Vergangenen Freitag in Frankfurt am Main: Herbsttagung des Fachkreises „betriebliche Altersversorgung und Lebensversicherungen“ der Vereinigung der Versicherungs-Betriebswirte VVB. Das Timing passte: Da die Arbeiten an dem Referentenentwurf kurz vor dem Abschluss stehen, konnte der Regierungsvertreter in seinem Vortrag mit Belastbarem dienen. Tagungsleiter Markus Klinger hat für LEITERbAV mitgeschrieben.
Nachdem auf der VBB-Frühjahrstagung im April in Köln noch die Gutachten der Ministerien zur bAV-Reform im Mittelpunkt gestanden hatten, gab Peter Görgen, Leiter des BMAS-Referats „Zusätzliche Altersvorsorge“ nun einen Einblick in die geplanten Regelungen der Reform. Im Einzelnen sieht der erste Entwurf Folgendes vor:
Ende Oktober öffentlich: der Zeitplan
Der Beamte konnte bestätigen, dass der lang erwartete Referentenentwurf zum Sozialpartnermodell demnächst in die sogenannte Vorkoordinierung durch das Kanzleramt gegeben werden soll. Anschließend wird dann – vermutlich Ende Oktober – die Verbändeanhörung eingeleitet werden. Der Kabinettbeschluss wird noch in diesem Jahr angestrebt.
Die parlamentarische Beratung könnte dann schließlich im März und April beginnen.
60 Seiten und Zielrente: der Entwurf
Der Gesetzentwurf, so Görgen weiter, wird circa 60 Seiten stark. Neben dem Betriebsrentengesetz werden durch das Artikelgesetz zahlreiche andere Gesetze geändert, unter anderem wird auch das VAG weitreichende Ergänzungen erfahren.
Arbeitsrechtlich wird die reine Beitragszusage eingeführt. Die damit verbundene Zielrente wird es in Reinform geben:
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Keine Garantien.
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Keine quantitativen Anlagevorschriften.
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Flankierung im VAG.
Die Beitragszusage als Zielrente kann in den externen Durchführungswegen Pensionskasse, Pensionsfonds und Direktversicherung durchgeführt werden. Die Tarifparteien können sich gemeinsamer Einrichtungen nach dem Tarifvertragsgesetz, aber auch bestehender Einrichtungen bedienen.
Was die Absicherung der Zielrenten betrifft, könnten die Tarifpartner einen Sicherungsbeitrag vereinbaren, der zum Beispiel als Schwankungsreserve bzw. als eine Art Risikobudget zur Nivellierung der Zielrente dienen kann. Dies kann als Kompensation für die Verlagerung des Kapitalanlagerisikos vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer durch die reine Beitragszusage verstanden werden.
Des weiteren sind umfangreiche Informationsvorschriften vorgesehen, um Vertrauen in die neuen Zielrentensysteme aufzubauen. Dass die Kommunikation bei der Etablierung der neuen Zusageform eine der zentralen Herausforderungen sein dürfte, war bereits Thema auf der aba-Mathetagung Anfang des Monats in Bonn gewesen.
Opting out, Grundsicherung
In den Tarifverträgen können sogenannte Optionsmodelle vereinbart werden. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz wird hierzu Leitplanken setzen, unter welchen Bedingungen dies möglich sein wird.
Erleichterungen wird es bei der Anrechnung von Zusatzrenten auf die Grundsicherung geben. Künftig wird es Freibeträge für Altersvorsorgeleistungen geben, die lebenslang geleistet werden und die freiwillig angespart wurden.
Dotierungsrahmen, Abfindung, Nachdotierung
Der Dotierungsrahmen des Paragrafen 3 Nr. 63 EStG wird auf 7 Prozent erweitert. Mit dem Wegfall des Aufstockungsbetrags von 1.800 Euro entfällt die Unterscheidung zwischen Alt- und Neuzusage. 40b-Beträge werden jedoch auf die neuen Dotierungsgrenzen angerechnet.
Im Paragrafen 3 Nr. 63 EStG werden neue Abfindungsregelungen bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis getroffen werden. Die Rede ist davon, zwei bis drei Prozent der BBG mit 5, 7 oder 10 Jahren zu vervielfältigen. In der Neuregelung wird allerdings auf die Anrechnung von bereits in den letzten Jahren verbrauchtem Dotierungsvolumens verzichtet werden.
Für beitragsfreie Zeiten, üblicherweise bei Auslandsentsendungen oder Elternzeit, kann innerhalb bestimmter Fristen der Dotierungsrahmen für diese Kalenderjahre nachgeholt werden. Hier werden Ansätze eines Lebenszeitmodells sichtbar.
Die Förderung: Übergangsregelung für Altzusagen
Die Einkommensgrenze für den Förderbetrag wird bei 2.000 Euro monatlichem Einkommen beginnen. Dabei erfolgt keine Differenzierung für Teilzeiteinkommen. Das Lohnsteuerverfahren sieht eine monatliche Sichtweise vor, was bei schwankenden Einkommen und insbesondere bei Weihnachts- und Urlaubsgeld zu entsprechenden Wirkungen führt. Ein Ausgleich über den Lohnsteuerjahresausgleich erfolgt verfahrensbedingt nicht (da über den Arbeitgeber). Der Förderbeitrag führt nicht zur Anrechnung bei den Förderbeträgen des Paragrafen 3 Nr. 63 oder den Riesterregelungen. Für Altzusagen wird es bei Aufstockung eine Fördermöglichkeit als Übergangsregelung geben.
Gewerkschaft: Erleichterungen bei Allgemeinverbindlichkeitserklärungen
Auf der Tagung sprach auch Michael Mostert. Der Gewerkschaftssekretär IG BCE äußerte sich zur Frage der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen. Hier fordert Mostert Erleichterungen bei dem Verfahren. Vor wenigen Jahren wurde dies im Fall der betrieblichen Altersversorgung bei gemeinsamen Einrichtungen zwar bereits erleichtert. Jedoch kritisierte Mostert, dass neben dem gemeinsamen Antrag beider Tarifpartner ein Einvernehmen im Tarifausschuss hergestellt werden muss. Der Tarifausschuss setzt sich aus drei Vertretern der BDA, drei Vertretern des DGB und einem Vertreter des BMAS zusammen. Mehrheitsbeschlüsse sind zwar möglich; es sei aber nicht zu erwarten, dass jemand gegen sein Lager stimme, so Mostert, doch dem Vernehmen nach lehne die BDA aus politischen Gründen die AVE von Tarifverträgen zur Altersversorgung grundsätzlich ab. Solange diese Haltung aufrechterhalten werde, komme keine AVE an der BDA und damit am Tarifausschuss vorbei.
Der Autor ist Leiter des Fachkreises „betriebliche Altersversorgung und Lebensversicherungen“ der Vereinigung der Versicherungs-Betriebswirte VVB.