haben Sie denn nicht die üble Reaktion der US-Märkte auf die neuliche Fed-Zinssenkung bemerkt? Warum machen Sie dann im Prinzip das gleiche? Leiden unsere Volkswirtschaften überhaupt unter einem zu hohen Zinsniveau und mangelnder Refinanzierung? Werden die Euroland-Staaten ihre Anleihen nicht los? Sind die Spreads zu groß?

 

Nein, Frau Lagarde, so werden Sie nur zu dem, was an dieser Stelle schon geunkt worden ist, nämlich zu einer Madame l’Hélicoptère. Das wenige geldpolitisch trockene Pulver, das Sie überhaupt noch haben, verplempern Sie nun auch noch.

 

Und da Sie sich bei Ihrem neuen QE-Programm (vermutlich) auch nicht um den Capital Key scheren werden, warum überweisen Sie das Geld eigentlich nicht direkt in die Haushalte der Club-Med-Staaten?

 

Angezeigt wäre etwas anders gewesen, nämlich, wie hier Anfang der Woche schon dargelegt, endlich in den Erwerb von Aktien einzusteigen. Dabei geht es überhaupt nicht darum, die Märkte zu „retten“ (das können Sie sowieso nicht), und auch nicht darum, die irgendwie ja auch nötigen Korrekturen an den Aktienmärkten aufzufangen und private Investoren vor Verlusten zu schützen. Nein, es geht darum, das Zentralbankgeld, mit dem an sich sparsam umgegangen werden sollte, dort einzusetzen, wo es überhaupt noch Wirkung zeigt, und das ist nur an den Aktienmärkten der Fall, nicht an den Bondmärkten, die Sie nun noch weiter verzerren und irritieren. Und da nun alle Welt Cash in Bonds parken will, erzeugen Sie dort jetzt auch noch ein Crowding out und drücken den alle Volkswirtschaften krank und süchtig machenden Nullzins noch weiter.

 

Wären Sie raffiniert, dann würden Sie nun mit kleinen Summen – sagen wir 10 Mrd. pro Monat – Aktien erwerben. Dann würden Sie einen Einstieg zu günstigen Kursen machen, ein Zeichen der Beruhigung setzen und angesichts der überschaubaren Größenordnung nicht den Vorwurf fürchten müssen, Sie wollten Märkte manipulieren oder Partikularinteressen bedienen (beides macht Ihr Haus übrigens seit zwölf Jahren in allen Asset-Klassen ohnehin). Im Laufe der Zeit hätten Sie dann den Kauf von Bonds weiter reduzieren und den von Aktien weiter forcieren können, schrittweise und ganz langsam, aber stetig. Gleichzeitig würden Sie sich mit dem Tausch von M0 vs. Real Assets wieder trockenes Pulver aufbauen, das Sie noch dringend brauchen werden.

 

Einziges kleines Problem: Sie sind nicht raffiniert. Das haben Sie gestern bewiesen.

 

Noch ein paar Aspekte seien angesprochen zu der Gesamtgemengelage, auch wenn diese wohl fast selbstverständlich sind:

 

Kassandra beunkt seit über einem halben Jahrzehnt, dass Euroland auf all die Herausforderungen seiner prekären Geolage (zu der Drogenabhängigkeit der Wirtschaften von dem billigen Geld treten u.a. zahlreiche Failed States vor der Haustür, der nahöstliche Krisenbogen, Ukrainekonflikt, Griechenland- und Eurokrise, Separatismus und europäische Zentrifugalkräfte, Brexit, russisch-türkischer Gegensatz, Migrationsdruck, Terrorgefahr…) keine einzige strategische Antwort hat außer der des billigen Geldes – und dass deshalb die Zinsen noch viele, viele Jahre niedrig bleiben werden. Mit der Corona-Pandemie tritt nun ein weiterer Faktor hinzu, der offenkundig dieses Szenario weiter zementiert.

 

Ebenso klar ist, dass das Bundesverfassungsgericht es nun in seiner anstehenden Entscheidung erst recht nicht wagen wird, der EZB-Politik irgendwelche, auch nur die allersanftesten Zügel anzulegen.

 

Außerdem kann man sich darauf einstellen, dass die ClubMed-Staaten, vorneweg Italien, spätestens wenn ihre nach wie vor überdimensionierten Bankensektoren anfangen zu wackeln, mit Verweis auf Corona die Gelegenheit nutzen werden, alle europarechtlichen Vorschriften betreffend Haushaltsdisziplin, Staatshilfen und Bankenrettung in den Wind zu schlagen, viel Geld (vor allem das aus der Notenpresse im Frankfurter Ostend) in die Hände zu nehmen und – dass niemand irgendeinen Widerspruch wagen wird.

 

Währenddessen arbeitet Olaf Scholz wahrscheinlich weiter an seinen Plänen einer FTT für Kleinaktionäre, die er vermutlich immer noch für der Weisheit letzten Schluss hält.

 

 

dgap.de (11. März): „Deutsche Steuerberater-Versicherung, Pensionskasse des steuerberatenden Berufs VVaG: 1. Widerspruch gegen Bescheid der BaFin betreffend den Widerruf der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb, 2. Klageerhebung der Anleihegläubiger, 3. Delisting.“

 

Nichts besonders. Der nächste kleine Aufzug in dem mehraktigen Drama, der mit Ansage kommt.

 

Die relevanten Inhalte finden sich bereits in der Headline der Adhoc. Ergänzt sei, dass ein Delisting der Nachranganleihen die Fachöffentlichkeit von einer wichtigen, praktisch der einzigen Informationsquelle in der Causa Steuerberater-PK abschneiden dürfte.

 

 

Versicherungswirtschaft-heute (10. März): „Aon kauft Willis Towers Watson und steigt zum größten Makler der Welt auf.“

 

Die Versicherungswirtschaft-heute blickt bei der Fusion v.a. auf die Makleraktivitäten des Brautpaares, und das steht in der Tat auch im strategischen und operativen Zentrum der beiden Player Aon und Wills Towers Watson. Für unser Parkett natürlich viel interessanter deren Tätigkeit und Expertise als Benefit- und Investment-Consultants.

 

Vor rund einem Jahr stand das Thema bereits schon einmal auf der Tagesordnung, und seinerzeit zeigte sich LbAV ob des Scheiterns des Mergers erleichtert.

 

Makler ist Makler, und Übersee ist Übersee, doch mit Blick auf das deutsche Pensionswesen gab LbAV seinerzeit zu bedenken:

 

Angesichts der Position und Bedeutung, welche die beteiligten Akteure in Deutschland innehaben – beide ohnehin in der jüngeren und mittleren Vergangenheit von äußerst ‚agiler‘ M&A-Historie geprägt – hätte der Merger eine massive, sicher schädliche Konzentration in der Sphäre des deutschen Benefit Consulting zur Folge gehabt.

 

Das gilt heute nicht minder. Doch diesmal scheint es kein Zurück mehr zu geben. Die spannendsten Fragen sind nun, ob und wie das Bundeskartellamt die Sache prüfen wird, wie es mit dem Spitzen- und Führungspersonal nach dem Merger weitergehen wird und vor allem: ob Corona und die taumelnden Märkte den hehren Plänen nicht am Ende noch einen Strich durch die Rechnung machen werden.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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