Vergangene Woche in Bonn, das Who’s who des deutschen Pensionskassenwesens trifft sich am Rhein. Die Agenda war breit, zu diskutieren gab es wie stets genug, doch ein Thema beschäftigte Podium und Publikum besonders – und das tut es schon länger.
„Damit Pensionskassen – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – mehr in Anlagen mit höherer Rendite investieren können, sind Weiterentwicklungen der Bedeckungsanforderungen und des BaFin-Stresstests für Pensionskassen erforderlich. Nach intensiven Diskussionen im Rahmen des Fachdialogs „Stärkung der Betriebsrente“ liegen hierzu gute Vorschläge vor.“
Das schreibt die aba in einer Mitteilung im Nachgang zu ihrer neulichen Pensionskassen-Tagung, 29. September in Bonn – und erneuert damit eine Forderung, die gefühlt so alt ist wie LEITERbAV. Die Tagung fand wie üblich am Tag nach der aba-Tagung Aufsichtsrecht statt.
„Die aba fordert eine Anpassung der heute sehr strengen Bedeckungsvorschriften für Pensionskassen, wonach sie ihre versicherungstechnischen Verpflichtungen in jedem Zeitpunkt (insb. zu Buchwerten) zu 100% mit Sicherungsvermögen bedecken und die Solvabilitätsanforderungen jederzeit erfüllen muss. Diese Anforderungen begrenzen unsere Möglichkeiten in der Kapitalanlage,“ sagt Jürgen Rings, Leiter der aba-Fachvereinigung Pensionskassen, auf besagter aba-Tagung der Fachvereinigung Pensionskassen, die am 29. September 2023 in Bonn am Rhein stattgefunden hat.
Rings, im Zivilleben Chef der Hoechster Penka, führt weiter aus: „Will man dem politischen Willen im Koalitionsvertrag Rechnung tragen, wonach Gelder für Zwecke der bAV in stärkerem Maße in erwartbar höherrentierliche Anlageformen investiert werden sollen, dann brauchen wir mehr Flexibilität bei den Bedeckungsanforderungen.“
No Storno, no Cry
In die gleiche Kerbe, das aber derber, schlägt Stefan Nellshen, stellv. Leiter des aba-Fachausschusses Kapitalanlage und Regulatorik, und erklärt dies in seinem Vortrag näher:
„Die aktuellen regulatorischen Anforderungen passen nicht zum Geschäftsmodell von Pensionskassen, die den Betriebsrentnern lebenslange Renten zahlen und daher extrem langfristige Verpflichtungen haben. Zudem existieren in aller Regel für die Begünstigten keine Möglichkeiten, die Pensionskasse zu wechseln oder zu kündigen, ohne zugleich aus dem zu Grunde liegenden Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Damit haben solche Pensionskassen faktisch keinerlei Stornorisiken. Sinn und Zweck von Bedeckungsvorschriften sollte es daher sein, dass die garantierten Leistungen im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Fälligkeit ausfinanziert sind und gezahlt werden.“ Nellshen bringt das Thema klar auf den Punkt:
„Die Knete muss zwar da sein, aber erst wenn sie gebraucht wird.“
Schließe die Lücke, wer ohnehin nachschießen muss
In diesem Sinne werden – so Nellshen – modifizierte Bedeckungsanforderungen diskutiert, welche unter gewissen Voraussetzungen eine temporäre Unterdeckung (zu Buchwerten) über einen definierten Toleranzzeitraum hinweg zulassen. Voraussetzung hierfür soll eine entsprechende „Standby-Vereinbarung“ zwischen der Pensionskasse und einem oder mehreren Trägerunternehmen sein. Diese soll die betreffenden Träger verpflichten, etwaig bestehende Unterdeckungen über den Toleranzzeitraum hinweg zu schließen (falls sie sich nicht durch entsprechende Kapitalmarktentwicklungen von selbst schließen).
Aus Sicht von Rings sollte auch der BaFin-Stresstest, der ebenfalls die Möglichkeiten in der Kapitalanlage zumindest zum Teil unnötig begrenzt, weiterentwickelt werden.
Außerdem fordert die aba fordert ein „Zweites BRSG“, das neben den Anpassungen im regulatorischen Bereich auch steuerliche und arbeitsrechtliche Verbesserungen bringen muss. Ein Ausbau der Geringverdienerförderung nach § 100 EStG durch eine Anhebung der Förderquote von 30 auf 40 oder 50% und eine Dynamisierung der Einkommensobergrenze könnten laut aba noch mehr als den derzeit über 1 Mio. Geringverdienern zu einer Betriebsrente verhelfen.
„Der Fachdialog zur Stärkung der Betriebsrente und die Erfahrungen mit den ersten Sozialpartnermodellen haben gezeigt, wo der Gesetzgeber zudem nachsteuern muss, um Breitenwirkung zu erzielen“, schreibt die Arbeitsgemeinschaft. Auch nichttarifgebundene und damit viele kleine und mittelgroße Betriebe müssten nach Ansicht der aba Zugang zu Sozialpartnermodellen erhalten.
Die übliche ausführliche Berichterstattung zur aba-Pensionskassentagung erfolgt in Kürze auf LEITERbAV.
Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.