Das Europäische Parlament hat beschlossen, dass die betriebliche Altersversorgung nur im Ausnahmefall nicht unter die PRIPS-Verordnung fallen soll. Doch eben diesen Ausnahmefall gibt es in Deutschland gar nicht.
Letzten Mittwoch hat das EP über seine Position zu dem vielfältigen europäischen Regulierungsvorhaben „Packaged Retail Investment Products“ (PRIPS) abgestimmt. Infolge einer Abstimmungsniederlage der Europäischen Volkspartei (EVP) in der Frage der Einbeziehung der bAV ist der Ausnahmetatbestand dabei so restriktiv formuliert worden, dass die bAV zumindest in Deutschland über eine unmittelbar rechtswirksame EU-Verordnung ohne die Notwendigkeit einer nationalen Umsetzung wie gewöhnliche Retail-Finanzprodukte der Pflicht zu einem Key Information Document unterworfen werden würde.
In dem vom EP verabschiedeten Entwurf heißt es in Artikel 2:
„Diese Verordnung gilt für das Auflegen und den Verkauf von Anlageprodukten. Sie gilt jedoch nicht für folgende Produkte: (e) offiziell anerkannte betriebliche Altersvorsorgesysteme und individuelle Altersvorsorgeprodukte, für die das nationale Recht einen finanziellen Beitrag des Arbeitgebers vorschreibt und bei denen der Beschäftigte den Anbieter nicht wählen kann.“
Die Bedingungen sind kumulativ verknüpft, und eben diese rechtliche Obliegenheit einer Arbeitgeberfinanzierung gibt es in Deutschland nicht. Bei wörtlicher Auslegung würde die hiesige bAV – so denn der Parlamentsentwurf sich im Trilog-Verfahren durchsetzte – ohne Umsetzung in nationales Recht der PRIPS-Regulierung unterworfen.
EVP enttäuscht – Kom denkt weiter
Der Europaabgeordnete Burkhard Balz (CDU/EVP) zeigte sich gegenüber Leiter-bAV.de enttäuscht: „Die bAV ist sicherlich nicht als solches als Finanzprodukt einzustufen, es geht schließlich im Wesentlichen um eine freiwillige Sozialleistung des Arbeitgebers. Mir fehlt absolut das Verständnis dafür, dass wir in diesem Punkt nicht von den Sozialdemokraten, den Grünen und den Linken unterstützt wurden.“
Eine Einbeziehung der bAV in die PRIPS-Regulierung kann nun nur noch durch Europäischen Rat und Europäische Kommission im Rahmen des Trilog-Verfahrens verhindert werden. Aus Parlamentskreisen hieß es: „Jetzt lasten alle Hoffnungen der deutschen bAV auf der Bundesregierung, die aber im Rat – wie die CDU/CSU im Europaparlament – einen außerordentlich schweren Stand haben wird. Das Interesse an der bAV ist in vielen Mitgliedstaaten gering ausgeprägt, und in einigen Botschaften wird man nicht abgeneigt sein, der mächtigen Bundesregierung auf einem Nebenkriegsschauplatz eine kleine Niederlage zu bescheren.“ Auch die Kommission scheint insbesondere bei DC-Produkten mehr Transparenzpflichten für die Anbieter nicht abgeneigt, hat hier jedoch offenbar ein anders Regelwerk im Auge. Angesprochen auf die PRIPS-Entschließung des EP kündigte Klaus Wieder, Chef des Referats H 5 „Versicherungen und Renten“ im EU-Kommissariat Barnier, gegenüber Leiter-bAV.de an: „Die Transparenz gegenüber den Berechtigten wird eine der wichtigsten Verbesserungen in unserem Vorschlag zur neuen Pensionsfondsrichtlinie sein.“
Hintergrund
Am 21. Oktober hatte der hier federführende Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des EP unter der französischen Berichterstatterin Pervenche Berès in seinem Bericht Änderungen an dem Kommissionsvorschlag vom 3. Juli zu der Rechtsverordnung gefordert, in dem die bAV noch ausdrücklich ausgenommen war. Der Kommissionsvorschlag hatte dazu explizit auf die Pensionsfondsrichtlinie (2003/41/EC) und Solvency-II-Richtlinie (2009/138/EC) verwiesen. In dem ECON-Bericht waren unter der Sozialistin Berès diese eindeutigen Ausnahmetatbestände gestrichen worden. Die EVP-Fraktion im EP, der auch CDU und CSU angehören, hatte sich anschließend der Unterwerfung der bAV unter die Verordnung entgegengestellt und auf Initiative des Abgeordneten Werner Langen (CDU) beschlossen, mittels eines sogenannten Split-Votes bei der Abstimmung im EP explizit den betreffenden Artikel abzulehnen. Damit wäre dann automatisch der Kommissionsentwurf beschlossen worden, der im Gegensatz zu den Vorschlägen des ECON eine unzweideutige Herausnahme der bAV aus dem Regulierungsvorhaben vorsieht. Mit diesem Vorstoß ist die EVP nun gescheitert.
Weitere Hintergründe zu dem Vorgang finden sich hier und hier.