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Pirouette des Bundesarbeitsgerichtes:

Gespalten? Geht doch!

Nun also doch: „Eine vor 2003 getroffene Versorgungsvereinbarung, die für den Teil des versorgungsfähigen Einkommens oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) in der gesetzlichen Rente höhere Leistungen vorsieht als für den darunter liegenden Teil (gespaltene Rentenformel), ist nach der außerplanmäßigen Anhebung der BBG in der gesetzlichen Rente 2003 nicht ergänzend dahin auszulegen, dass die Betriebsrente so zu berechnen ist, als wäre diese Anhebung nicht erfolgt.“

Mit diesen Zeilen hat der 3. Senat des Bundesarbeitsgerichtes gestern seine eigene Rechtsprechung kassiert. Vor genau vier Jahren hatte das Gericht noch entschieden, dass ungeachtet klar anderslautender Zusage bei gespaltener Rentenformel die außerordentliche Anhebung der BBG 2003 nicht berücksichtigt werden darf. Die Lücke hätten die Arbeitgeber zu schließen, so das Gericht; auch mit der Folge, stets eine Schatten-BBG mitzuführen. Nun schreibt das Gericht: „An der gegenteiligen Rechtsprechung aus den Urteilen vom 21. April 2009 (3 AZR 471/07 und 3 AZR 695/08) hält der Senat nicht fest. Ein Anspruch auf eine höhere Betriebsrente wegen der außerordentlichen Anhebung der BBG zum 1. Januar 2003 kann sich allenfalls nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ergeben.“

Dienstsitz des BAG in Erfurt. Bild: BAG
Dienstsitz des BAG in Erfurt. Bild: BAG

Hintergrund zu dem jetzt entschiedenen Verfahren laut BAG: Der Kläger bezieht seit 2006 eine Betriebsrente. Sein Anspruch auf Versorgung beruht auf einer Gesamtzusage mit gespaltener Rentenformel. Die Beklagte hatte die Rente unter Berücksichtigung der außerplanmäßig angehobenen BBG berechnet. Der Kläger hat eine höhere Betriebsrente verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, Revision blieb erfolglos. Eine ergänzende Auslegung der Versorgungsordnung kommt nicht in Betracht. Der Kläger kann eine höhere Betriebsrente auch nicht wegen Störung der Geschäftsgrundlage verlangen. Ein Festhalten an der getroffenen Vereinbarung ist ihm nicht unzumutbar. Der 3. Senat hat gestern fünf weitere Entscheidungen zu einer vergleichbaren Problematik getroffen (3 AZR 531/11, 3 AZR 23/11, 3 AZR 24/11, 3 AZR 512/11, 3 AZR 513/11).

 

Der 3. Senat mit arbeitgeberfreundlicher Pirouette

Nach dem Urteil dürfte so mancher – auch große – Berater aufatmen, denn die Dislozierung gespaltener Zusagen war in Deutschland durchaus üblich. Vor allem aber reiht sich das Urteil in die arbeitgeberfreundliche Rechtsprechung des derzeitigen Senats ein. Schließlich war auch das jüngste Urteil zur Anpassung der Altersgrenzen grundsätzlich arbeitgeberfreundlich – wenn man davon absieht, dass der Verwaltungsaufwand offenbar noch viele Unternehmen von einer Umsetzung abschreckt.

 

Eigentlich sind derartige 180-Grad-Pirouetten bei Bundesgerichten eher die Ausnahme (auch wenn sich derzeit der BGH in Sachen Kick-Backs durchaus in der Tradition der Echternacher Springprozession übt). Heißt das, dass Gräfl, Schlewing und Spinner jetzt sukzessive Erfurter Rechtsprechung aus der Ära Reinecke kassieren? Nun, man wird sehen, und dass schon bald: Am 23. Mai entscheidet der 3. Senat in der Frage des Schadensersatzes aufgrund der Zillmerung eines bAV-Versicherungstarifs. Der Kostenexzess in diesem Fall ist lange nicht so pervers wie in dem seinerzeitigen Autohausfall des LAG München, der es bekanntlich nach Rücknahme der Revision kurz vor dem vor Termin nicht vor das BAG geschafft hat. Doch angesichts der tendenziell eher vertriebsfreundlichen Rechtssprechung Reineckes, der sich öffentlich mehrfach dafür ausgesprochen hatte, die Prinzipien der dritten Säule – Verteilung der Kosten auf fünf Jahre – simpel auf die zweite zu übertragen, ist auch auch diesem Feld genug Platz für Kehrtwenden. Und wer einwendet, dass hier eine Kehrtwende alles andere als mit einer möglicherweise vorhandenen Neigung des 3. Senats zu arbeitgeberfreundlicher Rechtsprechung harmonieren würde, dem sei zugerufen: Überteuerte Tarife mit hohen Abschlusskosten in den Markt zu drücken schadet mittel- und langfristig allen: Arbeitnehmern, Arbeitgebern, der bAV und den öffentlichen Kassen. Den Sieg tragen nur Altersarmut und Vertrieb davon.

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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