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Lurse Round Table „Frauen in der bAV“ (XIII)– BASF:

See me, feel me, sign me

Wenn das Geld in der Pensionskasse chillt: Die Ludwigshafener gehen neue Wege, auch junge Azubis für die Betriebsrente zu gewinnen. Im Fokus der reinen Inhouse-Lösung standen spezielle Herausforderungen, spezielle Hürden, spezielle Sprache, spezielle Medien … Sarah Mostowys erläutert Einzelheiten.

Von allen Beschäftigten sind die Azubis am weitesten von der Rente entfernt. Ihnen die betriebliche Altersversorgung (bAV) näher zu bringen und sie für die Teilnahme daran zu gewinnen ist daher stets eine besondere Herausforderung.

Beim jüngsten Lurse Round Table „Frauen in der bAV“ am 20. Juni in den Räumen der Siemens AG in Berlin stellten Sarah Mostowys, Senior Specialist Projects & Strategy und Annika von Albedyll, Senior Specialist Pension & Social Security Law, beide BASF SE, ein modernes Kommunikationsprojekt zur Betriebsrente vor, das sich speziell an die Azubis des Unternehmens richtet. Mostowys berichtet in den folgenden Ausführungen über das Projekt:

Eine Sozialleistung als Wettbewerbsvorteil

Im Kampf um Fachkräfte bietet eine unternehmerische Sozialleistung wie die bAV einen wertvollen Wettbewerbsvorteil. Studien zufolge betrachten rund die Hälfte aller deutschen Unternehmen (48%) sie daher als ihren wichtigsten Benefit. Allerdings sind Betriebsrenten komplex und erklärungsbedürftig. Um sie erfolgreich zu gestalten, muss man ihren Nutzen, ihren Leistungsumfang, das Finanzierungsmodell und viele weitere Aspekte überzeugend kommunizieren.

Vor allem kommt es darauf an, alle Beschäftigten zielgruppengerecht anzusprechen – je nach Alter, Berufsgruppe, Job-Level und Beschäftigungsgrad, aber natürlich auch nach ihrer gewohnten Sprache, ihren Arbeitszeiten und Standorten.

Infoveranstaltungen ohne Rückfragen?

Wer junge Beschäftigte und Auszubildende für die bAV begeistern will, muss einige spezielle Hürden überwinden: Erstens ist der Ruhestand für die jungen Menschen noch weit entfernt und wenig greifbar. Zweitens haben sie meist andere finanzielle Prioritäten. Und drittens fehlt ihnen zumeist das Grundwissen über die Notwendigkeit und die Funktionsweise der Altersvorsorge.

Die BASF suchte daher im Jahr 2023 nach neuen Wegen, um ihre mehr als 2.000 Azubis, darunter etwa 700, die ihre Ausbildung gerade erst begonnen hatten, für die bAV zu begeistern – insb. für die Tarifliche Entgeltumwandlung in der Chemiebranche.

Das Unternehmen wollte ihnen den bestmöglichen Start in die Altersvorsorge ermöglichen und sie dazu anhalten, kein Geld zu verschenken, da die Entgeltumwandlung bzw. der sog. Entgeltumwandlungsgrundbetrag (Details s.u.) nur auf Antrag gewährt wird. Zudem sollte ihnen ein grundlegendes Verständnis für die bAV, Entgeltumwandlung und Altersversorgung vermittelt werden.

Nur: In der Vergangenheit wurden Informationsveranstaltungen in Kleingruppen von 15 Personen angeboten. Dabei kamen in der Regel keine Rückfragen. Daher entschied sich das Unternehmen für etwas ganz Neues.

Video-Konzept für junge Menschen

BASF entwickelte ein Erklärvideo, das speziell für Auszubildende gedacht war. In generationengerechter, lockerer Umgangssprache gehalten, sollte es zugleich unterhaltsam, informativ, kurz und prägnant sein. Das Video sollte das komplexe Thema betriebliche Altersversorgung so einfach und verständlich wie möglich vermitteln.

Um sicherzustellen, dass das Video die richtige Sprache treffen und bedarfsgerecht gestaltet sein würde, betraute BASF mit dem Projekt eine junge Mitarbeiterin, die gerade ein duales Studium der Wirtschaftsinformatik absolvierte.

Stargast Betriebsrente

Das Video behandelt den Tarifvertrag über Einmalzahlungen und Altersvorsorge (TEA). Dieser besagt, dass Arbeitnehmer und Auszubildende der Chemiebranche pro Kalenderjahr Anspruch haben auf eine Einmalzahlung von 487,57 Euro, den sog. Entgeltumwandlungsgrundbetrag (TEUG), sowie auf die Grund-Chemietarifförderung von 134,98 Euro, wenn diese in die Entgeltumwandlung fließen.

Tariflich Beschäftigte der Chemiebranche können also ohne Eigenleistung jährlich 613,55 Euro von ihrem Arbeitgeber für die bAV erhalten. Das umgewandelte Entgelt fließt in die unternehmenseigene Pensionskasse. Das Video stellt aber auch klar, dass der Anspruch auf den TEUG und die Grund-Chemietarifförderung nur auf Antrag gewährt wird.

Ein weiteres Thema des Videos ist die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV). Die zentrale Aussage lautet, dass diese aufgrund der demografischen Entwicklung nicht ausreichen dürfte, um den Lebensstandard im Alter zu halten. Und dass sich daraus die Notwendigkeit einer zusätzlichen Absicherung über die bAV ergibt.

Realisierung des Projekts

Das Video wurde in sechs Monaten verwirklicht. Unterstützt von bAV-Experten des Unternehmens arbeitete sich die Werksstudentin zunächst in das komplexe Thema ein: in die Betriebsrente, die Versorgungszusagen bei BASF und in die GRV.

Ein wichtiger erster Schritt war die Auswahl der Software zur Erstellung des Videos. Dabei kam schließlich ein Programm aus dem BASF-eigenen Produktkatalog zum Einsatz, das eine Komplettlösung für einfache Videobearbeitung darstellt. Außerdem ermöglicht es eigene Audio-Aufnahmen. und erfordert nur wenig Einarbeitungszeit.

Verständliche Sprache

Die zu vermittelnden Inhalte wurden vorerst in der üblichen Fachsprache formuliert. Danach ging es ans Übersetzen: Im Austausch mit anderen Auszubildenden entwickelte die Studentin Synonyme für bAV und Altersversorgung in jugendgerechter Sprache. Das Resultat kann sich sehen lassen und lädt mitunter zum Schmunzeln ein. Es entstanden kreative Formulierungen, die im Zusammenhang mit der bAV neu, frisch und unverbraucht waren. Hier einige Beispiele:

• Der heutige Stargast ist die Betriebsrente!

• Betriebliche Altersversorgung steht für „easy Geld sparen fürs Alter“.

• Betriebsrente ist der Rettungsring für eure Rente.

• Es ist eine Art geschenktes Geld, das euer Arbeitgeber in eure Zukunft investiert!

• Das Geld chillt in der Pensionskasse.

Nach Abstimmung mit der Fachabteilung wurden die neuen Wortkreationen in den Text für das Video eingearbeitet.

Ansprechende Bilder

Für die visuelle Darstellung wurden Smart Art-Bilder von einer gemeinfreien Internetseite in die Video-Software geladen. Es war beabsichtigt, dass das Endprodukt den gängigen Erklärvideos auf YouTube ähnelt, mit denen die junge Zielgruppe vertraut ist. Abschließend sprach die Studentin den Audio-Text ein.

Das Video, das in diesem Frühjahr fertig wurde, ist 7 Minuten lang. Es steht allen Auszubildenden auf der internen Lernplattform der BASF zur Verfügung. Darüber hinaus finden sie alle wichtigen schriftlichen Informationen zum TEUG sowie das Antragsformular im Intranet der BASF. Selbstverständlich können sie die tarifliche Entgeltumwandlung auch elektronisch mit einem Klick beantragen.

Fazit

Die innovative Gestaltung des Videos stellt sicher, dass seine Inhalte nicht nur verständlich, sondern auch unterhaltsam sind, zum Handeln auffordern und langfristig im Gedächtnis bleiben. Die Nutzer können das Video wiederholt anschauen, wenn sie etwas nicht auf Anhieb verstanden haben. Nach den bisherigen Präsenzveranstaltungen konnte man sich mangels Nachfragen über den Lerneffekt nicht sicher sein.

Genau diesen Effekt aber hat das Video, wie sich inzwischen zeigt. Es kommt sehr gut an und erste Rückmeldungen belegen, dass die Auszubildenden ihren digitalen Antrag für die tarifliche Entgeltumwandlung TEUG früher auf den Weg bringen als in den Vorjahren. Und plötzlich ist das weit entfernte Thema Rente ganz nah.

Die Autorin ist Senior Specialist Projects & Strategy, BASF SE.

Der Beitrag beruht auf einem Vortrag der Autorin und Annika von Albedyll, gehalten auf dem Lurse Round Table Frauen in der bAV am 20. Juni in den Räumen der Siemens AG in Berlin.

Das zur heutigen Headline anregende Kulturstück findet sich hier.

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