Wenn es um die Beitragspflicht von bAV-Renten geht, ist das höchste deutsche Sozialgericht bekannt für seine hartleibige Rechtsprechung – die ja bereits mehrfach vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden musste. Nun hat man in zwei von drei Sachen auf Beitragspflicht erkannt.
Wie berichtet, hatte der 12. Senat des Bundessozialgerichts in Kassel vorgestern in vier Sachen zu urteilen, von denen drei die bAV betrafen. Das Gericht hat inzwischen seine Entscheidungen erläutert.
Ist Kind wie Witwe? Nicht als großes!

Zu der Sache B 12 KR 12/18 R: Einnahmen aus einer vom früheren Arbeitnehmer begründeten Direktversicherung sind laut Gericht jedenfalls dann keine beitragspflichtigen, der gesetzlichen Rente vergleichbaren Versorgungsbezüge, wenn sie nach dem Tod des Arbeitnehmers an ein dann bezugsberechtigtes Kind ausgezahlt werden, das schon 27 Jahre alt ist.
Für einen auf Hinterbliebenenversorgung gerichteten Versorgungszweck genügt es dem Senat zufolge nicht, dass dem Arbeitnehmer in dem von seiner Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherung vertraglich auch eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt wurde und deren Empfänger über ein eigenes Bezugsrecht im Todesfall verfügt. Vielmehr muss die Leistung u.a „zur Hinterbliebenenversorgung erzielt“ worden sein.
Ist die Hinterbliebene Kind im Sinne des § 48 SGB VI, ist eine bAV-Leistung bei typisierender Betrachtung jedenfalls dann nicht mehr zur Hinterbliebenenversorgung erzielt, wenn sie im Versicherungsfall die nach § 48 Abs 4 Nr 2 SGB VI vorgesehene Höchstaltersgrenze von 27 Jahren überschritten hat, so der Senat, und damit war in dem vorliegenden Fall der Versorgungszweck im Versicherungsfall im Frühjahr 2013 nicht mehr gegeben.
Entsprechend hat der 12. Senat auf die Revision der Klägerin die Urteile der Vorinstanzen sowie die Bescheide der beklagten Kranken- und Pflegekasse aufgehoben.
Versicherungsnehmer? Das wird man nicht just durch die Prämie!
Die beiden weiteren die bAV betreffenden Sachen betrafen das alte Thema Fortführung mit eigenen Beiträgen, just also einen Themenkomplex, in dem das Bundesverfassungsgericht schon zweimal zu anderen Ergebnissen gekommen ist als der Kasseler Senat.
Die Revisionen der Kläger in den Sachen B 12 KR 13/18 R und B 12 KR 17/18 R hatten keinen Erfolg, ihre Kapitalleistungen aus den Direktversicherungen bleiben also in GKV und sPV als bAV beitragspflichtig.
Dem steht, so der 12. Senat, gemäß seiner eigene Rechtsprechung noch der des Bundesverfassungsgerichts die Finanzierung der Direktversicherungen durch die klagenden Arbeitnehmer nicht entgegen.
Dem Gericht zufolge wird der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts erst dann verlassen, wenn der Arbeitnehmer VN wird, und das „gilt unabhängig davon, ob die Beiträge aus über der BBG liegendem beitragsfreien Arbeitsentgelt aufgebracht werden“.
Außerdem ist die Beitragspflicht der Kläger auch nicht durch das BRSG entfallen, das seit 2018 den betrieblichen Riester von der Beitragspflicht ausnimmt. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz sieht das Gericht insoweit nicht:
„Beide Betriebsrentenarten werden im Wesentlichen gleich behandelt, weil sie jeweils nur einmal der vollen Beitragspflicht unterliegen, die Riesterrenten in der Ansparphase, die übrigen Betriebsrenten in der Auszahlphase.“
Inwiefern das aber eben nicht gegeben ist bei den vom Senat erwähnten Beiträgen aus über der BBG liegendem beitragsfreien Arbeitsentgelt, behandelt der Senat in seinem Terminbericht nicht weiter; ebensowenig wie die Frage, ob es sich in den beiden Sachen überhaupt um solche Entgelt gehandelt hat. Hierzu wird man wohl das Vorliegen des Urteils abwarten müssen.
Auch soweit die betrieblichen Riesterrenten in der Auszahlphase isoliert betrachtet unterschiedlich behandelt werden, sieht das Gericht den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht verletzt. Seine Argumentation klingt etwas politisch:
„Die Neuregelung ist Teil eines arbeits-, steuer- und grundsicherungsrechtlichen Gesamtkonzepts, mit dem das legitime Ziel der Bekämpfung von Altersarmut verfolgt wird.“
Im Übrigen gibt sich das Gericht in der Frage der VN-Eigenschaft penibel: Der Sicht einer Klägerin, VN geworden zu sein, als der Arbeitgeber die Betriebstätigkeit eingestellt und das Gewerbe abgemeldet hatte, folgte der 12. Senat nicht:
„Der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts zur Durchführung der bAV bleibt erhalten, solange der den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer ausweisende Versicherungsvertrag genutzt wird.“