Hat ein Arbeitgeber eine marktübliche Verzinsung des Versorgungskapitals zugesagt, stellt sich unmittelbar die Frage nach dem angemessen Zins. Manch Arbeitnehmer jedenfalls scheint seinen ehemaligen Arbeitgeber für einen Versicherer zu halten.
Gestern berichtete LEITERbAV, dass das Bundesarbeitsgericht am heutigen Dienstag über die Frage des Eingriffs in erworbene Anwartschaften entscheiden wird. Unter dem Aktenzeichen – 3 AZR 272/15 – verhandelt der Dritte Senat heute jedoch über einen weiteren Sachverhalt, der nicht weniger brisant sein dürfte, im Gegenteil. Das BAG schreibt dazu:
„Die Parteien streiten über die Verzinsung einer kapitalisierten Altersversorgung. Bei der Beklagten, einem Technologiekonzern, besteht im Rahmen der bAV eine Regelung zur Entgeltumwandlung, die zum Aufbau eines Ruhegeldkontos führt. Die Beklagte und der bei ihr bestehende Gesamtbetriebsrat haben Auszahlungsrichtlinien vereinbart. Danach kann das Versorgungskapital nach Eintritt des Versorgungsfalls in maximal 12 Jahresraten ausgezahlt werden. Ferner heißt es in dieser Regelung auszugsweise:
'Das noch nicht ausgezahlte Versorgungskapital … wird mit einem marktüblichen Zinssatz p.a. verzinst, der abhängig ist von der durchschnittlichen Ratenlaufzeit. Das Unternehmen legt diesen Zinssatz jeweils im Februar vor Auszahlung der ersten Rate für jede Ratenanzahl (2 bis 12 Raten) fest. Die Festlegung ist verbindlich für die Auszahlung aller Raten dieser Versorgungsberechtigten.'
Der Kläger schied mit Vollendung des 65. Lebensjahres am 28. Februar 2011 aus dem Arbeitsverhältnis bei der Beklagten aus. Das Versorgungskapital zum Stichtag 31. Januar 2012 betrug 363.534,48 Euro. Der Kläger wählte aus steuerlichen Gründen eine Auszahlung in 12 Jahresraten. Die Beklagte gewährte dem Kläger einen Zinssatz von 0,87%. Diesen setzte sie aufgrund der Zinsstrukturkurve für europäische Staatsnullkuponanleihen (Bloomberg Yield Curve) fest.
Der Kläger begehrt mit seiner Zahlungsklage den Differenzbetrag von 10.595,74 Euro, der sich bei einer Verzinsung mit 3,55% pro Jahr ergibt. Der Kläger meint, dies sei als marktübliche Verzinsung iSd. Auszahlungsrichtlinien anzusehen, weil der Zinssatz der üblichen Rendite im Falle des Durchführungswegs einer Direktversicherung entspreche. Die Beklagte ist der Auffassung, die Auszahlungsrichtlinie vermittle ihr ein einseitiges Bestimmungsrecht. Sie habe mit dem gewählten Zinssatz von 0,87% einen marktüblichen Zinssatz zugrunde gelegt.
Das ArbG hat die Zahlungsklage abgewiesen. Das LAG hat der Berufung des Klägers teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 4.962,24 Euro verurteilt. Es hat einen Zinssatz von 2,13% für marktüblich im Sinn der Auszahlungsrichtlinien gehalten (Rendite für im Februar 2012 erworbene Bundesanleihen bei einer Laufzeit von 11 Jahren). Hiergegen richtet sich die vom LAG zugelassene Revision beider Parteien.“
Vorinstanz war das LAG Nürnberg mit Urteil vom 9. März 2015 – 7 Sa 64/14 -.