Das Forum für das institutionelle deutsche Pensionswesen

Jahresauftaktveranstaltung der Pensions-Akademie:

Von Keilen, Cashflow und Karbon…

und Dreiklangsdimensionen. Neulich in Frankfurt, noch vor der Corona-Krise: Jahresauftaktveranstaltung der Pensions-Akademie. Im Fokus das, was die bAV derzeit bewegt. LEITERbAV dokumentiert einige der Inhalte – wegen der Fülle der Informationen im komprimierten Stakkato-Stil.

 

Über die erstmalige Verleihung des ESG-Awards der Pensions-Akademie und die Sieger Verka und Deutsche Post hatte LEITERbAV bereits berichtet.

 

Darüber hinaus gab es auf der Tagung am 6. Februar aber weitere interessante Inhalte. Der Reihe nach:

 

Georg Thurnes, Aon-Chefaktuar und aba-Vorsitzender: ein Rundumschlag zum Tagungsauftakt

 

Georg, Thurnes, Aon…

+++ Größte aktuelle Herausforderung für alle kapitalgedeckten Altersvorsorgeprozesse ist der Niedrigzins +++ Eine der Ursachen für Niedrigzins ist Demographie, die längeres Anhalten eines sehr niedrigen, risikoarmen Zinses mitbegründet +++ Zinssituation ist Realisation eines systematischen Risikos; Niveauverlagerung, die mit traditionellen Ausgleichsmechanismen für unsystematische Risiken nicht beherrscht werden kann +++ Staatliche und private Investitionen nötig, um Wirtschaftsdynamik und so Wachstum und Vermögenserträge zu begünstigen, um dieses Grundproblem langfristig zu meistern +++

 

+++ Für EbAV steht 2020 finale Umsetzung von Berichtspflichten und neuer Vorschriften zu Governance und Risikoberichterstattung an; auf einschlägige BaFin-Positionen muss man nach wie vor warten; Hinweise auf Veröffentlichung im 2. Quartal +++ Integration von ESG-Kriterien in Kapitalanlage schreitet voran, im Risikomanagement als Pflichtübung; damit werden auch bisher schon in anderen Kategorien (z.B. Emittenten- und Marktrisiko) erfasste Risiken thematisch gebündelt und ermöglichen so ESG-orientierte Risikosteuerung; bei der Kapitalanlage selbst sind ESG-Kriterien hingegen kein „Muss“ +++ Umsetzung des Konzepts der säulenübergreifenden Altersvorsorgeinformation ist im Werden; für Trägerschaft und Identifier zeichnen sich erste Lösungsansätze ab; weniger klar scheint Finanzierung von Einrichtung und Betrieb +++Quelle: Thurnes, Aon. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

 

+++ Neuregelung für KV-Beiträge auf Direktversicherungs- und Pensionskassenleistungen zwar Schritt in richtige Richtung, aber halbherzig; auch aus aba-Sicht nicht ausreichend; Umsetzung wird Vielen noch Kopfschmerzen bereiten +++ Geplante Änderung des BetrAVG zum Insolvenzschutz für PK-Zusagen kann man im Grunde nachvollziehen, nicht aber die im ersten Anlauf gewählte Form der Umsetzung, die unnötigen Keil zwischen verschiedene Gruppen von Pensionskassen triebe +++ Mit Spannung werden Ergebnisse der Kommission verlässlicher Generationenvertrag erwartet, insb. betreffend „Obligatorium“ und vor allem „Standardprodukt“; nahezu alle bisherigen Vorschläge ähneln sich sehr in Ansparphase, betonen chancenorientierte Geldanlage (insb. in Aktien) und involvieren Arbeitgeber zumindest für Inkasso und Betreuung +++ Aber warum dann nicht gleich bAV dafür nutzen mittels reiner BZ oder extrem risikoarmer BOLZ? +++

 

 

Michael Höhnerbach, Geschäftsführer der Adesso Insurance Solutions: zur Zukunft der Altersvorsorge

 

Michael Höhnerbach, Adesso Insurance Solutions…

+++ Präsentation der Ergebnisse einer Studie, deren Ziel es war, mögliche künftige Entwicklungen des deutschen Altersvorsorgesystems in zehn bis 15 Jahren zu skizzieren sowie Rolle und Aufgaben der LVU und Versorgungsträger in diesem System zu bestimmen +++ Auf Grundlage einer Vielzahl politischer, ökonomischer, soziokultureller, technologischer und regulatorischer Einflussfaktoren per Szenarioanalyse sechs mögliche Zukunftsprojektionen berechnet und mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft sowie Branchenvertretern verprobt +++ Zusätzliche Befragungen von Endverbrauchern und von Leitern von Versicherungen +++ Allen Szenarien gemeinsam sind Umfeldtreiber wie Niedrigzins oder Demografie +++

 

+++ Ergebnis: Studie zeigt Handlungsfelder und Handlungsempfehlungen für die Branche auf +++ Die Menschen begegnen Versorgungsträgern mit gewisser Skepsis, trauen Branche aber auch langfristige Leistungsfähigkeit zu +++ Neue Generation wächst mit Erwartungshaltung heran, dass sie sich vollständig digital informieren kann +++ Trotz Digitalisierung bleibt persönlicher Ansprechpartner für Abschluss eines Rentenvertrages weiter wichtig +++

 

Quelle: Höhnerbach, Adesso. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

 

+++ Kunden realisieren zunehmend Kosten von Garantien und gewöhnen sich an niedrige Renditen +++ Flexibilität der Produkte dafür immer wichtiger; Beitragsgestaltung soll flexibel sein: Sondereinzahlungen, Absenkung oder Pausieren der Beiträge müssen sich Lebenssituation anpassen können +++ Zur Abbildung flexibler Produkte bei gleichzeitig geringen Verwaltungskosten leistungsfähige IT zwingend erforderlich +++ Know-how im Kapitalanlagemanagement wird Spreu vom Weizen trennen +++ Vereinfachung, Standardisierung und kundenspezifische Lösungen sind wesentliche Erfolgskriterien +++

 

Die dem Vortrag Höhnerbachs zugehörige Präsentation findet sich hier.

 

 

Victoria Walbröhl, Head of ESG Real Estate Germany/ Special Projects, Swiss Life Asset Management: ESG als Dreiklangsdimension

 

Victoria Walbröhl, Swiss Life Asset Management…

 +++ Nachhaltigkeit bei Immobilienanlagen eigentlich nichts Neues, liegt quasi in der Natur der Anlage +++ Immobilien als Ausdruck sozialer Verantwortung von Versicherern hat lange Tradition +++

 

+++ Schaffung langfristiger Werte und Reduktion von Risiken das Ziel als Dreiklang aus E+S+G, mit der E-Komponente als besonderer aktueller Herausforderung +++ Detaillierte Daten als Basis für Definition von Verbesserungsmaßnahmen und Messung von Nachhaltigkeitserfolgen erforderlich +++

 

+++ Nicht jede Anlage von Anbeginn „grün“; in der Entwicklung von Immobilien hin zu „grünem“ Status liegen Chancen für aktives Asset Management +++ ESG Umsetzung kostet und wird Druck auf die Renditen weiter erhöhen +++

 

Quelle: Walbröhl, Swiss Life Asset Managers. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

 

Die dem Vortrag Walbröhls zugehörige Präsentation findet sich hier.

 

 

Andreas Fritz, Vorstand der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft: der Keil durch die Pensionskassen – und zurück ins Meer!

 

Andreas Fritz, PKDW…

+++ Wir begrüßen grundsätzlich vorgesehene Erweiterung des Versichertenschutzes in der bAV +++ Pensionskassen heute einziger nicht insolvenzsicherungspflichtiger Durchführungsweg in der bAV +++ Resultiert aus damaliger (1974-er) Begründung, dass DFW Pensionskasse über Finanzaufsicht und gesetzliche Anlagevorschriften gesichert +++ Aktuelle Entwicklungen zeigen jedoch unter gegenwärtigen wirtschaftlichen Bedingungen Leistungsherabsetzungen +++

 

+++ Bisher wurden Versichertenansprüche durch die beiden Sicherungslinien Pensionskassen und Arbeitgeber gewährleistet +++ BMAS nutzt Ausnahmefall – Leistungsherabsetzung der Pensionskasse und gleichzeitige Insolvenz des Arbeitgebers – als Anlass für Reformierung der Insolvenzsicherung für Pensionskassen +++ Der dazu vorgelegte Referentenentwurf treibt Keil durch den DFW Pensionskasse: regulierte versus deregulierte Pensionskassen +++ Vorgesehene Regelungen benachteiligen regulierte Pensionskassen durch Verteuerung der Durchführung und Erhöhung des Verwaltungsaufwandes einseitig +++

 

Das Publikum…

+++ Der Beifang des Referentenentwurfes „Neuregelung der versicherungsförmigen Lösung“ und „Änderung der Voraussetzungen bei Liquidationsversicherungen“ schwächt regulierte Pensionskassen und gehört zurück in das Meer +++ Wenn schon Regelung zur Insolvenzsicherung, dann bitte einheitliche Regelung im gesamten Durchführungsweg Pensionskassen +++

 

 

Henriette Meissner, Geschäftsführerin Stuttgarter Vorsorge-Management: Erleichterung bei der Verbeitragung von Betriebsrenten – Theorie und Praxis!

 

Henriette Meissner, Stuttgarter…

+++ Kurzfristigkeit der Reform heißt Herausforderung für technische Umsetzung +++ Komplexes Verfahren: zweistufige Prüfung sowie Freigrenze plus Freibetrag +++ Freigrenze beitragsfrei in KV und Pflegeversicherung VERSUS Freibetrag beitragsfrei nur in KV VERSUS nicht für freiwillig GKV-Versicherte +++ kleine Betriebsrenten am höchsten entlastet +++

 

+++ erste GKV-Schreiben vom 20. Dezember 2019 mit vielen Einzelfragen +++ Fachgespräch des GKV-Spitzenverbands am 31. Januar 2020 mit Zahlenstellen/Anbietern +++ Kurzfristig Ergebnis-Protokoll mit Erläuterung neue Kennzeichen / neues Feld erwartet +++ Einfachbezug von Betriebsrenten (ca. 70% der Fälle) können von Zahlstellen sofort umgesetzt werden +++

 

+++ Große Lohnabrechungsprogramme ready für Einfachbezugabrechnung im 2. Quartal +++ Mehrfachbezug (Bezug von mehreren Betriebsrenten, Fallzahl ca. 30%) erst zum 1.1.2021 umsetzbar +++

Quelle: Meissner, Stuttgarter. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

 

+++ Einzuplanen: rückwirkende Korrekturen im Meldeverfahren für 2020 zu Anfang 2021 +++ Aufgabe für alle Zahlstellen: Merkblätter, Arbeitshandbücher anpassen +++ Merkblätter / FAQ zur richtigen Beauskunftung aufgrund hoher Komplexität empfehlenswert +++

 

Die dem Vortrag Meissners zugehörige Präsentation findet sich hier.

 

 

Wolfgang Murmann, Head of Solutions, Germany der Inisght Investment: Cashflow-Driven ALM in einem Niedrigzinsumfeld

 

Wolfgang Murmann, Inisght Investment…

+++ 2019 waren Negativzinsen weiter auf dem Vormarsch, inzwischen rentiert signifikanter Anteil des globalen Anleihenmarktes negativ +++ Mit liquiden IG-Anleihen lassen sich erforderliche Renditen – bei EbAV im Schnitt wohl um die 3% +++ nicht mehr erwirtschaften +++ Dies spiegelt sich in den Asset-Allokation-Trends der Pensionseinrichtungen wider +++ Liquide Aktien- und IG-Anleihenbestände werden bspw. zu Gunsten von Private Markets- und Immobilien-Investments abgebaut +++

 

+++Cashflow-Driven-Anlagestrategie kann EbAV unterstützen, Anlageziele mit erhöhter Gewissheit zu erreichen +++ Das hieße Wiederanlagerisiken durch verbesserten Asset Liability Match reduzieren, Bestände in negativ verzinslichen Anleihen minimieren, Kapital zum Vereinnahmen zusätzlicher Risikoprämien, beispielhaft Illiquidität, freisetzen und Cash-Bestände reduzieren +++

Quelle: Murmann, Insight Investment. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

 

Die dem Vortrag Murmanns zugehörige Präsentation findet sich hier.

 

 

Maximilian Bong, Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Stuttgart: das Dekarbonisierungspotenzial von Pensionskassenportfolios

 

Maximilian Bong, Universität Stuttgart…

+++ Laut EU-Kommission sollten Präferenzen der Anspruchsberechtigten Grundlage für Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsfaktoren sein +++

 

+++ Im Folgenden Ergebnisse einer experimentellen Untersuchung der Präferenzen von Probanden an der Uni Stuttgart +++ Analyse nachhaltiger Anlagestrategien hinsichtlich Eignung für Kapitalanlage einer Pensionskasse und deren Wirkung auf die durchschnittliche, gewichtete CO2-Intensität +++ Versorgungsempfänger äußerten Präferenzen für Dekarbonisierung des Portfolios, Versorgungsanwärter dagegen nicht +++ Hoher Anteil der Probanden weist nicht-finanzielle Präferenzen auf, was Vorschläge der EU Kommission untermauert +++ Ausgeprägte Heterogenität hinsichtlich präferierter Themen erschwert allerdings praktische Umsetzung in der Pensionskasse +++

 

Quelle: Bong, Universität Stuttgart. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

 

+++ Umsetzung der Nachhaltigkeitspräferenzen führt nicht zu schlechterer Anlageperformance +++ Nachhaltige Anlagestrategien haben Potenzial, Portfolio einer Pensionskasse zu dekarbonisieren, ohne Shortfall-Risiko oder Performance negativ zu beeinflussen +++

 

Die dem Vortrag Bongs zugehörige Präsentation findet sich hier.

 

…und die beiden den Event moderierenden Vorsitzenden der Pensions-Akademie, Frank Vogel und Jürgen Scharfenorth, beide Caceis. Alle Fotos: Maxi Schneider.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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