Schwermut in Stuttgart: Die Metallgewerkschaftler Baden-Württembergs waren ein steter Befürworter der Einführung der reinen Beitragszusage in ihrer Industrie – und haben sich auch fachlich enorm ins Zeug gelegt. Alles vergebens. Nun haben sie einen letzten Bericht zum SPM vorgelegt. Ihr Frust spricht aus jeder Zeile. Doch: Ist das letzte Wort überhaupt gesprochen?
„Wir haben uns einer großen Aufgabe gestellt: Wir brauchen dringend eine (neue) sichere, werthaltige und im Vergleich zu bestehenden Modellen, gute betriebliche Rente. Deutlich mehr als die Hälfte unserer Kolleginnen und Kollegen sind auf eine neue Lösung angewiesen: die Beschäftigten im Organisationsbereich der IG Metall, die keine bAV haben, nur eine Mini-bAV oder deren Versorgungswerk bereits geschlossen ist oder droht, geschlossen zu werden. Wir sind sicher: Mit dem SPM haben wir diese gute und sichere Lösung entwickelt.“
Das schreibt Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, im Vorwort des „Abschlussberichtes Sozialpartnermodell: Für ein gutes Leben – auch in der Rente“, erschienen am 25. Januar.
Mit dem Bericht – und der Frust der Verantwortlichen klingt nicht nur im Vorwort durch – wurden die IG-Metaller im Südwesten von dem IGM-Vorstand beauftragt, nachdem wie hier berichtet der IGM-Gewerkschaftstag das SPM im Oktober 2023 mehrheitlich abgelehnt hatte. Nach dieser Entscheidung mussten die SPM-Verhandlungen beendet werden.
Noch-Chef Zitzelsberger schreibt weiter:
„Das Ergebnis unserer Arbeit ist mehr als bemerkenswert. Wir haben verglichen mit den üblichen Versicherungsprodukten nicht nur ein rentierlicheres bAV-System entwickelt. Obendrein ist es insgesamt vor allem für den Einzelnen ohne formale Sicherheiten wertstabiler als etwa die BZML oder die boLZ. Und das bereits bei einem Kollektiv von 50.000 Versicherten mit einem jährlichen Zuwachs von 5.000 weiteren.
Warum das so ist, zeigt das Ergebnis der Broschüre: Das SPM ist das exklusive Modell der Tarifvertragsparteien, die durch Steuerung dafür sorgen, diese Wertigkeit und Sicherheit zu erreichen. Ganz im Sinne unseres Anspruchs als Gewerkschaft ist es das einzige bAV-System, das im Kollektiv funktioniert und nicht nur den Einzelnen durch die entwickelten Sicherungssysteme absichert. Solidarität gewinnt! Millionen von Kolleginnen und Kollegen könnten eine zureichende und sichere bAV erhalten.“
Nun, den vorletzten Satz kann man kritisch sehen („das einzige im Kollektiv funktionierende bAV-System…“?), aber gleichwohl: in der Sache kann man sich dem anschließen.
Bitte weitermachen, wir haben ein verbindliches Ergebnis
Auf fast 50 Seiten exerzieren die Südwestler das Sozialpartnermodell en Detail durch, im Allgemeinen wie im Speziellen auf die IGM bezogen: Rechts- und Rechnungsgrundlagen, Puffersysteme, Musterrechnungen, Vergleiche, Kapitalanlage etc. pp.
Und auch den tarifpolitischen Counterpart lässt man in dem Bericht gern zu Wort kommen; Peer-Michael Dick, ex-Hauptgeschäftsführer Südwestmetall, nimmt Stellung zum Sozialpartnermodell – und er „betont ausdrücklich“, das …:
„… Südwestmetall diesen Bericht keinesfalls als Abschlussbericht betrachtet, sondern als Zwischenbericht über die bisherigen Ergebnisse. Hintergrund ist die Tatsache, dass wir ein verbindliches Verhandlungsergebnis mit der IG Metall Baden-Württemberg haben, dem der Vorstand der IG Metall auch zugestimmt hat. SWM erwartet daher weitere zielführende Verhandlungen zur Finalisierung.“
Und auch Dick warnt vor Frust:
„Die Beschlüsse, die aus dem Gewerkschaftstag der IG Metall zum SPM getroffen wurden, kann ich auch aus den [in dem Bericht] geschilderten vorteilhaften Gründen für alle Seiten in keinster Weise nachvollziehen. Die bisher davon überzeugten Unternehmen würden vor den Kopf gestoßen, vor allem aber würden die Beschäftigten, denen solche besten Aussichten für eine mögliche Zusatzversorgung in Aussicht gestellt wurden, in höchster Weise frustriert werden.“
Auch diesen Aussagen kann man sich anschließen (und dass an sich nur Adjektive komparationsfähig sind, darüber sei hier ausnahmsweise großzügig hinweggesehen).
Die IG Metall Baden-Württemberg betont in dem Bericht vielfach den Aufwand, den sie zur Entwicklung des Modells betrieben hat – und hat ihn auch grafisch dargestellt:
Quelle: IG Metall Baden-Württemberg. Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Man beachte auch dort den Schwermut, der aus dem Text in der Grafik spricht.
Bemerkenswert auch eine weitere Information aus dem Bericht: Die Aussagen befragter Betriebsräte nach den Gründen für zurückgehende bAV bzw. die Zurückhaltung der Arbeitgeber. Einsam an der Spitze, wie die folgende Abb. zeigt: die Bilanzberührung.Grafik zur Volldarstellung anklicken.
Es fehlte ein Jahr – nach fünfen der Beschäftigung damit
Zum Fazit der IGM-Autoren, sie schreiben:
„Wir sind davon überzeugt, dass unser Modell das Problem gelöst hätte. Die Modellierungen kamen zu einem sehr guten und sicheren Ergebnis. Zum Go-live hätten wir noch ca. 12 Monate gebraucht.
Jetzt kommt es darauf an, welche Alternativen aufgezeigt werden. Dies muss schnell und daher mindestens in dem Reifegrad erfolgen, den das SPM bereits hat. Schließlich beschäftigt sich die IG Metall mit dieser Problematik bereits seit über fünf Jahren.
Der TV EUW und der TV AVWL klären lediglich die Finanzierung, aber nicht, wohin die Beiträge fließen. Unser Anspruch: Wir müssen verhindern, dass wir der Versicherungswirtschaft mit ihren anderweitigen Kapitalinteressen ein weiteres Geschenk machen.“
Auffallend – neben dem recht harten Seitenhieb gegen die Assekuranz – dass sich der Bericht die o.a. Aussage Dicks nach einer Zukunftsfähigkeit des Modells nicht zu eigen macht. Vermutlich sieht man die Sache dort endgültiger als bei den Südwestmetallern?
Wie dem auch sei, der Bericht der IG Metall Baden-Württemberg findet sich hier.
Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.