Gleich zwei europäische Behörden wollen die Einrichtungen der bAV mit neuen Reportingpflichten beglücken. Die eine ist ein alter Bekannter. Die andere hätte besser gleich geschwiegen.
Jüngst hat es neue Bewegung in dem schon länger gärenden EZB-Vorstoß zu eigenen Reportingpflichten der europäischen EbAV der Zentralbank gegenüber gegeben – nämlich dergestalt, dass EZB-Chefstatistiker Aurel Schubert die Notwendigkeit der Pflichten bekräftigte, gleichzeitig aber Ausnahmen für kleine Einrichtungen ankündigt hat: Weniger als zwei Prozent aller Gesellschaften – etwa 1.500 bis 2.000 – sollen betroffen sein. LEITERbAV hatte da bereits geunkt, dass dies nichts heißen muss. Denn allein in Irland und Frankreich gibt es Zehntausende Mini-EbAV, teils mit nur einem Berechtigten. In den Niederlanden dagegen gibt es nur 320 EbAV, die meisten davon riesig. Die allermeisten EbAV-Vertreter in Deutschland sollten also damit rechnen, von der komplexen Problematik betroffen zu sein. Am 26. Juli hat die EZB hierzu eine Konsultation gestartet, die bis zum 29. September läuft. Am 21. September soll es eine öffentliche Anhörung per Telefonkonferenz geben.
Ausgerechnet die EZB
„Current gaps in the data available and the lack of comparability across countries make it difficult to gain a comprehensive understanding of the role of the sector in the transmission mechanism of monetary policy, of the cash flows and of the risks associated with pension obligations“, begründet die EZB die Notwendigkeit ihrer Maßnahme.
Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, ist es doch die EZB höchstselbst, die mit ihrer Politik der endlosen Geldflut – Quantitative Easing, Null Prozent Hauptrefinanzierungssatz und negative Einlagenfazilität, 1-Billionen-Bazooka, 500-Milliarden-schwere ANFA-Aufkäufe, Target-II-Salden – nicht nur den Markt für Sovereigns und Fixed Income völlig aus den Fugen gehoben, sondern praktisch alle Asset-Klassen in die völlige Unkalkulierbarkeit getrieben hat Es ist wohl nicht übertrieben, zu sagen, dass nichts und niemand EbAV wie auch Lebensversicherer in Euroland derart unter Druck gesetzt hat wie die Politik der EZB.
Wenn es hierzu überhaupt eines Beleges bedarf, bietet sich als Kronzeuge kein geringerer an als ausgerechnet die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA. Denn eben diese muss in ihren turnusgemäßen Financial Stability Reports regelmäßig die Gefahren des künstlich herbeigeführten Niedrigzinses als eines der größten Risiken für die Stabilität des Sektors anführen. Die europäische Bürokratie – sie hat wirklich ihre ganz eigene Dialektik.
Dass die EZB sich nun gleichwohl zum Chefbeobachter aufschwingen will, zeigt nur einmal mehr die Chuzpe, mit der supranationale europäische Behörden ihr Tagwerk verrichten. „The risks associated with pension obligations“ – das Problem gäbe es ohne die EZB gar nicht, zumindest nicht in dieser Schärfe. Die Redewendung vom Bock und Gärtner drängt sich geradezu auf.
Den Berichtsaufwand minimieren
Chuzpe – das Stichwort passt. Denn just am gleichen Tag hat die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA – stets ambitioniert und ein alter Bekannter in Sachen Bürokratie – in Koordination mit der Notenbank ebenfalls eine Konsultation gestartet, in deren Folge sie parallel neue Aufsichtspflichten aufsetzen will. Legen die Reportingpflichten der EZB den Fokus auf statistische Erhebungen, sollen bei der EIOPA aufsichtsrechtlich relevante Parameter im Fokus stehen. Die Konsultation läuft hier länger, nämlich bis zum 27. Oktober. Die Unterlagen zur Konsultation finden sich hier.
Exekutiert sehen gegenüber den EbAV will die EIOPA die quartalsweise und jährlichen fälligen Reportings durch die nationalen Aufsichten, in Deutschland also die BaFin. Ziel ist auch hier mehr Vergleichbarkeit durch Vereinheitlichung mittels eines „Single Framework“.
Schon heute erhebt die EIOPA regelmäßige und Adhoc-Reports für ihre zahlreichen Berichte: Financial Stability Report, Market Developments Report on Occupational Pensions, Consumer Trends Report, Pension Register, Pension Database und Ad-hoc Surveys.
Immerhin, Notenbank und Aufsicht haben sich abgestimmt, die Bürokratie im Rahmen zu halten. So schreibt die EZB:
„With a view to minimising the reporting burden on the pensions industry, EIOPA and the ECB have worked closely together in setting up their definitions and methodological framework.“
Man darf also gespannt sein.
Zum Schluss noch – wie stets, wenn es um die Autoimmun-Auswüchse der europäischen Behörden geht – kommt LEITERbAV nicht umhin, zu betonen, dass all dies nicht vom Himmel gefallen, sondern demokratisch legitimiertes Ergebnis nationaler Politiken – auch und besonders der bundesdeutschen – ist. Oder um mit der Tragödie zweiter Teil zu sprechen:
… von Kreaturen, die wir machten.“