… vom Papierzeitalter? Zwei Consultants haben Lage und Perspektive der Digitalisierung in der bAV und in den Zeiten der Pandemie untersucht. Fazit: Der Trend ist eindeutig, wenig überraschend und stabil. Doch genaueres Hingucken lohnt durchaus. Und wer glaubt, die KI könnte bald davon befreien, dauernd LEITERbAV lesen zu müssen, muss enttäuscht werden.
Die Mehrheit der Unternehmen und Produktprovider plant, die Digitalisierung der bAV voranzutreiben und bestehende Prozesse zu optimieren, hat der Consultant Lurse in einer Umfrage festgestellt
62% der teilnehmenden Unternehmen der Lurse-Studie sind der Meinung, dass die gesamte bAV-Abwicklung künftig online erfolgen sollte. Bei 38% dieser Unternehmen ist der Digitalisierungsprozess für die bAV erst angedacht.
Fazit des Consultants, der vor knapp zwei Jahren mit der Übernahme der Deutschen Pensions Group zu einem Akteur in der Pensions-Digitalisierung geworden ist: „Die Digitalisierungswelle hat die betriebliche Altersversorgung erreicht.“
Das kann doch eine bAV nicht erschüttern
Auch der Consultant Willis Towers Watson hat sich der Sache angenommen und bAV-Verantwortliche aus allen Unternehmensgrößen und Branchen mit insgesamt mehr als 750.000 Beschäftigten und Leistungsbeziehern befragt.
Positiv: Auch in der Pandemie liefen und laufen alle systemrelevanten Prozesse, wie etwa die Auszahlung der Betriebsrenten, stabil, auch wenn es einige Einschränkungen bei Service-Umfang und -Qualität gab. Und das, obwohl zahlreiche bAV- Administrationstätigkeiten von jetzt auf gleich ins Home-Office verlegt werden mussten.
Dennoch sehen 60% der Unternehmen die Pandemie als Antriebsfeder für die weitere Digitalisierung. Gut für die Anbieter: 54% gehen davon aus, dass bAV-Administrationsaufgaben künftig noch stärker outgesourct werden als bislang.
„Spätestens in der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass die Digitalisierung der bAV-Kommunikation ein Must-have ist“, bilanziert Michael Paulweber, Leiter Technology and Administration Solutions bei Willis Towers Watson, „und die Auszahlung von Betriebsrenten ist genauso systemrelevant wie die monatlichen Gehaltszahlungen an die Mitarbeitenden. Sie muss jederzeit gewährleistet sein.“
Unternehmen, die schon vor der Pandemie digitale bAV- Administrationsplattformen aufgebaut oder Dienstleister mit der bAV-Administration beauftragt hatten, sieht Paulweber hier im Vorteil.
Heterogene Digi-Landschaft in der bAV
Die Mehrheit der durch WTW Befragten gaben an, dass die Grundfunktionen der bAV-Services in ihren Unternehmen durch die Aktivierung der Notfallmaßnahmen während der Pandemie nicht grundlegend beeinträchtigt wurden. Dennoch mussten einige Herausforderungen z.B. in der Arbeit mit papierbezogenen Dokumenten oder aufgrund IT-technischer Hürden gemeistert werden.
WTW hat genauer hingeguckt: Im Grad der Digitalisierung in den jeweiligen Kernfunktionen der bAV- Administration – Kommunikation, Simulationen, Reporting und Administration – zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen diesen einzelnen Bereichen, aber auch zwischen den Unternehmen.
„Unternehmen prüfen genau, wo sich eine stärkere Digitalisierung oder ein Outsourcing rechnet – und diese Abwägungen können je nach Unternehmensgröße oder bAV-Landschaft unterschiedlich ausfallen“, erklärt Paulweber. „Grundsätzlich gilt: je mehr Mitarbeiter von einem Pensionsplan erfasst werden und je einheitlicher die Strukturen, also Prozesse, Organisation, Kommunikation und Technologie gestaltet sind, desto stärker rechnen sich Digitalisierung und Outsourcing.“
KI noch nicht ante portas
Den umfassenden Einsatz von KI erwartet Paulweber zumindest in naher Zukunft für die bAV-Administration noch nicht. „Für den wertschaffenden Einsatz sind zunächst hohe Investitionen erforderlich, die sich in der bAV-Administration in der Praxis bislang nur in wenigen Fällen rechnen könnten. Wenn die Entwicklung und der Einsatz von KI aber weiter fortgeschritten sind und günstiger werden, dann ist es sinnvoll, ihren breiteren Einsatz auch in der bAV-Administration zu prüfen“, so der Adminexperte.
Papier für ganz alte, E-Mail für weniger alte
Erheblich digitalisiert wurde in den vergangenen Jahren die bAV-Kommunikation mit den Mitarbeitern. Doch hier hat WTW ein geteiltes Bild – und zwar im Umgang mit Berechtigten einerseits und Rentnern andererseits – ermittelt:
Unternehmen haben die bAV-Kommunikation an ihre aktuellen Mitarbeiter in der Corona-Pandemie modernisiert, setzen in der Kommunikation mit Betriebsrentnern jedoch weiterhin großenteils auf Papierpost.
58% der Unternehmen kommunizieren mit bAV-Anwärtern digital per E-Mail. Noch 2018 waren es nur 25%. Betriebsrentner erhalten hingegen weiterhin überwiegend Papierpost – nur 22% der Unternehmen setzen hier auf Mails.
„Wir sollten das Bild, das wir von Rentnern haben, an die Realität anpassen“, sagt Paulweber. „Wer heute in Rente geht, ist schon viele Jahre beruflich digital unterwegs. Zudem suchen auch Rentner im Internet nach Informationen, skypen mit ihren Enkelkindern oder kaufen online ein. Da wirkt eine Kommunikation, die so stark papiergebunden ist, schon etwas anachronistisch. Auch Rentner haben keine Zeit zu warten“, meint Paulweber.
Weitere Information zu der WTW-Studie finden sich hier.