Am 10. Dezember 2014 hatte sich der Europäische Rat auf den Entwurf zur neuen Pensionsfondsrichtlinie geeinigt. Die Arbeitgeber tendieren zur Zufriedenheit. Aber nicht grundsätzlich.
Nach der Vorlage des Entwurfs der seinerzeitigen EU-Kommission im März hatte die italienische Ratspräsidentschaft nach einem gewissen Schlingerkurs am 3. Dezember ihren vierten, überarbeiteten Kompromissvorschlag zur Pensionsfondsrichtlinie vorgelegt.
Auf diesen Entwurf Nr. 4.01 hat sich der Rat (genaugenommen der Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten AstV in dessen Vertretung) am 10. Dezember geeinigt. Der Entwurf stellt nun das Mandat in den Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament dar.
Acht relevante Punkte
Kurz nach der Einigung im Rat hat sich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BDA in einem Schreiben am 11. Dezember 2014 an ihre Mitglieder zu dem Entwurf geäußert. Acht Punkte hält man in Berlin für besonders erwähnenswert, Auszüge:
Zum Erwägungsgrund 2a:
„In dieser Ergänzung wird betont, dass diese Richtlinie lediglich die Setzung von Mindeststandards zum Ziel hat, die gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten ergänzt werden dürfen, soweit diese nicht im Widerspruch zur Richtlinie stehen. Diese Klarstellung in der Richtlinie ist zu begrüßen.“
Zum Erwägungsgrund 20:
„Dieser Erwägungsgrund wurde nochmals geändert. In der neuen Fassung werden EbAV als Finanzdienstleister mit einem sozialen Zweck bezeichnet. Diese Beschreibung ist im Vergleich zum Kommissionsvorschlag und der derzeit gültigen Richtlinie zutreffender.“
Zum Erwägungsgrund 51:
„Der Erwägungsgrund zur Aufgabe der Aufsicht ist auch nach den wenigen Ergänzungen mit der Beschränkung auf den Schutz der Berechtigten weiterhin zu eng gefasst. Ebenso müssten auch die Interessen der Arbeitgeber Erwähnung finden.“
Zum Artikel 12 und 13:
„Die Änderungen der Regelungen für grenzüberschreitende Aktivitäten betreffen überwiegend sprachliche Klarstellungen. Bedauerlicherweise wurde die noch in den Vorentwürfen enthaltene Klarstellung (vormals Artikel 12 Absatz 9 a) bis c) gestrichen, nach der Arbeitnehmer, die zeitweise ins Ausland entsendet werden, ohne weitere aufsichtsbehördliche Genehmigung Mitglied in der Einrichtungen ihres Heimatlandes bleiben dürfen. In den anstehenden Verhandlungen mit dem EP wird hier auf eine Wiederherstellung dieser Klarstellung zu drängen sein.“
Zum Artikel 20:
„Die Regelungen für die Kapitalanlage wurden in Artikel 20 Absatz 6 a) um die Ermächtigung der Mitgliedstaaten ergänzt, quantitative Anlagebeschränkungen zu erlassen. Mit dieser Ergänzung bleibt die europäische Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Anlageverordnungen für EbAV auf nationaler Ebene bestehen – so wie sie in der bisherigen Pensionsfondsrichtlinie enthalten ist.“
Zum Artikel 29:
„Bei den Regelungen zur rentenbezogenen Risikobewertung wurden insbesondere die Vorgaben für Informationen zur Wirksamkeit von bestimmten Maßnahmen gestrichen.“
Zum Artikel 49, 51 und 55:
„Klarstellungen wurden zudem bei den Informationsvorgaben vorgenommen. Zu begrüßen ist, dass potentielle Anwärter nur dann vorab Informationen übermittelt werden müssten, wenn diese individuelle Anlageentscheidungen im Altersvorsorgesystem zu treffen haben (Artikel 55).“
Zum Artikel 78:
„Die nunmehr vorgesehene Umsetzungsfrist der Mitgliedstaaten von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie ist in Anbetracht der Komplexität der Vorgaben zu knapp bemessen.“
Fazit der Arbeitgeber:
„Die allgemeine Ausrichtung ist insgesamt zu begrüßen. Sie stellt aus den genannten Gründen gegenüber dem Kommissionsvorschlag eine deutliche Verbesserung dar, auf die die BDA hingewirkt hat.“
„Mit Sorge“: Gemeinsame Stellungnahme mit dem DGB
Wenn die Spitzenverbände der Arbeitgeber und der Gewerkschaften sich genötigt sehen, gemeinsame Stellungnahmen abzugeben, ist das regelmäßig ein Signal an die Politik, dass man es ernst meint. So geschehen drei Tage vor dem oben erwähnten BDA-Rundschreiben: BDA und DGB äußern sich am 8. Dezember 2014 grundsätzlich zu europäischen EbAV-Regulierung und beziehen sich dabei auf auf den immer noch aktuellen Kommissionsentwurf zur EbAV-II-RL vom März 2014 sowie auf die Aktivitäten der EIOPA. Und im Gegensatz zum oben kommentierten Entwurf des Rates ist man bei den Arbeitgebern im Einvernehmen mit den Gewerkschaften mit Blick auf die grundsätzliche Entwicklung deutlich skeptischer. Auch hier Auszüge:
„DGB und BDA blicken mit Sorge auf diesen Richtlinienentwurf. […] Der Richtlinienvorschlag würde in Deutschland die bAV, die über Pensionskassen und Pensionsfonds durchgeführt wird, mit erheblicher zusätzlicher Bürokratie und Mehrkosten belasten und ihre Administration erschweren, ohne dass dadurch ein zusätzlicher Nutzen geschaffen wird. Hinzu kommt, dass der jetzige Richtlinienvorschlag zwar selbst keine Änderung der quantitativen Eigenmittelvorgaben auf EbAV vorsieht. Allerdings wird die Ausweitung der Solvency II-Eigenmittelvorgaben von der EU-Kommission – zusammen mit der EIOPA – weiter vorbereitet, wodurch die bAV nach wie vor mit milliardenschweren Zusatzbelastungen bedroht wird. Für die Versorgungsanwärter verbessert sich das Schutzniveau hingegen nicht.
Der Richtlinienentwurf bedarf grundlegender Korrekturen. Hierbei sollte vor allem der Grundsatz der bisherigen Richtlinie gelten, Mindeststandards für die Aufsichtsbehörden zu setzen, die von den Mitgliedstaaten dann entsprechend den unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten umgesetzt werden. Hingegen sollte die Kommission – anders als im Entwurf vorgesehen – keine Vollharmonisierung der aufsichtsrechtlichen Regelungen anstreben, da diese den unterschiedlichen Rahmenbedingungen der bAV in den Mitgliedstaaten nicht gerecht werden kann. Die geplanten qualitativen Vorgaben tragen der arbeitsrechtlich kollektiven Struktur der bAV nur unzureichend Rechnung. Gerade in kollektivrechtlichen Versorgungswerken werden die Interessen der Beschäftigten bereits in den Tarifverhandlungen berücksichtigt, ihnen kommt die Richtigkeitsgewähr zugute.“
[…]
Vor allem sollte die Kommission die Gelegenheit nutzen, endgültig und unmissverständlich von ihren Plänen Abstand zu nehmen, die Eigenmittelvorgaben für EbAV entsprechend den Grundsätzen von Solvency II zu ändern und damit deutlich zu verschärfen. Aus diesem Grund sollten auch die im Richtlinienentwurf enthaltenen Ermächtigungsnormen für die Kommission zur Konkretisierung der Vorgaben für die Risikobewertungen gestrichen werden. Nach der Entwurfsfassung der Richtlinie besteht die Gefahr, dass mit dieser Ermächtigung der Weg für die Eigenmittelanforderungen nach Solvency II geebnet wird. Zudem sollte EIOPA seine Arbeiten am sogenannten 'Holistic Balance Sheet' einstellen, weil diese offensichtlich die Anwendung der Eigenmittelvorgaben nach Solvency II auf EbAV vorbereiten sollen.“
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