6. Juni, Berlin: Unter dem Motto „Ausgewählte Themen des Kapitalmarkts und der Kapitalanlage“ tagt in der Hauptstadt ein Zusammenschlusses von bAV-Juristen. Marco Arteaga dokumentiert für LEITERbAV einige Kernaussagen einiger der Redner in aller Kürze.
Kurzer Rückblick: Der Eberbacher Kreis – ein Verein wirtschaftsberatender Anwälte, die sich schwerpunktmäßig mit der bAV beschäftigen – hatte bereits im März unter dem Motto „Sozialpartnermodelle jetzt“ nach Berlin geladen. Auf dieser Veranstaltung hat ver.di das erste offenbar ernsthaft diskutierte Sozialpartnermodell angekündigt (das allerdings bisher noch nicht umgesetzt ist).
In seiner Tagung am 6. Juni 2019 ging der Eberbacher Kreis nun gemeinsam mit Kapitalmarktexperten aus dem In- und Ausland ausgewählten Fragen der Kapitalanlageseite der Sozialpartnermodelle nach. Nur einige der Kernaussagen der Redner seien hier dokumentiert:
Prof. Bob Merton, MIT Sloan School of Management und Ökonomie-Nobelpreisträger – zwischen individuell und komplex
„Es gibt Wahrheiten, die überall auf der Welt gleich sind. Ebenso gibt es zehn zentrale Anforderungen an Alterssicherungssysteme, die immer eingehalten sein müssen.“
Grafik zur Volldarstellung anklicken. Quelle: Bob Merton.
„Best Practice ist hilfreich, aber nicht genug, denn sie ist vergangenheitsbezogen.“
„Menschen verstehen Einkommen, nicht Kapital.“
„Man muß ein Ziel für das Einkommen im Ruhestand definieren und dann die Versorgungsberechtigten darüber informieren, ob ihre Sparleistung sie zu diesem Ziel führt.“
„Eine gewisse Individualisierung ist in Altersversorgungssystem erforderlich. Der Träger muss die Komplexität kostengünstig bewältigen. Eine für den Träger einfachere, reine Einheitslösung für alle Betroffenen genügt nicht.“
Georg Kell, Arabesque – vom Wettbewerbsvorteil zur Norm
„Die Integration von ESG Faktoren fördert Transparenz und nachhaltiges Wirtschaften. Eine rigorose Anwendung solcher Faktoren in Kombination mit Big Data für Investitionslösungen zur bAV sind noch ein Wettbewerbsvorteil. In wenigen Jahren wird es die Norm sein.“
Frank Vogel, KAS Bank – Administrations-Alpha macht effizient
„Kosten führen kein Schattendasein mehr! Kapitalanlagen-Alpha wird zunehmend ergänzt durch Administrations-Alpha und führt in Wechselwirkung mit Faktoren wie Performance, Risiko und Asset Allokation zu Wettbewerbsvorteilen durch effiziente Anlageentscheidungen.“
Prof. Oskar Goecke, TH Köln – Lasten für die jungen
„Alterssicherungssysteme müssen resilient sein, sie müssen also so gebaut sein, dass sie einerseits Störungen von außen abfedern und andererseits sie sich an strukturelle Veränderungen anpassen können.“
„Die bisherige Fokussierung auf Nominalwert-Garantien in der kapitalgedeckten Alterssicherung hat sich als Irrweg erwiesen: Zinsgarantien von 3 bis 4 Prozent passten in ein Umfeld, in dem sich Bundesanleihen mit 6 Prozent verzinst haben. Heute sind diese Zinsgarantien für die Versorgungseinrichtungen kaum noch tragbar. Dies geht vor allem zu Lasten der jüngeren Generation, denn sie müssen direkt oder indirekt diese Altlasten mitfinanzieren.“
„Das kollektive Sparmodell der reinen Beitragszusage kennt keine Zinsgarantien, ermöglicht aber eine realwertorientierte und nachhaltige Kapitalanlage und damit langfristig eine deutlich rentablere Altersvorsorge.“
Sandra Hack, EIOPA – PEPP beispielhaft
„Um ‘future-proof’ zu sein, müssen moderne Rentenlösungen die aktuellen Herausforderungen des Arbeitsmarktes, von modernen Lebensläufe, des demographischen Wandels und des wirtschaftlichen Umfeldes ansprechen.“
„Der Übergang von traditionellen Defined Benefit hin zu Defined Contribution ist ein Paradigmenwechsel, der innovatives Denken und ein neues Rahmenwerk benötigt.“
„Das Pan-European Personal Pension Product PEPP baut auf durchdachte, standardisierte, transparente und kosteneffiziente Default-Qualitätskriterien – hierbei insbesondere sogenannte ‘Risk Mitigation Techniques’ – auf, welche ebenfalls Beispiel sein können für den Einsatz in anderen, modernen Rentenlösungen.“
Wolfgang Murmann, Insight Investment – nur, wenn es belohnt wird
„Um auskömmliche Altersguthaben aufzubauen, müssen Risiken eingegangen werden. Dabei sollten, in einer diversifizierten Art und Weise, nur diejenigen Risiken eingegangen werden, für die man erwartungsgemäß belohnt wird, zum Beispiel durch den Einsatz von dynamischen Multi-Asset-Strategien.“
„Unerwünschte Risiken wie Langlebigkeit oder Geldentwertung hingegen können mittels Absicherungsstrategien abgebaut oder gar eliminiert werden.“
Andreas Beck, Index Capital – ultrastabil muss es sein
„Die neue Zinssituation zwingt Risikomanagement neu zu denken. Langfristig ausgerichtetes Risikomanagement kann je nach Ausgestaltung deutlich höhere Aktienquoten in der Portfoliosteuerung zulassen. Handlungsleitend für die Lange Frist ist dabei die Zielsetzung einer Ultrastabilität der Renditequellen.“
Christian von Buddenbrock, Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH und René Döring, Freshfields Bruckhaus Deringer LLP – so schnell wird nicht abqualifiziert
„Das Erfordernis der ‚Durchführung und Steuerung‘ nach Paragraf 21 Abs. 1 BetrAVG erfordert ein aktives Lenken durch die Tarifvertragsparteien, dessen Umfang jedoch nach wie vor unklar ist.“
„Kommen die Tarifpartner dieser Verpflichtung nicht ausreichend nach, kann dies aber nicht zu einem Aberkennen der Qualifizierung als reine Beitragszusage führen.“
Hinweis: Am 24. Januar werden erneut die „Kölner Tage Betriebsrente“ (wie schon 2017) in der Rheinmetropole stattfinden. Mehr Informationen dazu finden sich hier.
Der Autor ist Rechtsanwalt und Partner bei DLA Piper in Frankfurt am Main.