Dass nicht alles Gold ist an der laufenden bAV-Reform, ist offenkundig. Doch gerade mit der lang diskutierten und oftmals geforderten Erhöhung des steuerfreien Förderrahmens hat sich die Politik möglicherweise keinen Gefallen getan. Kritik kommt auf.
Erst vergangen Woche hatte LEITERbAV beunkt, dass mit der kurz vor Schluss in den Gesetzentwurf aufgenommen Regelung zur Pflicht des 15%-igen Zuschusses des Arbeitgebers auch im Bestand der Entgeltumwandlung ab 2022 das Vertrauen in die Governance der bAV beschädigt werde. Nun werden analoge Defizite, welche die Reform auch an anderer Stelle aufweisen könnte, thematisiert.
So hat der Bund der Versicherten jüngst verlauten lassen, dass er vor allem mit Blick auf die Einführung einer reinen Beitragszusage ohne Garantien zwar „grundsätzlich die Auseinandersetzung mit der Zukunft der Altersvorsorge“ begrüße, doch gleichzeitig moniert, dass die Bundesregierung mit dem BRSG die Problematik der Doppelverbeitragung nochmals ausweite:
Bekanntlich wird mit dem BRSG die Steuerfreiheit des § 3.63 EStG auf acht Prozent der Beitragsbemessungsgrenze ausgeweitet. Gleichzeitig bleibt aber die Sozialabgabenfreiheit auf vier Prozent beschränkt. „Wer also Entgeltumwandlung bis zur steuerfreien Höchstgrenze nutzt, muss sich auf eine empfindliche Doppelbelastung seiner Betriebsrente durch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge einstellen, da im Alter dann der volle Beitragssatz fällig wird.“ Die Leistung schmälere sich dadurch im schlimmsten Fall um über 18 Prozent.
Axel Kleinlein, Sprecher des BdV-Vorstands, fand klare Worte: „Wer Betriebsrenten stärken möchte, muss Betriebsrentner von solchen widersinnigen Belastungen befreien.“ Es sei völlig unverständlich, dass diese Gerechtigkeitslücke mit dem jetzt verabschiedeten Gesetz sogar nochmals weiter geöffnet werde. „Zu glauben, dass man mit dem BRSG das Problem der Renten gelöst hätte, ist blauäugig. Der Gesetzgeber wird sich über dieses Gesetz hinaus weiter mit der Frage eines fairen und zukunftsfähigen Modells der Altersvorsorge beschäftigen müssen“, so Kleinlein weiter.
Andre Cera, Bereichsleiter, Altersversorgung, Vergütung & Controlling bei der Otto Group in Hamburg, kritisierte gegenüber LEITERbAV ebenfalls, dass mit der Regelung die Doppelverbeitragung systematisch ausgebaut werde – und das in klarem Widerspruch zu der Gesetzesbegründung. So hatte es im Regierungsentwurf dort geheißen:
Cera rät der Bundesregierung, so sie denn das Vertrauen in die bAV stärken will, wenigstens das Problem der echten doppelten Verbeitragung der 40b-Altfälle zu klären, da dort eine echte rückwirkende Doppelverbeitragung vorliegt. Allerdings bliebe als Lösung hier wohl nur die Rückkehr zu der Regelung vor 2004, so Aktuar Cera weiter.
Fazit von LEITERbAV: Es sei daran erinnert, dass eine Erhöhung des Förderrahmens des 3.63 zu Beginn der Reform alles andere als im Fokus der Politik stand. Auf der aba-Mathetagung am 6. Oktober 2016 in Bonn hatte Christine Harder-Buschner vom BMF nicht ohne Spott bemerkt: „Ja, klar, eine Ausweitung des 3.63 hat wirklich viel mit Geringverdienern zu tun. Verstehe ich. Ist leider argumentativ schwierig.“
Nun ist sie aber da, die (rein steuerliche) Ausweitung, und nun man kann sich zwar auf den Standpunkt stellen, dass für jede Zeit, in der Versicherungsschutz in der GKV besteht, bitte schön auch ungeschmälerte Beiträge bis zur BBG zu zahlen sind (und die bis dato zusätzlichen 1.800 Euro übrigens ebenfalls SV-pflichtig sind). Gleichwohl: Sieht man sich an, welchen nachhaltigen Unmut die Doppelverbeitragung seit 2004 induziert hat, tut jedenfalls jeder Arbeitgeber gut daran, den gesetzlich Krankenversicherten unter seinen Beschäftigten, die künftig über vier Prozent der BGG im 3.63 vorsorgen und unterhalb der BBG verdienen, die Problematik transparent zu erläutern. Und dies zu dokumentieren.