Am 28. Mai hatte sich der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichtes zwar erneut, aber erstmals unter der Vorsitzenden Edith Gräfl mit der Frage der Zulässigkeit gezillmerter bAV-Verträge befassen sollen. Doch dazu kam es nicht. Leider.
In dem Rechtsstreit hatte der Kläger (seines Zeichens Leiter der Personalabteilung bei der Beklagten), der seit Dezember 2003 insgesamt 6.500 Euro umgewandelt hatte (U-Kasse mit Rückdeckungsversicherung) und dem zum Dezember 2008 ein Rückkaufswert von circa 4.600 Euro mitgeteilt worden war, unter Verweis auf das Wertgleichheitsgebot den Ersatz aller Nachteile verlangt, die ihm durch die Zillmerung entstanden seien. Hilfsweise forderte er die Aufstockung der Versicherung, desweitern Auskunft über die Höhe der Abschluss- und Vertriebskosten (3 AZR 182/11). Die Vorinstanzen (zuletzt hessisches LAG mit Urteil vom 17. November 2010) hatten die Klage abgewiesen.
Doch letzten Donnerstag, einen Tag vor dem Termin, gab das BAG bekannt, dass die Parteien sich auf einen Vergleich geeinigt haben.
Rechtsunsicherheit besteht weiter
Dass dem Dritten Senat nun nicht Gelegenheit zur höchstrichterlichen Rechtsprechung gegeben wird, ist bedauerlich. Denn echte Rechtssicherheit fehlt in dieser Frage weiterhin. Der schon legendäre Münchner „Autohaus-Fall“ vom März 2007, der es aus unerfindlichen Gründen ohne Vergleich durch die Instanzen geschafft hatte, verfügte zwar grundsätzlich über das Format, Rechtsklarheit per Musterurteil herbeizuführen. Doch fünf vor zwölf zog seinerzeit der Arbeitgeber (und mit ihm im Hintergrund wohl Versicherer und Verbände) die Revision gegen das Urteil des LAG München zurück. Motivation könnte damals gewesen sein, dass man – spät zwar – die Aussichtslosigkeit des Falles begriffen hatte und außerdem zwischenzeitlich mit dem kruden Urteil des LAG Köln vom August 2008 einen für die Branche deutlich günstigeren Fall zur Hand hatte, um höchstrichterliche Rechtsprechung herbeizuführen.
So kam es auch, doch die zurückgewiesene Revision der Kölner Urteils – im September 2009 verhandelt noch unter Gerhard Reinecke – brachte ebenfalls nicht wirklich Rechtssicherheit. Denn der damalige Dritte Senat zog sich schlicht auf die Position zurück, dass der Kläger, der nur auf Unwirksamkeit geklagt hatte, wegen der Zillmerung wenn überhaupt Aufstockung der Versorgung hätte fordern müssen, denn nur das sei im Sinne des Gesetzgebers.
Dritter Senat mit dem Zeug zu Kehrtwenden
Abseits der Rechtsunsicherheit wäre es am 28. Mai in Erfurt außerdem interessant gewesen, zu sehen, wie der Dritte BAG-Senat des Jahres 2013 grundsätzlich und gegebenenfalls in Abkehr zu seiner bisherigen Rechtsprechung mit der also immer noch offenen Frage der Zillmerung in der bAV umgeht. Die Vorsitzende Gräfl hatte schließlich jüngst erst im Urteil zu den gespaltenen Rentenformeln gezeigt, dass sie und ihr Senat durchaus willens sind, in klarer Abgrenzung von ihrem Vorgänger Reinecke 180-Grad-Kehrtwenden durchzuführen.
Schädlich ist das Fehlen höchstrichterlicher Rechtsprechung aber auch für die bAV an sich. Schließlich ist diese in ihren versicherungsförmigen Durchführungswegen durchaus nicht frei von Kostenexzessen. Der plumpe Rückzug auf die von Branche, aber zuweilen auch von Politik und Justiz vertretene These, mit einer Verteilung der Abschlusskosten auf fünf Jahre sei das Problem erledigt, hilft jedenfalls nicht weiter. Nicht nur der Münchner Autohaus-Fall hat gezeigt, dass gegebenenfalls anfallende Gebühren von mehreren tausend Euro, die den Arbeitnehmer der Gang ins Personalbüro zur Wahrnehmung seines Rechts auf Entgeltumwandlung kosten kann, durch bloßes Verteilen auf ein paar Jahre nicht wirklich weniger werden. Das galt schon in Zeiten auskömmlicher Zinsen und Erträge. Im Zeitalter der Niedrigzinsen erst recht.