Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BDA hat sich auf eine erste Position zum Vorschlag des BMAS zur Stärkung tarifparteilich getragener EbAV festgelegt. Diese ist ambivalent.
Mit dem Interview, das Hans Ludwig Flecken, Abteilungsleiter der Abteilung 4 Sozialversicherung und Alterssicherung im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, am 23. Oktober Leiter-bAV.de gegeben hat, ist die Diskussion auf dem Parkett in vielen Einzelheiten öffentlich geworden. Mit seinem Kommentar „Kein dritter Schuss“ hat Boschs Pensionschef Bernhard Wiesner anschließend eine dezidierte Industrieposition dargelegt.
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Just am Erscheinungstag des Flecken-Interviews haben die Arbeitgeber sich auf eine erste Positionierung in dieser Sache geeinigt. Das BDA-Papier, dem bAV-Ausschuss des Spitzenverbandes entstammend, trägt den Titel „Bewertung des Diskussionsvorschlags aus dem BMAS zur tarifvertraglich gestalteten betrieblichen Altersvorsorge vom 6. Oktober 2014“ und beginnt mit dem Satz:
„Der vorliegende Vorschlag aus dem BMAS ist abzulehnen, da er nicht geeignet ist, die betriebliche Altersvorsorge zu stärken.“
Es folgen die Bedenken: Da ist zunächst die Frage der Insolvenzsicherung. Die BDA bemängelt, dass die als Voraussetzung einer Enthaftung der Arbeitgeber zwingend vorgesehene Mitgliedschaft im Sicherungsfonds der als gemeinsame Einrichtung definierten Pensionskassen und -fonds zur Folge hätte, dass diese Einrichtungen die Eigenmittelanforderungen von LVU – sprich ab Januar 2016 Solvency II – erfüllen müssten. Die BDA verweist darauf, dass man das heute im Prinzip schon haben könnte, es aber nicht will:
„Von der schon heute bestehenden Möglichkeit zur freiwilligen Mitgliedschaft im Sicherungsfonds hat daher aus gutem Grund keine einzige Firmenpensionskasse Gebrauch gemacht, obwohl damit aufgrund der vorrangigen Haftung des Sicherungsfonds faktisch eine Enthaftung der Arbeitgeber gewährleistet wäre.“
Einher ginge eine solche Problematik mit der Schwierigkeit, auf europäischer Ebene die Einführung eines Solvency-II-artigen Regimes zu verhindern, da man argumentativ in eine Zwickmühle gerate, wenn man eben ein solches Regime partiell zuhause installiert habe.
Zwischenfazit von Leiter-bAV.de: Es lassen sich auch andere Ideen der Insolvenzsicherung finden und prüfen (zum Beispiel ein PSV-II, und dieser ist ja bekanntlich von Solvency II ausdrücklich ausgenommen), und die Gefahr eines Solvency-II-artigen Eigenmittelregimes aus Brüssel ist mit dem Amtsantritt Jonathan Hills und damit der H 5 in britischer Hand ohnehin Geschichte (zumindest bis zu einem Brexit).
Dann jedoch fahren die Arbeitgeber in ihrem Papier sinngemäß mit einem „Aber“ fort – „Aus den genannten und weiteren Gründen sind mindestens folgende Modifikationen des Vorschlags erforderlich“ – will sagen: so ganz strikt wie im ersten Satz geschrieben ist die Ablehnung dann doch nicht. Konkret mahnt die BDA für die weitere Diskussion an:
– Verzicht auf die Pflichtmitgliedschaft im Sicherungsfonds nach VAG nach § 17b-E Satz 3. Hier sollten in der Tat Alternativen geprüft werden. Das Papier verweist nicht zu unrecht auf „die – Gefahr einer Mithaftung von EbAV für einen in Schieflage geratenen Lebensversicherer.“
– Streichung der Vorgabe von Beitragszahlungen durch den Arbeitgeber.
– Grundsätzliche Verbesserungen der Rahmenbedingungen der bAV unabhängig von dem jetzigen Vorschlag, und da gibt es ja wahrlich genug zu nennen, die BDA fokussiert sich auf: bessere Integration der Riesterförderung in die bAV; Verbesserung der steuer- und beitragsrechtlichen Bedingungen (Erweiterung der Grenzen des § 3/63); Vereinfachung der bAV und Abbau von bürokratischen Belastungen (erleichterte Abfindung von kleinen Anwartschaften und vereinfachte Regelungen zur Anpassung); Weiterentwicklung der BZML für Pensionsfonds (nicht-versicherungsförmige Durchführung auch auch in der Leistungsphase).
Fazit: Mit Ausnahme des Aufbohrens des 3/63 (falls das überhaupt derzeit kriegsentscheidend ist) sind die Vorschläge der BDA ohne größere Friktionen umsetzbar beziehungsweise stehen ohnehin auf der Tagesordnung, die Bedenken also ausräumbar – erst recht im Verhältnis zu der Dimension der Chancen, die sich durch den BMAS-Vorschlag ergeben. Diskussionsbedarf gäbe es wohl über die konkrete Ausgestaltung respektive Notwendigkeit einer obligatorischen Matching Contribution, doch angesichts der Vielfältigkeit der denkbaren Lösungen sollte sich auch hier von Vernünftigen Kompromissfähiges entwickeln lassen.
Es sei allen Beteiligten also erneut zugerufen: Das Eisen schmieden, solange es heiß ist.
Oder, wie man in Köln am Rhein sagen würde: Wenn nicht jetzt, wann dann?!
Das Papier der BDA findet sich verlinkt hinter dem grafischen Element oben.