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Zwei Studien zur Digitalisierung in der bAV:

Halb Mensch, halb Maschine…

…und mehr Look and Feel bitte! Dass die bAV-Administration sich zunehmend digitalisiert, ist keine Neuigkeit. Doch sollte man sich gleichwohl nicht der Meinung hingeben, dass es hier keine Grenzen gebe. In anderen Lebensbereichen lässt sich gar eine gewisse Rückkehr des Physischen beobachten.

 

Mit der voranschreitenden Digitalisierung in sämtlichen Bereichen des Alltags gewinnt dieses Thema auch für die bAV weiter an Bedeutung. Aber: Die vollständige Automatisierung bleibt Utopie, persönliche Beratung weiter ein „Muss“. Darauf deuten zumindest eine Umfrage von Aon unter Angestellten sowie eine Studie von Willis Towers Watson betreffend die Arbeitgeberseite hin.

 

Wenig Sehnsucht nach der bAV-App

 

Insbesondere junge Arbeitnehmer legen in der bAV offenbar vor allem großen Wert auf persönliche Beratung, danach folgt als Präferenz die regelmäßige, schriftliche Information durch den Arbeitgeber. Digitale Kanäle wie Website und Smartphone-App werden erst an dritter Stelle genannt, so die Aon-Analyse, für die rund 1.000 Mitarbeiter aus Großunternehmen mit mehr als 10.000 Beschäftigten befragt wurden. Mit zunehmenden Alter und Einkommen stiegen zwar die Kenntnisse über individuelle Rentenbezüge, entsprechend nehme das Informationsbedürfnis ab. Was aber bleibe, sei der Wunsch nach einer persönlich zugeschnittenen Beratung durch den Arbeitgeber.

 

Auch die Ergebnisse der Erhebung „Administration der betrieblichen Altersversorgung 2018“ von Willis Towers Watson, die seit 2011 regelmäßig erstellt wird, kommt zu ähnlichen Erkenntnissen. Für die branchenübergreifende Studie wurden HR-Experten Unternehmen in Deutschland befragt, die insgesamt eine Million Mitarbeiter beschäftigen und 500.000 Leistungsempfänger vertreten. Das jüngste Studienergebnis zeigt hier einen eindeutigen Trend, den man als Plädoyer für eine Mischung aus Mensch und Maschine interpretieren könnte. 62 Prozent der befragten HR-Experten sprachen sich gegen eine automatisierte Betreuung der Mitarbeiter und Rentner aus.

 

Damit deutet die Studie von Willis Towers Watson auf einen Trend hin, der bereits in anderen Bereichen zu beobachten ist: Die Grenzen der automatisierten Beratungsleistung. So hat die Innovationsberatung Fjord für 2018 eine Renaissance des Physischen prognostiziert.

 

Belege dafür sind reale Shops von Online-Unternehmen wie Amazon oder auch das persönliche Beratungsangebot einstmals rein digitaler Robo-Advisor. Auch Willis Towers Watson konstatiert, dass die bAV-Beratung nicht durch eine Maschine ersetzt werden kann.

 

Skepsis beim Kosten-Nutzen-Verhältnis

 

Zwar halten 75 Prozent der von Willis Towers Watson befragten HR-Experten die Digitalisierung für wichtig, bezweifeln jedoch das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Im gesamten Unternehmenskontext hat die Digitalisierung der bAV bei knapp der Hälfte der Befragten daher eine untergeordnete Priorität.

 

Bisher investiert laut WTW jedes fünfte Unternehmen zwischen 10 und 30 Prozent seines bAV-Administrations-Budgets für die Digitalisierung. Weit vorangeschritten sind die Basisthemen der bAV-Administration wie das Daten- und Dokumentenmanagement oder die Abwicklung von Geschäftsvorfällen.

Quelle: WTW. Grafik zur Volldarstellung anklicken.

Beim Einsparpotenzial sind die Erwartungen offenbar gesunken. In der aktuellen Studie liegt der Mittelwert bei 20 Prozent. Im Vorjahr gingen die Befragten von Einsparmöglichkeiten von im Schnitt 30 Prozent aus. Trotzdem: 86 Prozent rechnen mit stärker automatisierten Plattformen. Allerdings: Die im Zusammenhang mit der Digitalisierung hoch gepriesene „Customer Journey“, die gerade im Online-Handel in aller Munde ist, scheint bisher an der bAV vorbeizuziehen. Lediglich 38 Prozent der Befragten rechnen damit, dass das Konsumentenerlebnis stärker berücksichtigt wird. Ein Fazit der Studie lautet aber auch: Beim Look and Feel bestehe Nachholbedarf – hier erreiche die bAV-Kommunikation noch nicht flächendeckend die Standards aus der Konsumentenkommunikation.

 

Warten auf die neue Großbaustelle

 

LEITERbAV kennt aus eigener Anschauung sogar Großkonzerne in Deutschland, die in ihren Versorgungswerken aus diversen Gründen ganz bewusst auch auf Papier setzen. Nicht zuletzt warten manche Unternehmen offenbar zunächst auch explizit ab, welche neuen Impulse und Anforderungen die beizeiten kommenden säulenübergreifende Renteninformation mit sich bringen wird.

 

Zuweilen ist auch das Gesetz vor. So scheint das berühmt-berüchtigte Schriftformerfordernis im Paragrafen 6a EStG derzeit noch keine konkreten Anstalten zu machen, im Orkus der legislativen Geschichte zu verschwinden.

 

Mehr Informationen zu der Aon-Studie findet sich hier, zu der von Willis Towers Watson hier.

 

Diskriminierungsfreie Sprache auf LEITERbAV

LEITERbAV bemüht sich um diskriminierungsfreie Sprache (bspw. durch den grundsätzlichen Verzicht auf Anreden wie „Herr“ und „Frau“ auch in Interviews). Dies muss jedoch im Einklang stehen mit der pragmatischen Anforderung der Lesbarkeit als auch der Tradition der althergerbachten Sprache. Gegenwärtig zu beobachtende, oft auf Satzzeichen („Mitarbeiter:innen“) oder Partizipkonstrukionen („Mitarbeitende“) basierende Hilfskonstruktionen, die sämtlich nicht ausgereift erscheinen und dann meist auch nur teilweise durchgehalten werden („Arbeitgeber“), finden entsprechend auf LEITERbAV nicht statt. Grundsätzlich gilt, dass sich durch LEITERbAV alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen sollen und der generische Maskulin aus pragmatischen Gründen genutzt wird, aber als geschlechterübergreifend verstanden werden soll. Auch hier folgt LEITERbAV also seiner übergeordneten Maxime „Form follows Function“, unter der LEITERbAV sein Layout, aber bspw. auch seine Interpunktion oder seinen Schreibstil (insb. „Stakkato“) pflegt. Denn „Form follows Function“ heißt auf Deutsch: "hässlich, aber funktioniert".

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