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Steuern, Aufsicht, Bürokratie:

Position: Die BDA zur bAV

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hat am Donnerstag ein Positionspapier zur betrieblichen Altersversorgung vorgelegt. Leiter-bAV.de dokumentiert Auszüge.

 

Das Papier „Betriebliche Altersvorsorge – Mit verbesserten Rahmenbedingungen einen weiteren Ausbau erreichen„ umfasst 18 Seiten, startet mit einer kurzen Bestandsaufnahme und macht dann Vorschläge zur Stärkung der bAV in folgenden Bereichen:

 

1. Steuerliche und beitragsrechtliche Hemmnisse beseitigen

2. Besonderheiten der betrieblichen Altersvorsorge im Aufsichtsrecht berücksichtigen

3. Bürokratielasten abbauen

4. Weitere Vorschläge (wobei man dieses Kapitel auch „Sozialversicherungsrechtliche Verbesserungen“ hätte nennen können)

 

Im Folgenden Auszüge aus dem Papier:

 

 

Steuerlichen und beitragsrechtlichen Dotierungsrahmen für externe Durchführungswege erweitern:

 

Der steuerliche Dotierungsrahmen nach § 3 Nr. 63 EStG sollte erweitert werden. Die seit 2001 unveränderte Begrenzung auf 4 % der BBG der gesetzlichen Rente erschwert in vielen Fällen die Finanzierung der Versorgungszusagen und wird den zwischenzeitlichen Änderungen nicht mehr gerecht. Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase ist der Aufwand zur Sicherung des Versorgungsniveaus deutlich größer geworden. Nach Berechnungen hat die Zinsniveausenkung der letzten 10 Jahre zur Folge, dass sich der erforderliche Finanzierungsaufwand nahezu verdoppelt hat. Insofern müsste ein angemessener Rahmen für die steuer- und beitragsfreie Dotierung mindestens 8 % der Beitragsbemessungsgrenze betragen. Damit wäre noch nicht einmal berücksichtigt, dass seit 2001 eine weitere Senkung des gesetzlichen Rentenniveaus beschlossen wurde, die einen zusätzlichen Bedarf für ergänzende Vorsorge gebracht hat.“

 

 

Nachgelagerte Besteuerung auch bei Fortführung übertragener Betriebsrentenverpflichtungen (Future Service):

 

[…] kommt es noch nicht einmal zu zwischenzeitlichen Steuerausfällen, wenn die nachgelagerte Besteuerung fortgeführter Pensionszusagen zunächst auf Zusagen beschränkt wird, die vor dem jeweiligen Tag der Beschlussfassung des Gesetzes bestanden haben, weil diese ohne Übertragung gleichfalls nachgelagert besteuert werden.“

 

 

Belastungen durch Finanztransaktionssteuer verhindern:

 

Zu Recht hat das Europäische Parlament bereits in seiner Stellungnahme vom 23. Mai 2012 zu dem 'Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das gemeinsame Finanztransaktionssteuersystem' gefordert, dass bei Einführung einer FTT betriebliche Versorgungswerke von dieser Steuer ausgenommen werden müssten. Diese gehören schließlich nicht zu den hochspekulativ agierenden Investoren, die die Befürworter der FTT vorrangig im Blick haben. Im Gegenteil, sie gehören zu den Investoren, die aufgrund ihrer sich über Generationen erstreckenden Verpflichtungen langfristigen Anlagestrategien folgen und hohe Risiken meiden.“

 

 

Besteuerung von Streubesitzdividenden aufheben:

 

[…] führt die volle Besteuerung zu einer nicht zu rechtfertigenden Doppelbesteuerung, weil Erträge aus Streubesitzdividenden zunächst auf Unternehmensebene und dann noch einmal bei der Betriebsrentenauszahlung an den Arbeitnehmer besteuert werden.“

 

 

Steuerfreie Dotierung von Pensionskassen bei Nachschussverpflichtungen ermöglichen:

 

Für PK sollte es im Rahmen des § 19 Abs. 1 Nr. 3 EStG, wie beim Pensionsfonds auch, den Arbeitgebern ermöglicht werden, im Rahmen der Nachschusspflicht, Arbeitgeberbeiträge in der Rentenbezugsphase für die Berechtigten lohnsteuerfrei an die PK leisten zu dürfen.“

 

 

Betriebsrentenverpflichtungen in vollem Umfang steuerlich anerkennen:

 

Soweit der Gesetzgeber handelsrechtlich festlegt, dass die Leistungsfähigkeit eines Arbeitgebers durch Pensionsverpflichtungen gemindert ist, darf er nicht im Steuerrecht eine ungeminderte Leistungsfähigkeit unterstellen und die handelsrechtlich bestehenden Verpflichtungen bei der Ermittlung des steuerlich relevanten Gewinns unberücksichtigt lassen. Andernfalls würden Scheingewinne besteuert.“

 

 

EU-Pensionsfondsrichtlinie – unnötige Bürokratie vermeiden:

 

[…] sollte die Kommission […] jetzt auch endgültig von einer Verschärfung der Eigenmittelvorgaben Abstand nehmen […] Die bisherige Diskussion über die drastische Verschärfung der Eigenmittel hat bereits zu einer Verunsicherung der Unternehmen geführt und einige von der geplanten Verlagerung ihrer Versorgungszusagen auf EbAV Abstand nehmen lassen.“

 

 

Eigene Aufsichtsregeln für EbAV schaffen:

 

Das bisherige Aufsichtsrecht nach dem VAG und die Aufsichtspraxis der BaFin tragen den Besonderheiten von EbAV (Pensionskassen und -fonds) nicht hinreichend Rechnung […] Im Betriebsrenten- bzw. Arbeitsrecht hat sich über Jahrzehnte ein grundsätzlich sachgerechter, kollektivrechtlicher Rechts und Schutzrahmen bei EbAV herausgebildet. Dieser findet im geltenden Aufsichtsrecht (VAG) und der Aufsichtspraxis jedoch bislang kaum Berücksichtigung. Das bisherige Aufsichtsrecht ist stark auf einen Ausgleich zwischen unternehmerischen Interessen von Versicherern bzw. Finanzdienstleistern einerseits und individuellen Verbraucherinteressen andererseits ausgerichtet […] Übertragungen von Betriebsrentenanwartschaften und Betriebsrenten auf eine Pensionskasse oder einen -fonds, z.B. anlässlich von Fusionen, Übernahmen oder anderen Unternehmenstransaktionen, sind […] umständlich, kompliziert oder teilweise sogar überhaupt nicht möglich […] Auf europäischer Ebene ist diesen Unterschieden bereits Rechnung getragen worden, denn dort gibt es mit der Pensionsfondsrichtlinie für EbAV ein anderes Aufsichtsregime als für VU. [Daher] sollte innerhalb der BaFin eine eigene Interessengruppe für bAV eingerichtet werden.“

 

 

Rahmenbedingungen der bAV durch europäische Mindeststandards nicht verschlechtern:

 

Der von ihr [der EU-Kommission] mehrfach geänderte Richtlinienvorschlag sowie die diskutierten Entwürfe enthalten Regelungen zur Regelungen zur Kürzung der Unverfallbarkeitsfristen und zur Anpassung von Betriebsrentenanwartschaften ausgeschiedener Mitarbeiter. Diese würden die bAV als personalpolitisches Instrument entwerten, sie verteuern und damit ihre Verbreitung erschweren.“

 

 

Anpassung laufender Betriebsrenten erleichtern:

 

Die Option einer garantierten Anpassung von mindestens 1 % auch für Altzusagen (= Zusagen, die vor dem 1. Januar 1999 erteilt wurden) wäre ein erheblicher Beitrag an Entbürokratisierung […] Die inzwischen nicht mehr überschaubare Kasuistik dieser unübersichtlichen und hochkomplexen Materie beansprucht bereits in einem einschlägigen Kurzkommentar zur bAV mehr als 45 Seiten […] Des Weiteren ist in § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG klarzustellen, dass bei regulierten PK – wenn sie einen von der Aufsicht genehmigten Rechnungszins verwenden – die Anpassungsprüfungspflicht genauso wie bei deregulierten PK und Direktversicherung entfällt, wenn sämtliche Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden. Aufgrund jüngerer Rechtsprechung wurde diese sog. Escape-Klausel für regulierte PK in Frage gestellt […]. Es gibt aber keinen plausiblen Grund, in dieser Frage regulierte PK und ihre Trägerunternehmen gegenüber den anderen externen Durchführungswegen zu benachteiligen.“

 

 

Versorgungsausgleich vereinfachen:

 

Arbeitgebern muss – unabhängig vom jeweils gewählten Durchführungsweg – ermöglicht werden, den ausgleichsberechtigten Ehegatten ohne Betragsobergrenzen im Wege der sog. externen Realteilung abzufinden […] dass der Arbeitgeber keine betriebsfremde Person in sein Versorgungssystem aufnehmen muss und damit auch keine zusätzliche Betriebsrentenanwartschaft verwalten muss […] Zudem sollte auf den Ausgleich von noch verfallbaren Anwartschaften verzichtet werden.“

 

 

Abfindungen erleichtern:

 

Die 2005 mit dem Alterseinkünftegesetz reduzierten Abfindungsmöglichkeiten monatlicher Rentenbezüge von damals bis zu 4 % auf nur noch 1 % der monatlichen Bezugsgröße bürdet den Unternehmen die kostenintensive Verwaltung von Kleinstanwartschaften bzw. -renten auf. Deshalb muss es wieder möglich sein, laufende Betriebsrenten zumindest in Höhe von 2 % der monatlichen Bezugsgröße abzufinden. Darüber hinaus sollte eine Betriebsrentenanwartschaft bzw. -rente mit Zustimmung des Arbeitnehmers abgefunden werden können, wenn sie direkt in eine Alterssicherung eingebracht wird, die die Absicherung eines biometrischen Risikos vorsieht (z.B. in eine private Rentenversicherung). In diesem Fall besteht kein Bedürfnis nach einer Betragsbegrenzung, da der ursprüngliche Zweck – die ergänzende Vorsorge für den Ruhestand – gleichfalls erreicht wird.“

 

 

Regelungen zur Rente mit 67 für bAV vereinfachen:

 

Verfehlt ist insbesondere die Übertragung der Begünstigung von besonders langjährig Versicherten (Versicherte mit 45 Beitragsjahren) in der gesetzlichen Rente auf die bAV […] Diese Ausnahmeregelung führt für die Betriebe zu gravierenden Schwierigkeiten bei der Berechnung der Rückstellungen und bei den Auskunftsverpflichtungen, da mit angemessenem Aufwand nicht verlässlich prognostizierbar ist, wie viele und welche Betriebsrentenanwärter die Voraussetzungen der 45er Regelung erfüllen und wie viele tatsächlich von ihr Gebrauch machen werden.“

 

 

Eintritt von Kranken- und Pflegeversicherungspflicht durch Entgeltumwandlung verhindern:

 

Die gegen die Befreiungsmöglichkeit angeführte hohe Schutzbedürftigkeit des betroffenen Personenkreises überzeugt nicht. Die Entgeltumwandlung bedeutet schließlich keine verringerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, sondern nur, dass der Arbeitnehmer seinen Entgeltanspruch gegen eine Betriebs-rentenanwartschaft tauscht.“

 

 

Betriebsrentenobligatorium wäre kontraproduktiv:

 

Ein solches Obligatorium würde die Unternehmen mit einer weiteren 'Zwangsabgabe' belasten […]. Die gesetzlichen Personalzusatzkosten würden steigen.“

 

 

Kein staatlicher Zwang zu Opting-out-Modellen:

 

Ein staatliches Opting-out-Modell könnte kaum allen unterschiedlichen Formen bereits bestehender bAV einschließlich der existierenden tariflichen Modelle Rechnung tragen […] Die – schon heute beachtlichen – Haftungsrisiken der Arbeitgeber würden bei einer automatischen Entgeltumwandlung noch verschärft […] Zudem besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter ihr Widerspruchsrecht erst ausüben, wenn die ersten automatischen Gehaltsumwandlungen erfolgt sind. In diesem Fall droht ein Anwachsen von Kleinstrentenanwartschaften.“

 

 

Fazit von LEITERbAV:

 

Unter den Vorschlägen der BDA ist keiner, der irgendwie anmaßend, irreal, Dritte unstandesgemäß übervorteilend, marktverzerrend oder – bei entsprechender Ausgestaltung – fiskalisch kritisch wäre. Daher stelle man sich nur mal für einen Moment vor – und halte sich dabei beispielhaft die milliardenschweren Wahlversprechen der Union vergleichend vor Augen – welchen Effekt es für die Altersvorsorge im Allgemeinen und die betriebliche Altersversorgung im Speziellen hätte, würde eine fiktive Bundesregierung sich daran machen, diese Forderungen sämtlich umsetzen…

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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