Das Finanzministerium hat im Juli einige offene Fragen in der bAV klargestellt. Große Entgegenkommen gab es nicht, handwerkliche Korrektheit schon.
Im Herbst letzten Jahres hatten die aba als auch die BDA Gelegenheit, zu dem seinerzeitigen Entwurf des Schreibens Stellung zu nehmen. Doch hat sich das Ministerium hiervon nur partiell beeindruckt gezeigt. Im Einzelnen:
Das Schreiben behandelt (neben Übergangsregelungen) drei Themenkomplexe:
1. Berücksichtigung von künftigen Rentenanpassungen gemäß § 16 Absatz 1 Betriebsrentengesetz bei der Ermittlung der erdienten Versorgungsanwartschaften.
2. Ermittlung des erdienten Teils einer Pensionszusage nach § 6a EStG oder einer Zusage auf U-Kassenleistungen nach § 4d EStG bei der Übertragung auf einen Pensionsfonds gemäß § 4e EStG.
3. Maßgebende Rückstellung im Sinne von § 4e Absatz 3 Satz 3 EStG.
Ad 1.:
„Bisher war die Finanzverwaltung hier sehr restriktiv. Nur fest garantierte Anpassungen laufender Leistungen durften nach Paragraf 6a EStG in die Rückstellungsbildung einbezogen werden,“ erläutert Michael Ries, Geschäftsführer der Ries Corporate Solutions, gegenüber Leiter-bAV.de. Die arbeitsrechtlich bestehende Anpassungsprüfungspflicht nach Paragraf 16 BetrAVG, die gerade keine zwingende Anpassungspflicht statuiert, bleibt daher in der Rückstellungsbildung unberücksichtigt. „Umso erfreulicher ist es, dass nun auch ohne fest zugesagte Anpassung eine bis zu einprozentige Erhöhung bei der Ermittlung des Auslagerungsbetrages auf einen Pensionsfonds berücksichtigt werden darf,“ so Ries weiter. Mercers Chefaktuar Thomas Hagemann ergänzt: „Gut, dass die Finanzverwaltung dies – anders als noch im Entwurf vorgesehen – nun auch für Aktive zulässt.“
Ein Wermutstropfen bleibt: aba und BDA hatten die Absicht der Finanzverwaltung schon im seinerzeitigen Entwurf zwar begrüßt, unter anderem jedoch die Beschränkung auf 1 Prozent als nicht ausreichend bemängelt und auf die handelsbilanzielle Übung der DAX-Unternehmen verwiesen, hier in der Regel mit zwei Prozent zu rechnen. Dem ist das BMF nicht gefolgt.
Ad 2.:
„Dieser Streit ist so alt wie der Pensionsfonds“, sagt Hagemann. Runde dreizehn Jahre also. Der Aktuar ist wie so viele auf dem Parkett anderer Meinung als die Finanzverwaltung, derzufolge nur der bereits erdiente Teil übertragen werden kann. Hagemann verweist auf den Gesetzestext, der von einer „teilweisen oder vollständigen Übernahme einer bestehenden Versorgungsverpflichtung oder Versorgungsanwartschaft“ spricht. „Darunter verstehe ich die ganze Anwartschaft, nicht nur den erdienten Teil.“ Dass das BMF jedoch in absehbarer Zeit dieser Sicht folgen könnte, damit rechnet er nicht: „In der Praxis haben wir uns damit schon abgefunden.“
Des weiteren entfällt die im bisherigen BMF-Schreiben vorgesehene alternative Ermittlung des erdienten Teils aus dem Verhältnis des Teilwertes zum Barwert ersatzlos. Ries erläutert: „Vielmehr ist künftig nur noch die arbeitsrechtliche zeitratierliche Methode, also das m/n-tel-Verfahren mit Quotierungsprinzip maßgeblich. Das ist stringent und verständlich.“
Im Weiteren präzisiert das Schreiben, dass der erdiente Teil für alle Arten von Leistungsfällen nicht der quotierten erreichbaren Altersleistung entspricht, sondern jeweils nur der quotierte Teil der jeweils erreichbaren Versorgungsleistung. Somit entspricht die erdiente Leistung eben exakt dem arbeitsrechtlich erdienten Teil. Jedoch kann, so Ries „zur Vereinfachung auch ein in allen Leistungsfällen gleich hoher erdienter Teil übertragen werden, sofern dessen Barwert dem Barwert des arbeitsrechtlich erdienten Teils entspricht.“ Mit dieser Regelung werde ein vernünftiger Kompromiss zwischen der „reinen Lehre“ und den Praxisproblemen gefunden, denn nicht jeder Versorgungsträger sei in der Lage oder Willens, einen sich jährlich veränderbaren Versorgungsanspruch aufzunehmen, so der Consultant weiter.
Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Gesellschafter-Geschäftsführer-Zusagen stellt das BMF-Schreiben zudem klar, dass die sogenannte „Erdienbarkeitsfrist“ nicht nur bei der erstmaligen Erteilung einer Zusage, sondern auch bei deren Erhöhung zwingend zu beachten ist.
Ad 3.:
Das BMF-Schreiben erteilt Überlegungen, die zuletzt gebildete Bilanzrückstellung bis zum Auslagerungszeitpunkt „fortzuschreiben“, eine Absage. Es gilt die zuletzt gebildete Bilanzrückstellung als Bezugsgröße. Ries dazu: „Wenn ein Arbeitgeber – oder dessen Berater – eine unterjährige Auslagerung anstreben und der Auslagerungsbetrag die seit der letzten Bilanz angefallenen theoretischen Zuführungen zur Pensionsrückstellung berücksichtigen möchte, muss nun eine Zwischenbilanz erstellt werden. Das ist korrekt und entspricht auch den Bilanzierungsgrundsätzen.“ Wer diesen Aufwand vermeiden wolle, müsse diese Auflage hinnehmen, oder er muss den Auslagerungszeitpunkt möglichst auf einen Bilanzstichtag beziehungsweise den Tag danach legen.
Hagemann bedauert jedoch eine „doppelte Kürzung“, denn wenn vom Teilwert, der seinem Wesen nach schon nur einen Teil des vollen Barwerts abdeckt, noch einmal nur der erdiente Teil der Anwartschaft berücksichtigt wird, dann werde hier letztlich zweimal gekürzt, wo eine einfache Kürzung sachgerecht wäre. Hier bliebe im Zweifel nur noch der Rechtsweg.
Fazit zu dem BMF-Schreiben: Regelungslücken handwerklich korrekt geschlossen, große (positive) Überraschungen sind ausgeblieben, BMF gewohnt hartleibig.
Das Schreiben findet sich hier.
Die seinerzeitige Stellungnahme der BDA steht hier zum Download bereit.