Lebenserwartung in den letzten Jahren etwas langsamer gestiegen – erstmals sozioökonomische Faktoren berücksichtigt – Invalidisierung Älterer nimmt ab – nur moderater Anstieg der Pensionsrückstellungen und geringe Praxisprobleme erwartet.
Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland steigt weiter an, wenngleich das Tempo des Anstiegs kurzfristig nachgelassen hat. Die Effekte auf die Pensionsrückstellungen der Unternehmen fallen insgesamt geringer aus als bei der letzten Aktualisierung der Richttafeln aus dem Jahr 2005. Dies sind zentrale Ergebnisse der neuen Heubeck Richttafeln 2018 G. „Die Aktualisierung bringt die biometrischen Rechnungsgrundlagen für alle Unternehmen mit Pensionsverpflichtungen in Deutschland auf den neuesten Stand und berücksichtigt dabei erstmals auch sozioökonomische Auswirkungen auf die Lebenserwartung“ erklärte Richard Herrmann, Vorstand der Heubeck AG.
Nur noch knapp ein Monat pro Jahr Zuwachs
Die langfristige Entwicklung der Lebenserwartung wird anhand der auf Basis der Volkszählungen 1987 und 2011 (Zensus 2011) erstellten Sterbetafeln beurteilt, erläutert die Heubeck AG. Die statistischen Auswertungen für die Jahre nach der letzten Volkszählung (Mikrozensus) werden für die kurzfristige Veränderung der Lebenserwartung herangezogen.
Demnach steigt die Lebenserwartung in Deutschland aktuell nicht mehr so schnell wie in der Vergangenheit. Während diese im Alter 60 zwischen den Volkszählungen 1987 und 2011 für Männer im Durchschnitt jedes Jahr um knapp zwei Monate und für Frauen um gut zweieinhalb Monate zugenommen hat, ist der Zuwachs in den vergangenen vier Jahren für beide Geschlechter einheitlich auf durchschnittlich weniger als einen Monat pro Jahr geschrumpft.
Allerdings sei es noch zu früh, hieraus eine dauerhafte Abschwächung des Trends abzuleiten, so Herrmann. Daher habe man sich entschieden, den Trend nur vorübergehend abzusenken.
Ostdeutsche und Männer holen auf
Hinzu kommt, dass sich die fernere Lebenserwartung der Ost- gegenüber den Westdeutschen weiter annähert. War die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt für Männer aus den neuen Bundesländern kurz nach der Wiedervereinigung noch um drei Jahre kürzer als für Männer aus den alten Ländern, beträgt der Abstand heute nur noch etwas mehr als sieben Monate. Bei Frauen hat sich die fernere Lebenserwartung in Ost und West mittlerweile sogar nahezu vollständig angeglichen.
Auffallend ist auch, dass die Unterschiede in der Langlebigkeit zwischen den Geschlechtern tendenziell abnehmen: Noch 1987 überlebten Frauen im Alter von 60 die Männer um durchschnittlich 4,4 Jahre. Dieser Vorsprung ist bis zum Jahr 2011 auf 3,7 Jahre zurückgegangen.
Weniger alte Arbeitsunfähige, neuer Unisex
Weitere Änderungen betreffen die Wahrscheinlichkeiten der Invalidisierung. Hier zeigt sich seit mehr als zehn Jahren im Altersbereich ab 58 Jahren ein Rückgang. Da sich diese Beobachtungen als nachhaltig erwiesen haben, bildet die Heubeck AG dies in den neuen Richttafeln ebenso ab wie die Abnahme der Sterblichkeit der Invalidenrentner.
Erstmals enthalten die neuen Heubeck-Richttafeln neben den versicherungsmathematischen Grundwerten für Männer und Frauen auch solche für Unisex. Damit werde dem in der Praxis vorhandenen Bedarf nach geschlechtsunabhängigen Bewertungen Rechnung getragen, heißt es in Köln. Dies betreffe insbesondere Versorgungsausgleich und Portabilität.
Mehr Geld, längeres Leben
Höhere Renten müssen im Schnitt länger gezahlt werden als niedrige: Erstmals berücksichtigen die Heubeck Richttafeln RT 2018 G Forschungsergebnisse, wonach Arbeitnehmer mit einem höheren Alterseinkommen auch eine höhere Lebenserwartung haben. Dies geschieht durch einen pauschalen Abschlag auf die beobachteten Sterblichkeiten, erläutert Herrmann.
Ansonsten wurde das Modell der Richttafeln weitgehend unverändert beibehalten, so dass die Anwendung in der Praxis keine Probleme bereiten sollte.
BMF-Schreiben to come?
Die Richttafeln RT 2018 G sind so beschaffen, dass sie grundsätzlich für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen nach steuerlichen, handelsrechtlichen und internationalen Grundsätzen geeignet sind. „Wir rechnen damit, dass das Bundesfinanzministerium die neuen biometrischen Rechengrundlagen für die steuerliche Bewertung von Pensionsverpflichtungen anerkennen und hierzu noch vor der nächsten Bilanzsaison ein entsprechendes BMF-Schreiben veröffentlichen wird“, führt Herrmann weiter aus.
„…nicht so gravierend wie 2005“
„Der Effekt auf die Bewertung der Pensionsverpflichtungen hängt grundsätzlich von den spezifischen Mitarbeiterbeständen und -strukturen, sowie den jeweiligen Versorgungsregelungen der Unternehmen ab“, erklärt Aktuar Herrmann. „Insgesamt ist aber davon auszugehen, dass der Rückstellungsbedarf nicht so gravierend ausfallen wird wie bei der vorangegangenen Umstellung auf die Richttafeln RT 2005 G.“
In der Steuerbilanz erwarten die Kölner je nach Zusammensetzung des Bestandes eine Zuführung zur Pensionsrückstellung zwischen 0,8 und 1,5 Prozent. Nach handelsrechtlichen und internationalen Grundsätzen der Rechnungslegung dürfte der Einmaleffekt mit 1,5 bis 2,5 Prozent dagegen deutlich höher ausfallen, wobei er maßgeblich von Rechnungszins, Gehaltsdynamik und Fluktuation abhängt.
In der Steuerbilanz ist der Anpassungsaufwand über drei Jahre zu verteilen, während er in der Handelsbilanz sofort zu erfassen ist. Nach internationaler Rechnungslegung handelt es sich um einen annahmenbedingten versicherungsmathematischen Verlust, der nicht erfolgswirksam, sondern erfolgsneutral über das OCI im Eigenkapital erfasst wird.
Die von Heubeck entwickelten und immer wieder aktualisierten Richttafeln sind die allgemein anerkannten Rechnungsgrundlagen zur bilanziellen Bewertung von Pensionsverpflichtungen in Deutschland. Die neueste Ausgabe basiert, wie die Heubeck AG erläutert, auf aktuellen Statistiken der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung sowie des Statistischen Bundesamtes und spiegelt die jüngsten Entwicklungen bei Sterblichkeits-, Invalidisierungs-, Verheiratungs- und Fluktuationswahrscheinlichkeiten wider.