Wie geht es mit der Altersvorsorge weiter im anhaltenden Niedrigzinsumfeld? Diese Frage beschäftigte nicht zum ersten Mal eine Mitgliederversammlung der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV). Konkrete Vorschläge liegen auf dem Tisch, doch die Bundesregierung zögert. Neue staatliche finanzielle Impulse sind nicht in Sicht.
In der Podiumsdiskussionsrunde zur Eröffnung der gestrigen DAV-Mitgliederversammlung 2015 in Berlin hielt sich der parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen (BMF) Michael Meister (CDU) bezüglich einer Stärkung der bAV deutlich zurück. Zunächst will man sich in der Bundesregierung ein Bild machen, wo die Hemmnisse in der staatlich geförderten Altersversorgung liegen. Die bei der Universität Würzburg hierzu in Auftrag gegebene Studie soll zum Jahresende vorliegen. Das Zögern ist für den Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) Heribert Karch unverständlich. „Wir haben kein Erkenntnisdefizit sondern Handlungsdefizite“, sagte Karch in der Diskussionsrunde.
Karch lobte zwar die derzeit beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) diskutierte Idee, über Tariffonds gerade bei kleineren und mittleren Betrieben die betriebliche Altersversorgung (bAV) zu stärken (Sozialpartnermodell). Aber auch hier mangele es an konkreten Ergebnissen. „Der Staat hat die Hebel, proaktiv zu handeln“, sagte Karch unter Hinweis auf steuerliche Restriktionen, die den Arbeitgebern das Leben mit der bAV unnötig erschweren würden. Der Staat dürfe sich hier nicht aus seiner Verantwortung zurückziehen. „Die politische Zinspolitik stört den Aufbau des Kapitalstocks für die bAV“, sagte Karch an die Adresse des Staatssekretärs.
Vorbehalte im BMF gegen Anrechnung auf Grundsicherung
Meister verwies darauf, dass die Bundesregierung mit dem Lebensversicherungs-Reformgesetz (LVRG) und der Umsetzung von Solvency II erhebliche Schritte unternommen habe, um die Altersvorsorge zu stabilisieren. „Wir brauchen einen vernünftigen Mix im Drei-Säulen-Modell, um die Risiken zu minimieren“, sagte Meister. Vorschlägen, etwa private Anstrengungen zur Altersvorsorge durch Freibeträge auf die Grundsicherung anzuerkennen, stand Meister reserviert gegenüber. Wer leistungsfähig sei, könne nicht zusätzlich die Solidargemeinschaft in Anspruch nehmen, so der Staatssekretär.
Die DAV mahnte in einem Journalisten-Workshop zur betrieblichen Altersversorgung die Bundesregierung, alles zu unterlassen, was Arbeitgeber veranlassen könnte, sich aus der bAV zurückzuziehen. Die Entscheidungsfreiheit der Arbeitgeber sei überaus wichtig. „Wegen der Freiwilligkeit sollte jede Änderungsmaßnahme so gestaltet werden, dass sie die Arbeitgeber nicht zusätzlich belastet“, erklärte die DAV.