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Neues Sozialpartnermodell:

Ground Handling gets SPM

Erneut wird die reine Beitragszusage Realität – in einer Branche, mit der fast jeder regelmäßig zu tun hat, die aber selten im öffentlichen Fokus steht: Die Rede ist von den Frauen und Männern der Flugzeugabfertigung. Und zum ersten Mal dockt eine Branche an ein bestehendes Modell an. Ein Gespräch mit Thomas Richter und Christian Pauly.

Thomas Richter, ABL.

Thomas Richter, eingangs zum BVD, denn nicht jeder kennt das: Von welcher Branche und welchen Verbänden reden wir?

Richter: Es handelt sich um die Abfertigung der Flugzeuge am Boden, das sog. Ground Handling. Dies beinhaltet Services wie Be- und Entladung, Gepäck- bzw. Passagiertransport vom und zum Flugzeug, Enteisung, Cleaning und die Passagierabfertigung am Check-in oder Gate.

Es gibt zwei Verbände. VKA vertritt öffentliche Unternehmen (Flughäfen) und deren Tochtergesellschaften. ABL vertritt private Dienstleister.

Thomas Richter ist Steuerberater und Partner und GGF einer mittelständischen Steuerberatungsgesellschaft in Süddeutschland. Er ist seit mehr als 20 Jahren in der Steuerberatung für Unternehmen der Ground Handling Branche an deutschen Flughäfen tätig, außerdem Vorstandsvorsitzender des Arbeitgeberverbandes der Bodenabfertigungsdienstleister im Luftverkehr (ABL) e.V. und zeichnet als Verhandlungsführer für den Abschluss mehrerer Tarifverträge verantwortlich.

Um welche HR-Größenordnungen geht es damit genau bei dem neuen SPM? Es betrifft die öffentlichen wie die privaten Strukturen gleichermaßen?

Richter: Wir gehen von rund 13.000 Beschäftigten aus, die überwiegend aus dem Bereich der privaten Dienstleister stammen.


Das heißt, dass bei einer ZVK Versorgte zusätzlich eine SPM-Versorgung erhalten können?

Richter: Das ist nicht vorgesehen; Beschäftigte, die bis dato eine Versorgung über ZVK oder VBL haben, bleiben in dieser Versorgung. Beschäftigte in z.B. Tochtergesellschaften der Flughäfen können entweder in eine ZVK-Versorgung gehen oder das SPM wählen.

Wie ist denn das Personal Ihrer Branche derzeit versorgt?

Richter: Im Bereich der privaten Dienstleister – abgesehen von Stuttgart – gibt es keine bzw. nahezu keine Versorgung. In der Regel besitzen Beschäftigte der Flughäfen eine Versorgung. In Tochtergesellschaften der Flughäfen gibt es teilweise Versorgungen, aber eben auch Unversorgte.

Welche Ziele verfolgen Sie nun mit dem neuen Modell? Spielt das Thema Haftungsbefreiung eine Rolle für die Arbeitgeber?

Richter: Ziel ist der Aufbau der bAV als Mitarbeiterbindungselement mit gleichzeitigem Aufbau einer weiteren Säule der Altersversorgung. Aufgrund der Haftungsbefreiung war das SPM aus Sicht des ABL das einzig mögliche vorstellbare Modell.

Wie haben die Unternehmen auf die Entscheidung reagiert?

Richter: Mit breiter Akzeptanz.

Christian Pauly, auf welcher rechtlichen Basis schließt sich die Branche nun dem Sozialpartner bei der Uniper an?

Pauly: Der Wunsch der beteiligten Sozialpartner ABL, VKA und ver.di war, keine eigenen Strukturen für ein Sozialpartnermodell zu entwickeln, sondern ein möglichst einfaches Andocken an die bereits bestehenden Strukturen des „Uniper-Modells“ im Metzler Sozialpartner Pensionsfonds, dem MSPF. Nach dem Metzler-Ansatz werden sämtliche inhaltsgleichen Tarifverträge zur reinen Beitragszusage unterhalb des bestehenden und seit 2022 genehmigten Pensionsplan Metzler rBZ1 gebündelt. Das bedeutet, dass die Sozialpartner mithilfe eines sehr einfach gehaltenen Andock-TV zur rBZ, dem TV bAV BVD beitreten können, und zwar mit ihrer eigenen Beitragslogik. Lediglich Sicherungs- und Kostenbeitrag sind identisch zum Uniper-Modell. Diese Einfachheit überzeugte die Sozialpartner der Bodenverkehrsdienste.

Christian Pauly, Betriebswirt und CIIA, ist seit 12 Jahren bei dem Frankfurter Bankhaus Metzler tätig, v.a. im Asset Management und im Pension Management, seit knapp 1,5 Jahren als Generalbevollmächtigter der Metzler Sozialpartner Pensionsfonds AG.

Thomas Richter: Sie müssen sich nun auch an Durchführung und Steuerung des SPM beteiligen.

Richter: Ja, der Verband ABL wird im Sozialpartnerbeirat vertreten sein.

Pauly: Wir freuen uns ebenfalls auf die Zusammenarbeit im erweiterten Sozialpartnerbeirat.

Spielt das Thema Allgemeinverbindlichkeit eine Rolle?

Richter: Ziel des bundesweiten Tarifvertrages war es, die Arbeitsbedingungen in der Branche zu vereinheitlichen und dadurch Konkurrenzierung durch schlechtere Arbeitsbedingungen zu unterbinden. Dieses Ziel lässt sich zu 100% nur durch die AVE erreichen, da anderenfalls verbandsunabhängige Unternehmen die vereinbarten Tarifregelungen unterlaufen könnten.

Hat das nun erfolgte aus der Ampel und das damit möglicherweise einhergehende Scheitern des BRSG II irgendwelche Konsequenzen für Ihre SPM-Strategie?

Christian Pauly, Metzler.

Pauly: Nein. Ein Andocken an das bestehende „Uniper-Modell“ ist bereits heute sehr einfach möglich. Voraussetzung ist aber in allen Fällen ein Tarifvertrag, der in unserem Metzler-Ansatz sich auf das Wesentliche konzentriert. Mit dem ersten Sozialpartnermodell 2022 war das zentrale Ziel von Uniper, ver.di, IGBCE und Metzler Sozialpartner Pensionsfonds, ein großes, branchenübergreifendes Versorgungskollektiv und -vermögen zu schaffen. Das kann nur gelingen, wenn der Zutritt möglichst einfach ist und die jeweiligen Sozialpartner eine eigene Beitragslogik ausverhandeln können. Mit den angedachten Regelungen des BRSG II wird das Andocken weiter erleichtert und die Verbreitung beschleunigt.

Wie entwickelt sich das Modell bei der Uniper derzeit?

Pauly: Im Uniper-Konzern hat sich das SPM sehr positiv entwickelt. Mittlerweile haben sich über 2.400 Arbeitnehmer über alle Altersgruppen für die reine Beitragszusage entschieden. Dabei hatten alle aktiven Mitarbeiter zweimal die Möglichkeit, in die reine Beitragszusage zu wechseln, und von den Neueinstellungen entscheiden sich mittlerweile über 90% für diesen Zukunftsweg.

Laufen auch die Kapitalanlagen gut?

Pauly: Ja. Wir profitieren von einer globalen, effizienten und nachhaltig ausgerichteten Asset-Allokation. Ziel ist, damit in diesen geopolitisch unruhigen Zeiten die nötige Stabilität und Ruhe ins Portfolio zu bringen. Damit haben wir beste Voraussetzungen, eine langfristige Jahresrendite im Zielkorridor von 3,5% bis 7,5% zu erwirtschaften. Mit einer Netto-Netto-Rendite von über 7,7% im Jahr 2023 sind wir schon einmal gut gestartet.

Wie ist hier nun der weitere Zeitplan?

Um die, die hier arbeiten, geht es. Foto: Baz

Pauly: Die Bodenverkehrsdienste werden zum 1. Februar 2025 an den Metzler Sozialpartner Pensionsfonds andocken. Die dazu notwendigen Gespräche zum Aufsatz der jeweiligen Payroll und Nutzung der neuen rBZ Administrationsplattform „pension360“ sind im vollen Gange.

Haben Sie weitere Kandidaten, mit denen Sie in Gesprächen stehen?

Pauly: Ja. Es gibt zahlreiche Sozialpartner, die die Idee des Metzler-Ansatzes als Vorteil für ihr eigenes Unternehmen oder für ihre Branche sehen. Daher bin ich für 2025 sehr optimistisch, mit oder ohne BSRG II.

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