Bis dato völlig unstrittig rückstellungsfähig, sind Verpflichtungen für den Nachteilsausgleich im Rahmen von Altersteilzeit-Vereinbarungen eben dies künftig in der Steuerbilanz nicht mehr. Berlin folgt damit Vorgaben aus München, und der Handlungsbedarf für die Unternehmen dürfte schnell kommen.
Das BMF versagt Rückstellungen für den Nachteilsausgleich im Rahmen von ATZ-Vereinbarungen künftig die steuerliche Anerkennung. Darauf hat gestern die Heubeck AG unter Bezug auf das BMF-Schreiben vom 22. Oktober 2018 hingewiesen. Insofern hat sich das BMF der Auffassung des Bundesfinanzhofes (BFH) angeschlossen. Dieser hatte mit Urteil vom 27. September 2017 entschieden, dass Arbeitgeber hinsichtlich laufender ATZ-Arbeitsverträge in ihrer Steuerbilanz keine Rückstellungen für den Nachteilsausgleich gemäß § 5 Abs. 7 TV ATZ bilden dürfen.
Hintergrund: Bei einem sog. Nachteilsausgleich wird neben den laufenden Altersteilzeitleistungen am Ende der Altersteilzeit ein Einmalbetrag als Ausgleich für die infolge der Altersteilzeitvereinbarung geminderte Rente aus der gesetzlichen Rente gezahlt.
Die BMF-Entscheidung steht im Widerspruch zur bisherigen Ansicht der Finanzverwaltung aus dem BMF-Schreiben vom 28. März 2007. Danach (vgl. Rz. 15) war eine ratierliche Ansammlung der Rückstellung zum Ende der Beschäftigungsphase für die Verpflichtung zum Nachteilsausgleichs zulässig. Nun also die Kehrtwende des BMF.
Eine Ausnahme schließt die Rückstellung aus
Wie die Heubeck AG erläutert, wird mit dem neuen BMF-Schreiben die ratierliche Ansammlung der Rückstellung nach § 6 EStG zwar grundsätzlich weiterhin zugelassen, wobei das BMF aber eine entscheidende Ausnahme macht:
Für Verpflichtungen zum Nachteilsausgleich, die den Eintritt „eines bestimmten Ereignisses“ voraussetzen, selbst wenn dieses wahrscheinlich ist, dürfen keine Rückstellungen passiviert werden. Und als Beispiel für ein solches „bestimmtes Ereignis“ nennt die Finanzverwaltung die Minderung der Ansprüche aus der gesetzlichen Rente.
Ergebnis ist, das die Finanzverwaltung damit für die „klassischen“ Verpflichtungen zum Nachteilsausgleich, die für die infolge der ATZ-Vereinbarung geminderte Rente eingegangen werden, in der Steuerbilanz keine Rückstellungsbildung nach § 6 EStG mehr zulässt. Wird dagegen die Ausgleichsverpflichtung an kein „bestimmtes Ereignis“ angeknüpft, wird die Rückstellung steuerlich anerkannt. Was ganz genau unter einem „bestimmten Ereignis“ zu verstehen ist, lässt das BMF-Schreiben allerdings offen.
Die neuen Vorgaben sind erstmals bei ATZ-Verhältnissen anzuwenden, die nach dem Tag der bisher noch nicht erfolgten Veröffentlichung des Schreibens im Bundessteuerblatt beginnen. Die auf Basis des bisherigen Wortlauts des BMF-Schreibens vom 28. März 2007 passivierten Rückstellungen können planmäßig bis zur Auszahlung oder dem Wegfall des Nachteilsausgleichs weitergeführt werden.
Die Heubeck AG betont, dass das Thema für alle künftig abzuschließenden ATZ-Vereinbarungen, die eine etwaige Ausgleichszahlung am Ende der Beschäftigungszeit vorsehen, relevant ist. Konkret betroffen sind Vereinbarungen, die eine Leistung zum Ausgleich für die Kürzung der Renten aus der allgemeinen Rentenversicherung vorsehen.
Dem Kölner Consultant zufolge empfiehlt es sich, wenn die steuerliche Anerkennung der Rückstellung weiterhin gewährleistet sein soll, Zahlungen zum Nachteilsausgleich nur noch unabhängig von tatsächlichen Einbußen in der gesetzlichen Rente zu gewähren. Künftige ATZ-Vereinbarungen sollten diesbezüglich entsprechend den Vorgaben der Finanzverwaltung angepasst werden.
Bei Heubeck rechnet man mit einer zeitnahen Veröffentlichung des Schreibens im Bundessteuerblatt. Für diesen Fall ist also eine schnelle Reaktion geboten.
Heubeck Vorstand Friedemann Lucius, der die BFH-Entscheidung für ein Fehlurteil hält, bezeichnete gegenüber LEITERbAV mit Blick auf die Tatsache, dass handelsrechtlich und international die Rückstellung für den Nachteilsausgleich weiterhin gebildet werden muss und nur die steuerliche Anerkennung versagt wird, die Entscheidungen von BFH und BMF als „einen krassen Verstoß gegen das Prinzip der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz“.