Die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) hat ihre beiden Stakeholder-Groups neu besetzt. Manche der Berufungen überraschen – gelinde gesagt.
Die Behörde verfügt über zwei Interessengruppen: eine für die betriebliche Altersversorgung (Occupational Pensions Stakeholder Group OPSG) und eine für das Versicherungs- und Rückversicherungswesen (Insurance and Reinsurance Stakeholder Group IRSG). Und wie zuvor sind auch in der neuen OPSG drei Deutsche vertreten:
- Michaela Koller als Vertreterin der EbAV
- Joachim Schwind, Chef der Höchster Penka, ebenfalls als Vertreter der EbAV
- Thomas Keller als Vertreter der kleinen und mittleren Unternehmen.
Assekuranzlobby repräsentiert die bAV
Dass mit Koller ausgerechnet die Generaldirektorin der Insurance Europe, des europäischen Versicherer- und Rückversichererverbandes (und in Personalunion außerdem Secretary der Global Federation of Insurance Associations GFIA) in der bAV-Interessengruppe Platz nimmt, und das auch noch ausdrücklich als EbAV-Vertreterin, muss wirklich mehr als nur überraschen.
Ist für EIOPA eh alles eins?
Nicht minder bemerkenswert, welche Durchlässigkeit zwischen der OPSG und der IRSG nach Auffassung der Eiopa offenbar herrschen darf. Denn Koller ist Teil einer bemerkenswerten Rochade: War die Lobbyistin während der letzten zweieinhalb Jahre noch Mitglied in der IRSG, wechselt sie nun also nahtlos über in die OPSG. Umgekehrt räumt zwar Frank Ellenbürger von KPMG seinen Stuhl in der OPSG, nimmt dafür nun aber in der IRSG Platz.
Thomas Keller wiederum ist als Vertreter der kleinen und mittleren Unternehmen gleich in beiden Stakeholder Groups vertreten. Welches Unternehmen er vertritt, ist unklar. EIOPA wollte hier mit Rücksicht auf Datenschutz derzeit keine Auskunft erteilen.
Die Flämin Chris Verhaegen ist erneut in die
OPSG berufen worden, in die nun auch ihr Nachfolger als Generalsekretär der Pensions Europe, der Finne Matti Leppälä einzieht. In die IRSG berufen worden ist auch ein alter Bekannter der bAV, der flämische Professor Karel Van Hulle, bis Anfang des Jahres noch Chef des Referats H 5 „Versicherungen und Renten“ im EU-Kommissariat Barnier.
Kampfansage an die bAV
Fazit: Das Ausscheiden Bernhard Wiesners, Chef des Bosch Pensionsfonds und engagierter Vertreter der bAV als kollektive Sozialleistung der Industrie, aus der OPSG, wiegt schwer. Ob die Neunominierung von Wiesner ausgeblieben ist, weil er mit seinem leidenschaftlichen Einsatz für die Belange der industrieeigenen EbAV der Behörde zu unbequem geworden ist, kann nur vermutet werden, ist aber plausibel. Immerhin ist mit Joachim Schwind ein waschechter EbAV-Vertreter weiter in der OPSG vertreten. Die Rochade von Koller und Ellenbürger ist jedenfalls kein gutes Zeichen, verstärkt sie doch den Eindruck, dass EIOPA Versicherer und EbAV als eng verwandt zu betrachten scheint. Doch reicht die Botschaftweiter:
Die Berufung ausgerechnet der europäischen Versicherungs-Cheflobbyistin in die OPSG kann man durchaus als Kampfansage an die betriebliche Altersversorgung der deutschen und europäischen Industrie verstehen, nicht mehr und nicht weniger. Wenn es noch eines Zeichens seitens EIOPA bedurft hätte…
Dass drei von fünf der ausdrücklich in die OPSG zu berufenen Wissenschaftler Italiener sind, der vierte Spanier und der fünfte Slowake, ist da nur noch eine Fußnote am Rande.
Wie dem auch sei, die erste Sitzung der OPSG in der neuen Zusammensetzung ist für den 24. Oktober 2013 geplant. Die Liste der neuen OPSG-Mitglieder findet sich hier, die der IRSG hier.
Erstmalig waren die je 30 Köpfe starken Gruppen im März 2011 eingerichtet worden. Als deutsche Vertreter wurden damals Wiesner, Schwind und Ellenbürger in die OPSG berufen. Zuständig für die Berufung ist das Board of Supervisors der EIOPA – die BaFin ist dort stimmberechtigtes Mitglied. Die Amtszeit beträgt zweieinhalb Jahre. Mitglieder können einmalig wiederberufen werden.
Hintergrund
Rechtsgrundlage für die Interessengruppen ist Artikel 37 der Verordnung des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung der EIOPA. In dessen dritten Absatz heißt es über die OPSG:
„Die Interessengruppe bAV setzt sich aus 30 Mitgliedern zusammen, die in ausgewogenem Verhältnis in der Union tätige EbAV, Beschäftigtenvertreter, Vertreter der Begünstigten, Vertreter von KMU sowie Vertreter einschlägiger Berufsverbände vertreten. Mindestens fünf ihrer Mitglieder sind renommierte unabhängige Wissenschaftler. Zehn ihrer Mitglieder vertreten EbAV.“
Die Regelungen für und Anforderungen an die IRSG entsprechen denen der OPSG. Die beiden europäischen Aufsichtsbehörden für das Bankwesen EBA und das Wertpapierwesen ESMA verfügen mit der Banking Stakeholder Group respektive der Securities and Markets Stakeholder Group über analoge Interessengruppen.