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DBO, Plan Assets und Outside Funding im DAX Ende 2024 (I):

You spin me round like a Rekord

Ein Consultant hat sich erneut früh im Januar den Komplex aus DBO, Plan Assets und Funding Ratio im DAX angesehen. Fazit: Lage stabil, kleine Verbesserungen führen zu einem ATH. Und was mit Blick auf möglicherweise anziehende PSV-Beiträge Vorteile bieten könnte …

Seit einigen Jahren schon legt Mercer sehr früh im Jahr eine erste Schätzung von DBO, Plan Assets und Funding Ratio im DAX-40 zum Ende des Vorjahres auf Basis der jüngsten Geschäftsberichte sowie aktueller Kapitalmarktinformationen vor, so auch in diesem Januar. Kernergebnisse:

  • Plan Assets: von ca. 258 Mrd. Euro auf ca. 264 Mrd. Euro (aber noch immer weit unter dem Höchststand von fast 300 Mrd. Euro Ende 2021), trotz Abflüssen und DAX-Änderungen plus ca. 6 Mrd. Euro, Rendite ca 6%.1)

  • IFRS-DBO: von ca 324 Mrd. Euro auf ca. 320 Mrd. Euro, minus 4 Mrd. Euro.

  • IAS-19-Zins: nahezu unverändert bzw. leichter Anstieg, je nach verwendetem Verfahren.

  • Funding Ratio: knapp 83%, plus ca. 3 Punkte, ATH.

Quelle: Mercer. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Mercer schildert auch Details, hier gerafft im berüchtigten PENSIONSINDUSTRIES-Stakkato:

Märkte

Jeffrey Dissmann, Mercer.

+++ 2024 insb. Aktienmärkte trotz zwischenzeitlicher Rezessions-Sorgen mit sehr hohen Renditen +++ überraschend starker Rückgang der Inflation +++ EZB ab Juni 2024 mit Zinssenkungen, Fed ebenso +++ viele Rekordstände an Aktienmärkten +++ auch Anleihenmärkte positiv, je nach Laufzeit und Bonität +++ Risikoaufschläge bei schlechterer Bonität trotz schwacher Konjunktur stark gesunken +++ weltweit verlangsamtes Wirtschaftswachstum, Rezessionsängste jedoch nicht materialisiert +++ Jeffrey Dissmann: „In diesem Umfeld war entscheidend, positive Marktwertentwicklungen zu nutzen, ohne De-Risking aus den Augen zu verlieren“ +++

DBO

Thomas Hagemann, Mercer.

+++ unverändert dank stabilem Rechnungszins +++ Saldo aus Dienstzeit und Zinsaufwand vs. Zahlungen leicht positiv ca. 1 Mrd. Euro +++ Rückgang von etwa 2 Mrd. Euro, im Wesentlichen durch Zinsänderung +++ Mercer Yield Curve für typische Durchschnittls-Restlaufzeit von 15 (bzw. 20) Jahren von 3,57 bzw. 3,63 nur leicht auf 3,56 bzw. 3,65% +++ je nach Verfahren, Personenbestand, Zusagen etc. werden die meisten Unternehmen Zins entweder angehoben oder unverändert gelassen haben; auch Senkung in Einzelfällen nicht ausgeschlossen +++ Thomas Hagemann: „Gehen davon aus, dass Rechnungszins im DAX-40 zum Ende 2024 durchschnittlich nur um etwa 15 BP angestiegen ist; dies erklärt die stabile DBO“ +++

Inflation

+++ im Jahresverlauf zurückgegangen +++ mittel- und langfristig wieder mit 2% p.a. zu rechnen +++ soweit im Vorjahr höhere Inflation berücksichtigt, jetzt also Entlastung denkbar +++ Hagemann: „Nach unseren Erfahrungen Unternehmen in diesem Jahr noch zurückhaltend mit Annahmen; wir rechen nicht mit nennenswerter Entlastung“ +++

Deckungsrad

André Geilenkothen, Mercer.

+++ historisch hohe Grade der letzten drei Jahre spiegeln nicht nur Kursentwicklung des Planvermögens wider, sondern auch im Trend zur Ausfinanzierung begründet +++ im DAX große Spannbreite +++André Geilenkothen: „Für viele Unternehmen Übertragung auf einen Pensionsfonds weiter Mittel der Wahl; hat auch steuerliche Vorteile und weniger PSV-Beiträge – die voraussichtlich krisenbedingt eher ansteigen dürften“ +++

Ausblick 2025

+++ anhaltende Unsicherheiten oder Normalisierung des Kapitalmarktumfelds? +++ für Europa 2025 relativ niedriges Wachstum erwartet +++USA mit hoher fiskalischer Unterstützung und KI-Entwicklung +++ Inflation 2025 weiter um das EZB-Ziel von 2% zu erwarten +++ für diesen Fall sollten weitere Zinssenkungen der großen Zentralbanken folgen (Anm.d.Red.: die EZB hat gestern bereits wieder gesenkt) +++ mittelfristig erwartet Mercer aber erhöhte Inflations-Vola mit sporadischem Aufflammen +++Quelle: Mercer. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

+++ Regierungswechsel in USA, vorgezogene BTW und aktuelle Entwicklungen in vielen europäischen Ländern schaffen zusätzliche Unsicherheiten +++ Kriege in Ukraine und Nahost unvermindert fortgeführt +++Gemengelage führt zu großen Herausforderungen am Kapitalmarkt +++ nicht zu erwarten, dass Kapital- und insb. Aktienmärkte an sehr hohe Renditen von 2024 anknüpfen werden +++ doch Unternehmen sollten auch auf aktuell hohem Bewertungslevel weiteres Gewinnwachstum erreichen +++

+++ für Aktienmärkte moderate Renditen erwartet +++ für Anleihenmärkte Entscheidungen der Zentralbanken entscheidend +++Zinsschritte ja, aber etwas weniger als aktuell eingepreist, daher leichte Aufwärtsdruck auf Renditen plausibel +++ Dissmann: „Aktuell Zentralbanken vor Herausforderung, gute und nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen; Pensionsinvestoren vor Herausforderung, dies zu antizipieren und sich auf verschiedene Szenarien vorzubereiten +++ Ziel sollte sein, erreichten hohen Deckungsgrad zu halten, sukzessive zu erhöhen +++ intelligente Kapitalanlage, die kurzfristige Bilanzvola reduziert, jedoch weiter langfristige Chancen nutzt, ist hier Key“ +++

Die alte Conclusio, die nicht fehlen darf

Aus unserem Parkett (und eigentlich nur auf diesem) sind die Zusammenhänge bekannt, dennoch sollen hier zwei alte Mantras der Redaktion wiederholt werden:

Erstens: Die Schemes der deutschen Großkonzerne sind weiter offenkundig gut gemanagt. Die wohl hinter uns liegende Dekade des politisch manipuliert Mini- und Nullzinses haben sie anständig überstanden; und auch für das, was nun kommen mag, wirken sie gut aufgestellt.

Zweitens: Bitte nie übersehen, dass das Vorhandensein bzw. das Zusammenwirken von DBO, Plan Assets, Funding Ratio, Diskontsatz, Assumptions, Return on Plan Assets und OCI am Ende c.p. weder nach IAS 19 noch HGB irgendeinen Einfluss auf die tatsächliche Rentenzahlung und deren Cashflow-Effekt für das Unternehmen hat, ganz zu schweigen von der Verpflichtung hierzu. Dass das Vorhandensein von Plan Assets und der Return darauf sowie einer hohen Funding Ratio nichts mit einer geringeren Insolvenzsicherheit des Unternehmens (c.p.ist eher das Gegenteil der Fall), nichts mit der Höhe der Rente und nur wenig mit deren Sicherheit zu tun hat. Dass der Niedrigzins zwar einerseits die Pensionslasten der Unternehmen buchhalterisch massiv ansteigen lässt, andererseits für jedes halbwegs gut geratete Unternehmen die Fremdkapitalaufnahme zur Dotierung seiner Versorgungswerke nicht mehr spottbillig, aber immer noch recht günstig ist. Dass sich dann aber angesichts der launischen Märkte die nicht einfache Frage stellt, wohin mit ebendiesem aufgenommenen Geld. Dass umgekehrt bei hoher verfügbarer Liquidität im Haus ein Outside Funding immer auch ein gutes Tool ist, eben diese Liquidität vor wenig nachhaltigen Ausschüttungen zu bewahren und diesbezüglich agile Aktionäre gar nicht erst anzuziehen wie das Licht die Motten. Dass außerdem ein hohes Outside Funding besonders bei einem LDI-Ansatz bilanzielle OCI-Bewegungen vom Kerngeschäft und der Bilanz fernhalten kann (was wegen geringen EK-Einsatzes besonders für Banken attraktiv ist). Aber dass gleichwohl für jede Unternehmensspitze, die überzeugt ist, mit ihren Plan Assets an den Kapitalmärkten höhere Returns zu erzielen, als wenn sie die Mittel ohne Outside Funding und ohne die Bildung von Plan Assets im eigenen operativen Kerngeschäft arbeiten lässt, sich bei einer konsequenten Fortführung dieses Gedankens nur eine Handlungsmaxime ergibt: Unternehmen liquidieren und stattdessen Asset Manager werden.

Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.

FN 1) In der Schätzung vom Januar 2024 war von 267 Mrd. Euro Plan Assets die Rede. Das musste bei späterer Rechnung auf die jetzt genannten 258 Mrd. Euro zurückgenommen werden; zum Jahresende hat sich die Zusammensetzung des DAX-40 geändert: Covestro raus, Fresenius Medical Care rein, das hieß für die Plan Assets ein Minus von gut 3 Mrd. Euro. Zur Jahresmitte 2024 hatte die WTW-Modellanalyse schonmal eine Funding Ration 84% ausgerufen, bei einem Zins von 3,74%)

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

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