Erneut hat das Bundesfinanzministerium mit einem Schreiben die bAV angefasst – nicht ganz freiwillig, sondern infolge eines BFH-Urteils. Zeit liess man sich in der Wilhelmstraße durchaus, bis man mit kurzem Schreiben und langem Titel die Frage der divergierenden Endalter bei Direktzusagen klarstellte.
Schon wieder ein BMF-Schreiben zu Steuern in der bAV: Am 2. Mai 2022 – also mit durchaus langem Atem – hat das BMF auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.11.2019 (XI R 42/18) reagiert.
Das seinerzeitige Urteil richtete sich gegen den in den Einkommensteuer-Richtlinien formulierten Grundsatz, der im Wesentlichen eine einheitliche Festlegung des Pensionsalters bei mehreren bestehenden arbeitgeber- und arbeitnehmerfinanzierten Direktzusagen vorsieht. Diese Vorgabe wird vom BMF in seinem kurzen Schreiben mit dem langen Titel „Steuerliche Gewinnermittlung; Maßgebendes Finanzierungsendalter bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a Einkommensteuergesetz (EStG) und von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums“ nunmehr aufgegeben, wie der Consultant Aon in einer Mitteilung erläutert.
Mit Wirkung auf den Gewinn

In der Folge würden sich für betroffene Arbeitgeber Gestaltungsspielräume eröffnen, die bis zum Bilanzstichtag, der auf den 29. Juni 2023 folgt, genutzt werden können, bewertet Christian Rasch die Entwicklung. So bestehe die Möglichkeit, die Pensionsalter bei mehreren bestehenden Pensionszusagen unabhängig voneinander festzulegen (frühestmögliche Inanspruchnahme der gesetzlichen Rentenversicherung oder vertragliches Pensionsalter der Zusage).
Je nach Ausgestaltung der Pensionszusagen könnten sich dadurch die steuerlichen Rückstellungen erhöhen oder vermindern, erläutert der Aon-Aktuar, was sich insb. auf den zu versteuernden Gewinn im Jahr der Änderung (aber auch auf spätere Jahre) auswirke. Nach Ende der Übergangsfrist ist der Arbeitgeber in aller Regel an die getroffenen Festlegungen gebunden.
Pensionsalter zählt
Auch der bislang geltende Grundsatz, dass das Bewertungsendalter der Pensionszusage auch bei einer etwaigen Jubiläumsverpflichtung anzusetzen ist, wird aufgegeben. In solchen Fallkonstellationen müsse künftig (ohne Übergangsfrist) bei der Bewertung der Jubiläumsverpflichtung das im Dienstvertrag festgelegte Pensionsalter, spätestens die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung, zugrunde gelegt werden.

Foto: BMF/Hendel.
Dies werde in vielen Fällen zu einem Anstieg der steuerlichen Jubiläumsrückstellung führen, wenn innerhalb des verlängerten Finanzierungszeitraums weitere Dienstjubiläen erreicht werden, prognostiziert Rasch. Hinsichtlich der konkreten Auswirkung auf die steuerliche Jubiläumsrückstellung sei allerdings auch eine etwaige Begrenzung auf die handelsbilanzielle Rückstellung zu beachten, wie sie häufig von Betriebsprüfern gefordert wird. Diesbezüglich könnte man nach Absprache mit dem Wirtschaftsprüfer auch in der Handelsbilanz (national und international) bei der Bewertung der Jubiläumsverpflichtungen auf das gleiche Endalter abstellen, erwartet der Consultant.
Das BMF-Schreiben findet sich hier.
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