Einer der wichtigsten Stakeholder im Rahmen der bAV-Reform ist die Metallindustrie, namentlich die Arbeitgeber. Jüngst hat sich deren Geschäftsführer öffentlich positioniert. Für LEITERbAV berichtet Nikolaus Bora.
Auf der gleichen Tagung, die dieses Jahr am 25. Januar unter der Überschrift Das Betriebsrentengesetz und seine Umsetzung im Dialog stattfand, sprach außerdem Karsten Tacke.
„Wir brauchen einen Konsens in der bAV, der jetzt aber durch überzogene Forderungen gefährdet wird; und gelingt der Konsens nicht, bleibt es beim ungewollten Stillstand“, mahnte der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Gesamtmetall in seinem Vortrag. Diese Übereinstimmung lasse sich nur erreichen, „wenn man für die weit auseinander liegenden Interessen der Beteiligten den kleinsten gemeinsamen Nenner findet“. Das Ergebnis müsse dann so „attraktiv sein, dass alle Seiten damit auskommen können.“ Im BRSG-Entwurf sieht Tacke zwar einen guten Ansatz, aber auch einige „Kinken“ (FN 1).
Abb. 1: Die vom BRSG-Entwurf vorgesehen bAV-Anreize im Allgemeinen, wie sie für Arbeitnehmer und -geber wirken.
Grafik zur Volldarstellung anklicken. Quelle: Tacke, Gesamtmetall.
Den Arbeitnehmern werde eine Menge geboten, zählte Tacke auf: „Streichung der Doppelbelastung bei betrieblicher Riester-Förderung, höhere Grundzulage zur Riester-Rente, Freibeträge in der Grundsicherung, steuerliche Zulagenförderung und erhöhte Steuerfreibeträge nach 3 Nr.63.“
Abb. 2: Die vom BRSG-Entwurf vorgesehen bAV-Anreize mit Einschränkungen, wie sie für Arbeitnehmer und -geber wirken.
Grafik zur Volldarstellung anklicken. Quelle: Tacke, Gesamtmetall.
Für die Arbeitgeber bleibe nur noch die Enthaftung in Form der neuen Zusageform der Beitragszusage mit Zielrente ohne Garantie, und auch das nur mit Einschränkungen. Tacke verwies auf die vorgesehenen Sicherungsbeiträge, also darauf, dass von eingesparten Sozialversicherungsbeiträgen mindestens 15 Prozent weitergegeben werden müssten – „und das Ganze nur über Tarifverträge“.
Problem für alle? Lösung für alle!
Offenbar werde vergessen, dass viele Unternehmen keiner Tarifbindung mehr unterliegen, so Tacke weiter, und darüber werde sicher noch heftig diskutiert werden: „Wenn alle Betriebe ein Problem mit der Haftung haben, muss auch allen Betrieben eine Lösung angeboten werden.“
Doppelt gemoppelt?
Die Zielrente könne ihr Potential nur dann entfalten, „wenn die Rahmenbedingungen stimmen“, betonte Tacke. Eine Berechnung für die vergangenen 20 Jahre zeige, dass sie fast immer doppelt so hoch gewesen wäre wie die Garantierente. Weil Kursgewinne nicht sofort in höhere Rentenzahlungen umgesetzt, sondern einbehalten würden, um Ausschläge nach unten auszugleichen, werde im Modell der Zielrente auch bereits ein Puffer gebildet. „Sicherungsbeträge führen zu einer unnötigen Doppelsicherung.“
Eine „freiwillige Garantie“ lehnt Tacke ebenfalls ab: Die „alte Welt mit Garantierenten“ werde es in der bAV weiterhin geben, sie dürfe jedoch nicht „fusioniert“ werden mit der „neuen Welt ohne Garantie“. Die Finanzdienstleister könnten sich in beiden Welten engagieren.
Versöhnlich Tackes Fazit: „Die Zielrente bietet die Chance einer Win-Win-Situation für Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Finanzdienstleister und Politik.“
Der Berliner bAV-Auftakt hat am 25. Januar zum zweiten Mal stattgefunden. Veranstalter ist Professor Mathias Ulbrich, Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftsprivatrecht, insbesondere Arbeitsrecht, an der Hochschule Schmalkalden, der mit der bewusst klein gehaltenen Veranstaltung den bAV-Stakeholdern der Sozialpartner, der Versorgungsträger, der Berater, der Fachverbände, der Wissenschaft sowie aus Behörden und Politik ein Dialogforum bieten will.
Vergangenen Mittwoch folgte dann die ebenfalls gutbesetzte, gemeinsame Tagung von BAVC und IG BCE zur bAV: „Neue Wege der Alterssicherung – Chemie Sozialpartner im Gespräch zur bAV-Reform“, über die LEITERbAV ebenfalls bereits berichtet hat.
Weitere Berichterstattung zu dem Berliner bAV-Auftakt findet sich hier.
FN1) Für Nichtseeleute: Als Kinken bezeichnet man in der Seemannssprache einen durch Verdrehen einer Leine entstehenden Knick in einer Leine. Diese wird damit unklar, weil sie nicht mehr frei durch einen Block läuft.