Wie erwartet hat der Bundesrat letzten Freitag die Bundesregierung aufgefordert, in Sachen Bilanzierung von Pensionsrückstellungen aktiv zu werden. Geht die Sache damit in eine neue Runde? Eile tut jedenfalls not.
Leiter-bAV.de hatte es in der letzten Presseschau berichtet: Das Land NRW hatte in der Bundesratssitzung letzten Freitag anlässlich der Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie den Antrag gestellt, der Bundesrat möge die Bundesregierung auffordern:
„Vorschläge zur Entschärfung der Problematik der handelsbilanziellen Pensionsrückstellungen zu unterbreiten, mit dem Ziel, die bAV zu stärken.“
Diesen Antrag hat der Bundesrat nun am Freitag angenommen und verabschiedet. Als Lösung wird in dem Antrag – wie es auch die aba schon getan hat – unter anderem eine Verlängerung des Durchschnittszinses ins Spiel gebracht. Insgesamt schlägt der Antrag vier Maßnahmen vor. Demnach könnten
– statt eines 7-jährigen Zeitraums ein 15-jähriger Zeitraum zur Ermittlung des Zinssatzes gewählt werden,
– statt Vergangenheitswerten künftig Zukunftswerte verwendet werden,
– auf eine Ausschüttungssperre verzichtet werden oder
– der Mehraufwand auf 15 Jahre verteilt werden.
Thomas Hagemann, Chefaktuar von Mercer in Deutschland, hält diese Liste an Vorschlägen zwar für fachlich nicht durchgängig stringent, was vermutlich der Eile bei der Antragsstellung geschuldet sein dürfte. Doch begrüßt er allein schon die klare und deutliche Botschaft, die der Antrag vermittele. Hagemann gegenüber LbAV:
„Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Wenn sich also die beiden wichtigsten Organe der Gesetzgebung einig sind, stellt sich die Frage, inwieweit Bedenkenträger innerhalb der Ministerien den Prozess noch aufhalten können.“
Allerdings, dann wir es langsam Zeit. Auch Hagemann sieht Grund zu Eile, allein aus technisch-terminlichen Gründen:
„Die Unternehmen haben bereits mit ihren Jahresabschlussarbeiten begonnen und benötigen versicherungsmathematische Berechnungen für den Jahresabschluss. Eine Regelung, die kurz vor Jahresende kommt, wird bei vielen Unternehmen zu zusätzlichen Kosten durch neue versicherungsmathematischer Gutachten führen oder ganz zu spät kommen. Die Bundesregierung sollte also nun sehr kurzfristig einen Gesetzentwurf vorlegen, auf dem die Unternehmen in ihren Jahresabschlussarbeiten aufbauen können.“
Hagemann mahnt auch eine angemessene Übergangsregelung an. Diese könnte zum Beispiel vorsehen, dass ein auf 12 Jahre verlängerter Durchschnittszeitraum zwingend ab dem 31. März 2016 anzuwenden ist, wahlweise aber bereits früher angewandt werden darf (auch schon für den 30. September 2015 für diejenigen, die dazu noch in der Lage sind). So käme man zu Planungssicherheit auch für die Unternehmen, die in ihren Jahresabschlussarbeiten bereits weit fortgeschritten sind, erläutert der Aktuar.
Nicht das erste Mal
Wenig überraschend verzichtet der Bundesrat, die Problematik Niedrigzins grundsätzlich anzugreifen, und das liegt wohl außerhalb der Gestaltungsmöglichkeiten des Gremiums wie Deutschlands insgesamt. Positiv ist jedoch in der Tat, dass das Thema in der Politik grundsätzlich ankommt, nicht zum ersten Mal übrigens, wie die älteren Leser sich erinnern:
Außerdem hatte der Parlamentarische Staatssekretär im BMF, Michael Meister (CDU), in der Antwort an die Grünen angekündigt, die Bundesregierung werde wie von den Koalitionsfraktionen angeregt, kurzfristig die Dauer des Bezugszeitraums von derzeit sieben Jahren für den Diskontierungszinssatz gemäß § 253 Absatz 2 Satz 1 HGB überprüfen. Dabei seien insbesondere „die Auswirkungen des aktuellen Zinsumfelds und die Belastungen für die Unternehmen sowie die Auswirkungen möglicher Änderungen auf die Funktion des Jahresabschlusses, ein möglichst zutreffendes Bild von der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln, abzuwägen“, so Meister im August.
Die Problematik der steigenden Pensionsverpflichtungen infolge der Niedrigzinsphase gewinnt seit Monaten ständig an Brisanz. So musste in einer LbAV-Presseschau Ende Juli über einen größeren Beitrag auf ard.de berichtet werden, in dem unter Hinzuziehung mehrerer Pensionsberater die Gefahr einer Pleitewelle thematisiert wurde, die gar in eine mögliche Instabilität des PSV münden könnte.