Regelmäßig Freitags bringt LEITERbAV eine kommentierte Presseschau zur bAV. Heute: 20 Billionen – haben oder nicht haben.
Westerwald-Kurier (19. Juli): „Rheinland-Pfalz löst Pensionsfonds auf.“
So, hier geht nun eine Luftbuchung in seine finale Phase, als Chronik eines angekündigten Todes (siehe hier, hier und hier).
Bleibt noch die Frage, wohin nun mit dem ganzen freiwerdenden Geld aus dem Fonds, das dem Land nun zur Verfügung steht? Ach so, ist ja gar keines – na denn …
Neue Zürcher Zeitung (18. Juli): „Grösster Staatsfonds der Welt kauft in Berlin ein.“
Im Gegensatz zu manch deutschem Länderpensionsfonds verfügt dieser Fonds hier über echtes Geld.
Dass die Norweger ihre Exportüberschüsse in ausländische Real Assets tauschen, ist klug und richtig. Exportüberschüsse einfach im eigenen Land zu investieren, führt schließlich nicht zu nationalem Wohlstand, sondern nur zu Crowding out und Asset Inflation (nun, bei dem industriepolitisch erstaunlich schlecht gegovernten Exportweltmeister Deutschland, der trotzt jahrzehntelanger Überschüsse seine Industrie sukzessive an ausländische Eigner verliert, eine Adaption der norwegischen Strategie anzuregen – das wären wohl nur die berühmten Perlen vor die Säue. Aber vielleicht ist es ja auch ganz gut so, wie es ist …).
Noch zu den Größenordnungen: Ein vergleichbarer deutscher Pensionsfonds, so es ihn denn gäbe, müsste – umgerechnet auf die hiesige Einwohnerzahl – rund 20 Billionen schwer sein. Zweifelsohne eine große Summe, andererseits aber nicht irreal angesichts dessen, dass dieses Land rund 250 Milliarden Euro Exportüberschüsse erzielt – Jahr um Jahr.
Aber wie gesagt, vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass von dem erwirtschafteten Wohlstand so wenig bei diesem Staat und seinen Menschen verbleibt. Man stelle sich vor, die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern hätten diesen Fonds zur Verfügung. Das könnte schnell zum veritablen Alptraum würden. Binnen kürzester Zeit könnten diese Mittel wohl im Nirwana ungezählter politisch „guter“, „wichtiger“ und „alternativloser“ Projekte verschwinden. Und der Fonds stattdessen gefundet wie viele der deutschen Länderpensionsfonds – mit den eigenen Staatsschulden. Da ist das Geld im Ausland ja irgendwie besser aufgehoben.
Bild.de (20. Juli): „Draghi schließt Zinswende aus. Ein schlechter Tag für Sparer.“
Also Kommando weiter so. Kassandra überrascht das nicht, geht sie doch seit Jahr und Tag davon aus, dass angesichts der Multiproblemlage Europas – Griechenland- und Staatsschuldenkrise, wirtschaftliche Stagnation und technologischer Rückfall in den EU-Südstaaten, militärische Konflikte und Failed States unmittelbarer vor der europäischen Peripherie (Libyen, Syrien, Ukraine), steigende Terrorgefahr und last but not least die äußerst kostspielige Flüchtlingsfrage – alles denkbar ist; außer, dass man Europa in dieser Gemengelage höhere Zinsen zumuten kann. Die EZB will die Zinsen nicht erhöhen, und sie könnte es auch gar nicht. Denn in dieser Lage den Entzug vom billigen Geld einzuleiten, würden Staatshaushalte, Finanzwirtschaft und Realwirtschaft in Europa schlicht nicht überleben.
Derweil bleiben die profanen Sorgen des Alltags an den Märkten so drängend, dass auch dies eine schnelle Zinswende sehr unwahrscheinlich macht. Hier widmet sich die FAZ dem Problem, dass außer der EZB offenbar kaum noch jemand italienische Sovereigns kaufen will.
Hält man sich dann noch die Problemlage italienischer Banken vor Augen, die unter Verletzung der extra für diese Problemfälle geschaffenen Regelungen mit Steuerzahlergeld gerettet werden müssen (wie von Kassandra vorausgesagt), wird schnell klar, dass die Zeit für alles mögliche reif scheint – außer für höhere Zinsen.
Shanghairanking.com (28. Juni): „ShanghaiRanking's Global Ranking of Academic Subjects 2017 – Mathematics.“
Die besten Mathe-Fakultäten der Welt. In der Spitzengruppe vor allem Amerikaner, Franzosen, Engländer. Die erste deutsche Uni ist Bonn auf Platz 32, dann folgt wieder sehr lange nichts. Enttäuschend. Die meisten Aktuare unter den Lesern dürften sich an Zeiten erinnern, in denen das noch anders war. Aber die sind lange her, und sie werden so schnell nicht wiederkommen.