Doppelverbeitragung vor dem Bundessozialgericht und kein Ende. Diesmal ging es um einen Fall, in dem ein Betriebsrentner zwar eine ordentliche Summe im Zuge eines Vergleichs von der beklagten Krankenkasse zurückholen konnte, aber seine Streitigkeiten mit der Kasse sich darüber hinaus fortsetzten. Doch dafür hielt sich der 12. Senat nicht mehr zuständig.
Soeben erst hatte LEITERbAV über ein Verfahren vor dem 12. Senat am 8. Juli berichtet, in dem ein Betriebsrentner erneut mit seiner Klage auf Rückerstattung der Verbeitragung der Kapitalleistung seiner Direktversicherung gescheitert ist. Fast zeitgleich, einen Tag vorher, hatte der 12. Senat sich auch mit den profaneren Untiefen der Causa Doppelverbeitragung zu beschäftigen – wobei es gleichwohl um viel Geld ging:
In dem an sich schon einige Jahre zurückliegendem Fall B12KR18/18R (Vorinstanzen SG Koblenz – S 13 KR 1066/13 vom 28. April 2014 und LSG Rheinland-Pfalz – L 5 KR 130/14 vom 2. Juli 2015) bezog der Kläger vierteljährliche Sofortrentenzahlungen aus einem Rentenversicherungsvertrag aus 1995. Die beklagte Barmer hatte die Beitragspflicht der Rentenzahlungen festgestellt, das SG diese verworfen und die Barmer zur Erstattung der gezahlten Beiträge verurteilt. Nach Erledigung des Rechtsstreits hinsichtlich der Beitragspflicht zur sozialen Pflegeversicherung hatte dann das LSG die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen.
In der mündlichen Verhandlung hatten die Beteiligten sich vor dem 12. Senat dann am 10. Oktober 2017 verglichen: Die Barmer hatte das Nichtbestehen der Beitragspflicht anerkannt, die angefochtenen Bescheide aufgehoben und sich verpflichtet, „über die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge erneut zu entscheiden“. Warum die Barmer seinerzeit dazu bereit war, ist leider nicht bekannt.
Wie dem auch sei, die Barmer hat daraufhin die von 2009 bis 2017 entrichteten Beiträge nebst Zinsen in Höhe von insgesamt rund 45.000 Euro erstattet, die Rückzahlung der von 2004 bis 2008 entrichteten Beiträge aber wegen Verjährung abgelehnt. Hiergegen hat der Kläger erneut Klage erhoben und den Vergleich von 2017 wegen arglistiger Täuschung seitens der Beklagten angefochten und die Fortsetzung des Revisionsverfahrens beantragt. Der Beklagtenvertreter habe ihm vor Abschluss des Vergleichs ausdrücklich „eine kurzfristige und unproblematische Rückerstattung der Beiträge“ zugesichert, zitiert der Senat den Kläger.
Und was sagen die Bundesrichter dazu? Sie fassen sich ungewöhnlich kurz:
„Der Antrag auf Fortsetzung des Revisionsverfahrens hatte keinen Erfolg. Der Rechtsstreit wurde durch den vor dem Senat am 10. Oktober 2017 wirksam geschlossenen Vergleich beendet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ‚eine kurzfristige und unproblematische Rückerstattung der Beiträge‘ in Aussicht gestellt worden war. Dadurch wird nicht eine uneingeschränkte Beitragserstattung als falsche Tatsache vorgespiegelt. Die von der Beklagten übernommene Verpflichtung, über das Beitragserstattungsbegehren erneut zu entscheiden, steht unter dem Vorbehalt der Prüfung der Erstattungsvoraussetzungen.“
Die bella Noche von Berlin
Man mag das fast für eine Posse halten, wenn auch für eine großvolumige. Doch auch dieser Fall illustriert, welchen Unmut, welche Wut gar die Politik mit ihrer fatalen, nur halb-legalen1) Nacht-und-Nebel-Aktion 2003 erzeugt hat – als die SPD mit Gesundheitsministerin Ulla Schmidt in der Regierung war und Horst Seehofer mit der Union in der Opposition. Ein Unmut, der qua Vertrauensverlust in die Rechtssicherheit auch die bAV an sich beschädigt hat und bis heute weiter schädigt.
Unvergessen auch eine weitere Posse am Rande, nämlich dass Seehofer danach gesagt haben soll, diese Nacht sei eine der schöneren Nächte seines Lebens gewesen. Ein Kommentar seiner Frau zu dieser Aussage ist übrigens nicht überliefert.
1) Halb-legal war die gesetzgeberische Maßnahme insofern, als dass das Bundesverfassungsgericht diese bekanntlich zwei Mal als partiell verfassungswidrig zurückstutzen musste.