Das Bundessozialgericht in Kassel wird sich am morgigen 23. Juli mit der Krankenkassenbeitragspflicht bei Betriebsrenten aus Pensionskassen beschäftigen, die privat fortgeführt worden sind. Es ist eine Klage der Gelackmeierten, um sich wenigstens partielle Gerechtigkeit zu verschaffen.
Rückwirkend gelackmeiert sind – vor allem angesichts der Anwendung auf den Bestand – unabhängig von dem Ausgang des Verfahrens grundsätzlich alle Betriebsrentner, die nicht privat krankenversichert sind. Doppelt gelackmeiert sind vor allem die gesetzlich Versicherten, die seinerzeit oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze verdient haben, also während der Einzahlphase der Direktversicherung noch nicht einmal Beiträge gespart haben. Dreifach gelackmeiert sind sie, wenn sie darüber hinaus die Direktversicherung privat weitergeführt haben und als Rentner freiwillig gesetzlich versichert sind. Denn dann zahlen sie Krankenversicherungsbeiträge ohnehin auf alles, was reinkommt (das war allerdings auch schon vor 2004 so). Wie dem auch sei: Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass nach dem Niedrigzins, neben überschaubaren Fördertatbeständen und neben zuweilen zu hohen Kosten die nachgelagerte Beitragspflicht ein Kardinalproblem der Rentierlichkeit der deutschen bAV darstellt. Und eben die diese fundamentale Frage, also ob und warum Betriebsrenten überhaupt beitragspflichtig sein sollen, steht ja zumindest derzeit überhaupt nicht zur Diskussion, weder juristisch noch politisch, weder für die Vergangenheit noch für die (nähere) Zukunft.
Das Wissen der Bundesrichter
Olaf Keese, Chef der Sparkassen Pensionskasse, hat am 10. Juli in Leiter-bAV.de für den Fall einer BSG-Entscheidung zugunsten der Krankenkassen die Erwartung geäußert, dass wenn „auch nur geringste Zweifel an der Vereinbarkeit mit den vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Direktversicherung aufgestellten Grundsätzen bestehen, eine weitere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes für den Durchführungsweg Pensionskasse herbeigeführt werden wird.“
Das wissen natürlich auch die Kasseler Bundesrichter – genauso, wie sie wissen, dass die Krankenkassen bei einer Niederlage kaum nach Karlsruhe ziehen werden. Ob also die mäßig angenehme Aussicht, sich bei einer Entscheidung im Sinne der Krankenkassen (und nur bei einer solchen) nach dem Direktversicherungs-Fall in einer analog gelagerten Frage erneut aus Karlsruhe belehren lassen zu müssen, bei der Urteilsfindung in Kassel eine Rolle spielt, bleibt abzuwarten, erscheint aber nicht unplausibel. Tipp daher von Leiter-bAV.de: Das BSG wird allen drei Revisionen stattgeben.
Auffällige Häufung in den Massenmedien
Die Politik stellt sich zwar taub, gleichwohl taucht die Problematik der Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten als solche (also nicht runterfiletiert auf die Problematik der privat fortgeführten Verträge) derzeit verstärkt in der Presse auf (wie man in den vergangenen Presseschauen von Leiter-bAV.de hier, hier, hier, hier und hier beobachten kann).
Ist das bevorstehende Verfahren möglicherweise der Grund für diese Häufung? Allerdings ist in der Berichterstattung der Massenmedien von dem Verfahren regelmäßig keinerlei Rede, und man muss wohl davon ausgehen, dass dieses außerhalb des Parketts und der Fachpresse, also auch bei den Redakteuren der Massenmedien, kaum überhaupt bekannt sein dürfte.