Am 21. November hatte die italienische Ratspräsidentschaft ihren vierten Kompromissvorschlag zur Pensionsfondsrichtlinie vorgelegt. Doch bevor Leiter-bAV.de berichten konnte, kommen die Italiener schon mit einer überarbeiteten Version.
Vorab zur Genese der Richtlinie:
Im März hatte die seinerzeitige EU-Kommission ihren finalen Entwurf einer neuen Pensionsfondsrichtlinie publiziert, am 17. September die italienische Ratspräsidentschaft erstmals nachgelegt. Deren erster Kompromissvorschlag kam den Nöten und Sorgen des betrieblichen Pensionswesens bereits deutlich entgegen.
Der zweite Vorschlag der Italiener vom 23. Oktober sorgte für weitere Entspannung. Vor allen Dingen nahm der Entwurf weiter davon Abstand, EbAV in Erwägungsgrund 20 als Finanzdienstleister zu interpretieren, sondern sprach von „pension institutions with a social purpose that are active on financial markets.“
Woher der plötzliche Sinneswandel der Italiener – ein Land, dass nicht für einen starken bAV-Sektor bekannt ist – stammte, blieb unklar. In die engere Auswahl kamen qua Interessenlage (ohne dass die Redaktion dafür konkrete Anhaltspunkte hätte) eine mögliche französische Einflussnahme oder auch eine Intervention der EIOPA. Denkbar ist aber auch, dass die Kommission auf die Wiederaufnahme der ursprünglichen Sprachregelung gedrungen hat, möglicherweise um eine Diskussion zu vermeiden, ob das Projekt dieser Richtlinie bei Interpretation von EbAV als „Pensions Institutions“ nicht viel eher in der Generaldirektion Beschäftigung und Soziales aufgehoben sein könnte.
„Erstaunlicher Schlingerkurs“
Nun gestern also Entwurf Nr. 4, und zwar bereits in überarbeiteter Form. Dabei muss man langsam, aber sicher den Eindruck gewinnen, als orientiere sich die italienische Ratspräsidentschaft an der Tradition der Echternacher Springprozession – zwei Schritte vor, einer zurück. Denn nun hat man von der puristischen Definition von EbAV als Finanzdienstleister wieder Abstand genommen, und der schon legendäre Erwägungsgrund 20 lautet nun zunehmend verquer:
„Institutions for occupational retirement provision are pension institutions with a social purpose that provide financial services.“
Entsprechend bewertet Alf Gohdes gegenüber LbAV den Entwurf in seiner Genese: „Der überarbeitete vierte Vorschlag scheint zwar insgesamt wieder in die richtige Richtung zu weisen, nämlich in die Richtung einer prinzipienorientierten, ausgewogenen und proportionalen Richtlinie,“ so der Chefaktuar von Towers Watson, „doch deutet gerade die Entstehungsgeschichte auf einen erstaunlichen Schlingerkurs hin, der seit der Veröffentlichung des ersten von der Kommission erstellten Entwurfs im März vollzogen wurde.“
Dabei könnte laut Gohdes der letzte Halbsatz des Erwägungsgrundes 20 darauf hinweisen, dass man im Rat EbAV letztlich doch als Finanzdienstleister interpretiert. Diese Sichtweise könnte folgenschwer sein, denn, so Gohdes zu LbAV, „die richtige Definition ist sehr wichtig, selbst wenn die neue Pensionsfondsrichtlinie gar keine Eigenkapitalvorschriften enthält.“ Er verweist in diesem Zusammenhang auf die im Oktober offensichtlich mit großer technischer Gewissenhaftigkeit gestartete EIOPA-Konsultation zum HBS, zu der bis Mitte Januar Stellung genommen werden kann. Gohdes zufolge kann die Frage der Definition, als was eine EBAV identifiziert wird, hier durchaus relevant sein.
Anlageverordnung – ja oder nein?
Erwähnenswert noch die Ergänzung des Artikels 20 Nr. des neuen italienischen Entwurfs. Dort hieß und heißt es weiter:
„Member States shall not prevent institutions from:
(a) investing up to 70 % of the assets covering the technical provisions or of the whole portfolio for schemes in which the members bear the investment risks in shares, negotiable securities treated as shares and corporate bonds admitted to trading on regulated markets, or through multilateral trading facilities or organised trading facilities, and deciding on the relative weight of these securities in their investment portfolio.“
Allerdings gibt es nun einen Satz 2:
„However, provided that it is prudentially justified, Member States may apply a lower limit to institutions which provide retirement products with a long-term interest rate guarantee, bear the investment risk and themselves provide for the guarantee.“
Nicht nur, dass eine Aktienquote von 70 Prozent für deutsche EbAV nichts als graue Theorie ist, sondern die Erlaubnis einer solchen Quote widerspräche auch der deutschen Anlageverordnung, die sich gerade in Überarbeitung befindet. Der neu hinzugefügte zweite Satz löst diesen Konflikt auf. Damit nimmt der Entwurf einerseits auf quantitative deutsche Befindlichkeiten Rücksicht, könnte andererseits aber als Hindernis der Umsetzung des qualitativen Prinzips der „Prudent Person“, das eigentlich für Pensionseinrichtungen schon mit der ersten Pensionsfondsrichtlinie 2003 Wirklichkeit werden sollte, verstanden werden.