Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

SONDERMELDUNG – BMF legt pAV-Reformentwurf vor:

Zur Strecke gebracht oder Revolution?

Und das Ende eines lang überholten Mantras? Schlag auf Schlag geht es derzeit bei den Gesetzesentwürfen. Gestern hat das BMF den lange erwarteten Entwurf zur umstrittenen Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge vorgelegt. Die ersten Reaktionen zweier hier gegensätzlich aufgestellter Stakeholder gibt es schon.

Mit dem Gesetz des gestern in Berlin vorgelegten Entwurfes soll die steuerlich geförderte private Altersvorsorge grundlegend reformiert werden. „Der bislang vorliegende Entwurf orientiert sich dabei eng an den Empfehlungen der von der Bundesregierung eingesetzten Fokusgruppe private Altersvorsorge“, teilt das BMF hierzu mit. Ziel sei, ein kostengünstiges, einfaches, transparentes und gut erklärbares Angebot einer neuen privaten Altersvorsorge zu unterbreiten, mit dem eine breite Bevölkerungsschicht in den Lebensstandard im Alter investiere.

Nicht neu, aber besser

Entsprechend werden wie angekündigt die Kriterien, die bisher für die Zertifizierung eines Altersvorsorgevertrages gelten, neu gefasst. Neben Riester-Garantieprodukte soll auch ein förderfähiges und zertifiziertes Altersvorsorgedepot ohne Garantie zugelassen werden, mit dem in Fonds und andere für Kleinanleger geeignete Anlageklassen investiert werden kann.

Florian Toncar, BMF. Foto: BMF.

Wie das Ministerium betont, bleibt die Fördersystematik erhalten: steuerliche Freistellung der Beiträge in der Ansparphase durch Zulagen sowie Sonderausgabenabzug plus nachgelagerte Besteuerung. Hierbei soll laut BMF die bisherige Förderung durch beitragsproportionale Grund- und Kinderzulagen einfacher und transparenter werden, die zudem stärker die Beitragsleistungen der Sparer berücksichtige und deshalb höhere Anreize zu mehr Eigensparleistungen setze. Geringverdiener sowie Berufseinsteiger würden darüber hinaus mit festen Erhöhungsbeträgen gefördert.

Der Entwurf sieht drei Garantiestufen vor: ohne Garantie, 80% und 100%. Dort, wo kein Arbeitgeber im Spiel ist, wird also etwas mehr Flexibilität gestattet als in der bAV, wo abseits der rBZ der Arbeitgeber (mit meist völlig fachfremdem Kerngeschäft) endlose Jahrzehnte entsprechend haften muss.

Reaktionen, Positionen: von mäßig begeistert …

Bekanntlich hatten die Pläne des BMF im Vorfeld für eine nicht ganz leise Auseinandersetzung zwischen BVI und GDV geführt – wobei die deutschen Aktuare der Assekuranz schon früh und jüngst erneut zur Seite sprangen.

Nun zeigt sich der GDV vom Entwurf aus Berlin wenig begeistert. In einer ersten Reaktion kritisierte GDV-HGF Jörg Asmussen: „So wie die Reform gestaltet ist, bleibt die lebenslange Absicherung auf der Strecke: Altersvorsorge ist mehr als Vermögensaufbau. Die lebenslange Absicherung ist die Stärke der Lebensversicherung.“

Jörg Asmussen, GDV. Foto: GDV.

Zwar unterstütze man den Vorschlag, einfache und transparente Produkte mit lebenslanger Auszahlgarantie zu fördern sowie ein beitragsproportionales Fördersystem einzuführen, denn „es ist gut, dass die Förderung einfacher werden soll. Das senkt die Zugangsschwellen”, so Asmussen, mahnt aber: „Gleichzeitig ist es wichtig darauf zu achten, dass auch weiterhin Geringverdiener, Alleinerziehende und Familien mit Kindern besonders von der Förderung profitieren. Diese Zielgruppen sollten der Kern der geförderten privaten Altersvorsorge sein.“

In der Frage der erwähnten drei Garantiestufen ist der GDV übriges anders als bei der Frage der lebenslangen Verrentung sichtlich entspannter; Asmussen: „Die Balance von Sicherheit und Rendite ist weiter wichtig. Die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger sind jedoch unterschiedlich. Daher ist der optionale Wegfall der vollen Beitragsgarantie richtig und wurde lange von uns gefordert.“

Die Versicherer kündigten an, sich in die Verbändeanhörung detailliert einzubringen.

bis Paradigmenwechsel auch im Bestand

Der zweite im Bunde ist der BVI. Und auch dieser spart nicht mit klaren Worten, der Fondsverband spricht von nicht weniger als einer „Revolution der privaten Altersvorsorge“.

Thomas Richter, BVI.

„Das ist ein großer Wurf und bedeutet einen Paradigmenwechsel in der privaten Altersvorsorge“, sagt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI, denn „das bisherige, weltweit längst überholte Mantra, dass Altersvorsorge eine 100% Beitragsgarantie und eine Leibrente umfassen muss, gilt nicht mehr.“ Das sei revolutionär und mache die Altersvorsorge für die Sparer attraktiv, weil sie renditestärker anlegen können.“ Denn Beitragsgarantien und lebenslange Verrentung seien teuer und schmälern die Rendite der Sparer. Die Wahlfreiheit in der Auszahlphase sei wichtig.

Ausdrücklich begrüßt der der BVI die im Gesetzentwurf enthaltene Möglichkeit, den Verzicht auf Garantien und Verrentung auch auf den Bestand der Riester-Verträge anzuwenden.

Lesen Sie auch:

Richter mahnt zur Eile, will den Sack angesichts der unklaren politischen Verhältnisse offenbar schnell zugemacht sehen: „Die Bundesregierung sollte den Gesetzentwurf nun zeitnah beschließen, damit vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr eine zukunftsfähige Altersvorsorge auf den Weg gebracht wird. Eine weitere Legislaturperiode ohne Reform der privaten Altersvorsorge kann sich Deutschland nicht leisten.“

Der Entwurf des BMF findet sich hier.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

© Pascal Bazzazi – LEITERbAV – Die auf LEITERbAV veröffentlichten Inhalte und Werke unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Keine Nutzung, Veränderung, Vervielfältigung oder Veröffentlichung (auch auszugsweise, auch in Pressespiegeln) außerhalb der Grenzen des Urheberrechts für eigene oder fremde Zwecke ohne vorherige schriftliche Genehmigung. Die Inhalte einschließlich der über Links gelieferten Inhalte stellen keinerlei Beratung dar, insbesondere keine Rechtsberatung, keine Steuerberatung und keine Anlageberatung. Alle Meinungsäußerungen geben ausschließlich die Meinung des verfassenden Redakteurs, freien Mitarbeiters oder externen Autors wieder.