… und wie erwartet Erster. Heute auf LEITERbAV zweimal große Zahlen zur bAV: Erstens hat ein Consultant seine frühe Schätzung vom Jahresbeginn zu DBO und Plan Assets im DAX konkretisiert, und zweitens haben in turbulenten Zeiten EbAV & Co einen Spitzenplatz erklommen.
Im Januar hatte Mercer seine turnusgemäße erste Schätzung zu DBO, Plan Assets und Funding Ratio im DAX vorgenommen. Diese Auswertung hat der Consultant nun auf Basis der Auswertung einiger schon vorliegender Geschäftsberichte von Deutschlands Großkonzernen aktualisiert, die für mehr als 80% der Pensionsverpflichtungen und Pensionsvermögen im DAX-40 stehen. Die Zahlen weichen etwas von der Januar-Schätzung ab, jedoch nicht in relevanten Dimensionen. Im Einzelnen:
• Pensionsvermögen im DAX-40 gegenüber Vorjahr –17%, von 299 Mrd. Euro auf ca. 248 Mrd. Euro
• DBO von 412 auf ca. 309 Mrd. Euro infolge des Zinsanstieg 2022
• Deckungsgrad mit über 80% auf neuem Höchststand.
Wie an dieser Stelle schon berichtet, hat sich durch die geänderte Zusammensetzung des DAX das Pensionsvermögen um etwa 6 Mrd. Euro erhöht. Die Zahlungen liegen etwas höher als die neuen Zuwendungen, per Saldo kam es dadurch zu einem Mittelabfluss von etwa 2 Mrd. Euro. Im Ergebnis belaufen sich die Kursverluste also auf ca. 55 Mrd. Euro oder 18 Prozent, so Mercer.
Werden alle Karten neu gemischt?
Angesichts der klaren Zinsentwicklung gehen die Dinge in der Bilanzierung von Betriebsrentensystemen derzeit also noch ihren vorhersehbaren Gang.
Ingesamt hat sich an der Makro-Gemengelage gegenüber Januar, die daher hier nicht wiederholt werden muss, nicht allzu viel verändert – abgesehen natürlich von der Tatsache, dass die Welt seit vergangener Woche nun vor der Frage steht, ob wir infolge des (zu) schnellen Anstieges der Leitzinsen besonders in den USA derzeit nur mit wenigen Schieflagen im Bankensektor konfrontiert sind, die Aufsicht und Finanzwirtschaft unter Kontrolle halten können, oder ob sich hier wieder eine ernsthafte Finanzkrise am Horizont abzeichnet, die vermutlich mit neuer Geldschwemme, neuem Niedrigzins und hochvolatilen Kapitalmärkten einherginge – und für DBO, Plan Assets und Funding Ratio rund um den Globus wieder alle Karten neu mischen würde (und das wohl nicht zum guten).
Big is beautiful
Es ist vollbracht: Pensionsschemes aller Art sind die größte Investorengruppe im Spezialfondsmarkt: Im Dezember 2022 haben Altersvorsorgeeinrichtungen Versicherungen als größte Investorengruppe in dem Segment abgelöst. Das hat der Consultant Kommalpha AG ermittelt. In Zahlen heißt das:
Das Spezialfondsvolumen von EbAV & Co lag per Ende Dezember 2022 bei 530,4 Mrd. Euro. Für Versicherungen wurden zum gleichen Zeitpunkt 525,9 Mrd. Euro in Spezialfonds administriert.
Insgesamt blieb ein Jahresendspurt im Nettomittelaufkommen allerdings aus trotz extrem hoher Dotierungen von frischer Liquidität, weiß Kommalpha zu berichten. Das mäßige Ergebnis der Netto-Cashflows für das gesamte Jahr 2022 sieht Vorstand Clemens Schuerhoff im schwächelndem Spezialfondsgeschäft von privaten Organisationen ohne Erwerbszweck, Corporates sowie Kreditinstituten und Sozialversicherungen und öffentlichen/kirchlichen ZVK begründet.
Keine Überraschung
Seit Beginn der Zeitrechnung im Spezialfondsmarkt waren Versicherungen immer die größte Anteilseignergruppe. „Wir haben in den letzten zehn Jahren angesichts des dynamischen Wachstums des Spezialfondsgeschäfts von Altersvorsorgeeinrichtungen diverse Male prognostiziert, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie Versicherungen beim Spezialfondsvolumen überholen. Jetzt ist es tatsächlich passiert und kann als historischer Meilenstein gewertet werden.“ kommentiert Schuerhoff.
Der Wechsel an der Spitze des Volumenrankings wurde durch die Änderung des Zinszyklus Anfang 2022 eingeleitet, wo die Spezialfondsvolumina von Versicherungen deutlich stärker abnehmen als die von EbAV & Co.
Grund: die stärkere Zinssensitivität der vergleichbar bondslastigeren Kapitalanlagen von Versicherungen in Spezialfonds. „Lange Durationen beschleunigen die negativen Bewertungseffekte bei Versicherungen. Altersvorsorgeeinrichtungen sind aufgrund geringerer Bondsbestände sowie höherer Quoten in nicht-zinskorrelierte Kapitalanlagen wie Alternatives oder Real Estate von den Bewertungseffekten durch die Zinssteigerung weniger betroffen.“ so Schuerhoff weiter.
Viel Bewegung im Q4
Insgesamt wurden in den letzten drei Monaten des vergangenen Jahres lediglich 11,9 Mrd. Euro netto in Spezialfonds dotiert. Dieses Ergebnis findet Kommalpha vergleichsweise schwach, da Q4 in den letzten Jahren immer das mit Abstand stärkste Quartal hinsichtlich des Nettomittelaufkommens war.
Die Zuflüsse von frischer Liquidität waren dagegen im Q4 2022 mit 103,2 Mrd. Euro bemerkenswert hoch. Die schon seit längerer Zeit zu beobachtende hohe Umschlagshäufigkeit von Spezialfondsanteilen im Sinne der Differenz von Mittelzuflüssen und Nettomittelaufkommen hat sich im Q4 2022 noch einmal erhöht. Nur rund jeder zehnte Euro frische Liquidität verblieb netto in Spezialfondsmandaten. Der Rest wurde dem Spezialfondsmarkt wieder entzogen, in Summe rund 91 Mrd. Euro. Das ist ein extrem hoher Wert. Die Anteilscheindynamik im Spezialfondsgeschäft war noch nie so hoch wie im vierten Quartal 2022, so Kommalpha.
Wo ist das ganze Geld?
Das Nettomittelaufkommen deutscher Spezialfonds beträgt im gesamten Jahr 2022 knapp 73 Mrd. Euro. Damit wird das sehr hohe Niveau des Vorjahres nicht erreicht, sondern um immerhin fast 44 Mrd. Euro unterschritten.
Private Organisationen ohne Erwerbszweck liegen mit einem Nettomittelaufkommen von 8,5 Mrd. Euro 2022 knapp 20 Mrd. Euro deutlich unter ihrem Vorjahreswert aus 2021, Corporates mit nur 1,3 Mrd. Euro verfehlen ihr Vorjahresergebnis um satte 10 Mrd. Euro.
Kreditinstitute weisen 14,2 Mrd. Euro in 2022 auf und liegen 3,5 Mrd. Euro unter ihrem Pendant aus 2021.
Jedoch: Die beiden größten Anteilseignergruppen Altersvorsorgeeinrichtungen und Versicherungen liegen beim Nettomittelaufkommen 2022 relativ gering unter ihren Vorjahreswerten. Spezialfonds von Altersvorsorgeeinrichtungen sammelten ca. 36 Mrd. Euro netto ein, Versicherungen dotierten 11,9 Mrd. Euro netto in ihre Spezialfondsmandate.
Die Differenz zwischen Mittelzuflüssen und Nettomittelaufkommen beträgt 2022 rund 235 Mrd. Euro. Im Vorjahr 2021 betrug dieser Wert noch 168 Mrd. Euro. Bleibt die spannende Frage, wo dieser enorme Betrag von 235 Mrd. Euro hin ist?
„Leider gibt es keinerlei Daten über eine Verwendungsrechnung. Unsere Einschätzung ist daher, dass Allokationen außerhalb des Spezialfondsmantels (Luxemburg, Direktanlage etc.) sowie der Einsatz für betriebliche und bilanzielle Zwecke die Hauptgründe dieser Liquiditätsabschöpfung aus dem Spezialfondsmarkt sind“, schreibt Kommalpha.