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BaFin-Stresstest 2019:

Weniger Durchfaller, Intensivstation unverändert

Nach derzeitigem Stand haben fünf Pensionskassen den aktuellen Stresstest der BaFin zum Jahresende 2019 nicht in allen Szenarien bestanden. Das erfuhr LEITERbAV im Zuge der heutigen, diesjährigen Pressekonferenz der BaFin. Dabei handelt es sich ausschließlich um kleinere Kassen. Im Vorjahr waren elf Kassen durchgefallen. Im übrigen bekräftigte die Anstalt ihre harte Haltung beim Rechnungszins.

 

Frank Grund, BaFin. Foto: Frank Beer.

Am diesjährigen Pensionskassen-Stresstest der BaFin haben 122 von 135 Pensionskassen unter Bundesaufsicht teilgenommen; 13 Kassen wurden von der Pflicht zur Vorlage des Stresstests befreit (dies erfolgt normalerweise, wenn bei Kassen die Risikotragfähigkeit aufgrund risikoarmer Kapitalanlagen ohnehin gegeben ist). Ergebnis:

 

Fünf Pensionskassen haben nach derzeitigem Stand den aktuellen Stresstest nicht bestanden. Im Vorjahr waren es elf Durchfaller gewesen, neun zum Jahresende 2017.

 

Der BaFin-Stresstest simuliert mit Hilfe von vier Stressszenarien eine kurzfristige, adverse Kapitalmarktveränderung und betrachtet die bilanziellen Auswirkungen für die Pensionskassen. Der Test umfasst ein Marktänderungsrisiko für Aktien, Renten (des Umlaufvermögens) und Immobilien sowie ein Bonitätsrisiko für Fixed Income.

 

Bei den Pensionskassen, die den diesjährigen Stresstest nicht bestanden haben, handelt es sich ausschließlich um kleinere Pensionskassen, die nicht zu den 30 größten Unternehmen der Branche gehören.

 

Zumindest mit Blick auf die Stresstests, die einen kurzfristigeren Ansatz haben, scheint sich die Lage etwas entspannt zu haben.

 

Die Ergebnisse des BaFin-Stresstests zeigten, dass der weit überwiegende Teil der Pensionskassen unter Bundesaufsicht auf Basis der Stressszenarien vor der Corona-Krise eine ausreichende kurzfristige Risikotragfähigkeit aufwies, kommentierte die BaFin gegenüber LEITERbAV die Ergebnisse.

 

Im Vergleich zu dem kurzfristigeren Horizont des Stresstests hat die Maßnahme der intensivierten Aufsicht einen längerfristigen Ansatz. Wie die BaFin gegenüber LEITERbAV erklärte, unterliegen weiterhin 36 von 135 Pensionskassen einer intensivierten Aufsicht.

 

Ohnehin gibt es keinen Automatismus zwischen Durchfallen beim Stresstest und einer Aufnahme auf die Intensivstation und auch nicht zu Kürzungen im Future Service.

 

Die Frage, ob in absehbarer Zeit der Fall eintreten kann, dass Pensionskassen in größerem Umfang nicht mehr die Zusagen erfüllen und so verstärkt Arbeitgeber hierzu herangezogen werden könnten, verneinte die BaFin in diesem Zusammenhang allerdings.

 

Jedoch, so die BaFin weiter, vermindern die Corona-bedingten Turbulenzen an den Kapitalmärkten die Risikotragfähigkeit der Pensionskassen, die ohnehin schon aufgrund der Niedrigzinsphase beeinträchtigt ist, zusätzlich. Daher sei noch weniger als bisher auszuschließen, dass einige Pensionskassen ohne finanzielle Unterstützung ihrer Trägerunternehmen bzw. Aktionäre ihre vollen Leistungen nicht werden erbringen können.

 

Weitere Angaben zu den Stresstests machte die Anstalt wie üblich nicht, vor allem nennt sie grundsätzlich keine Namen betroffener Kassen. Auch teilte die BaFin nicht mit, ob bei Durchfallern schwerwiegende Unterdeckungen vorliegen und wieviele von ihnen reguliert bzw. dereguliert, für den Neuzugang geschlossen oder keinen Arbeitgeber mehr als Trägerunternehmen haben.

 

Die Zukunft: teuer und genau

 

In diesem Zusammenhang sei an Aussagen in dem Sonderheft „Neue Impulse für die bAV – Fakten & Meinungen zum 40-jährigen IVS-Jubiläum“ erinnert, welches das IVS anlässlich seines 40. Geburtstages verlegt hat.

 

Im dem Heft nehmen nicht nur die IVS-Vorstände Friedemann Lucius und Stefan Oecking mit Blick auf die Lage der deutsche Pensionskassen kein Blatt vor den Mund, auch hat BaFin-Exekutivdirektor Frank Grund mit Blick auf die Pensionskassen dort klargestellt:

 

Uns gegenüber werden sich die Unternehmen künftig genau erklären müssen, wenn wir den Eindruck eines zu hohen Garantiezinses gewinnen. Ein reflexhafter Verweis auf den Höchstrechnungszins oder das bereits genehmigte Tarifwerk regulierter Pensionskassen wird dann nicht ausreichen.“

 

Auf der heutigen Pressekonferenz bekräftigte Grund diese Position grundsätzlich einschließlich der bekannten BaFin-Haltung, dass sie künftig nur noch Tarife mit höchstens 0,25% (!) Rechnungszins genehmigen und höherverzinsliche wie solche mit 0,5% wenn überhaupt nur noch befristet akzeptieren werde.

 

Stefan Oecking (l.) und Friedemann Lucius am Rande der IVS-Tagung 2019 in Köln. Foto: Vollmer.

Lucius wiederum schreibt in dem Sonderheft, dass „entweder die Pensionskassen ihre Annahmen darüber senken, was sie künftig am Kapitalmarkt erwirtschaften können. Dann müssen sie zwangsläufig die Reserven für die vorhandenen Garantiezusagen in erheblichem Umfang anheben. Oder sie gehen in den Kapitalanlagen höhere Risiken ein, um dauerhaft Erträge erwirtschaften zu können, wie sie in der ursprünglichen Tarifkalkulation einmal unterstellt worden waren.“

 

Um die damit verbundenen Schwankungsrisiken aufzufangen, benötigen die Pensionskassen freie, unbelastete Eigenmittel. „Wenn diese nicht vorhanden sind, müssen sie von außen bereitgestellt werden. Beide Varianten kosten Geld“, so Lucius weiter.

 

Diese zusätzlichen Mittel müssten letztendlich von den Trägern aufgebracht werden. „Aus aktuarieller Sicht kann ich den Trägerunternehmen nur dringend empfehlen, dem Beispiel vieler Firmen zu folgen, die sich bereits zu dieser Verantwortung bekannt und für ihre Pensionskassen zusätzliche Mittel bereitgestellt haben“, betont der IVS-Chef. Die Trägerunternehmen seien nicht gut beraten, es auf eine Sanierung durch Leistungskürzungen ankommen zu lassen. „Dieser letzte Ausweg geht in der Regel mit einem vollständigen Verbrauch der Eigenmittel und damit einem weitgehenden Verlust der Risikotragfähigkeit der Kasse einher. Im schlimmsten Fall folgen ein Neugeschäftsverbot und die Abwicklung der Einrichtung. Das ist am Ende die teuerste Lösung für die Arbeitgeber“.

 

Die Sorgen Luciusens sind ebenso berechtigt wie real. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Denn genau dieser von Lucius geschilderte, schlimmste Fall hat sich bekanntlich in Bonn bei der Steuerberater-Pensionskasse bereits als Drama mit vielen Akten realisiert. Allerdings war dies dort ausnahmsweise (!) nicht teuer für die Arbeitgeber. Es gibt nämlich keine.

 

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